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Mitte April wurde dem Ministerium für Bildung und Kultur aufgrund öffentlicher Berichterstattung bekannt, dass ein inzwischen verstorbener Priester über viele Jahre Minderjährige missbraucht und seine Taten auf hunderten Fotos festgehalten hat. Der Priester war auch von 1979 bis 1999 vom Bistum Trier als Religionslehrer einer Schule in Saarlouis zugewiesen.

Bisher ergaben die Recherchen in den vorhandenen Akten des Ministeriums für Bildung und Kultur keine Hinweise, die auch auf Übergriffe des Priesters an saarländischen Schulen schließen lassen. Trotzdem lassen sich Taten im schulischen Umfeld nicht ausschließen. Um betroffenen ehemaligen Schülerinnen und Schülern eine Anlaufstelle zu geben, hat Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot nun eine Ombudsstelle eingerichtet, an die sich Betroffene mit Hinweisen wenden können. Vom Bistum Trier erwartet Bildungsministerin Streichert-Clivot konkrete Hinweise, die zur Aufklärung beitragen.

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Dazu Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot: „Wir vermuten im Lichte der aktuellen Berichterstattung und aus dem Zwischenbericht der ‚Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier‘ im August 2022 und der sogenannten ‘MHG-Studie‘ 2018, dass es auch eine Betroffenheit von Schulen gibt. Wir haben also kein Erkenntnisdefizit, dass sexualisierte Gewalt durch Kirchenpersonal der katholischen Kirche auch im Umfeld Schule stattfand, sondern wir haben ein Handlungsdefizit bei der Aufarbeitung dieser Taten. Es ist daher wirklich an der Zeit, eine direkte Schnittstelle von Schulaufsichtsbehörden und den kirchlichen Institutionen zu schaffen. Wir brauchen verbindliche Vereinbarungen zur Aufklärung und der Prävention. Die Opfer haben ein Recht auf Aufarbeitung und sollten Teil des Prozesses sein, der das bisherige Aufarbeitungssystem verändert! Ich erwarte von der katholischen Kirche hier deutlich mehr als das, was sie bisher zur Aufklärung beigetragen hat.“

Das Ministerium für Bildung und Kultur verfolgt bei Meldungen zu sexualisierter Gewalt seit Jahren eine Null-Toleranz-Politik. Bei allen Meldungen von Verdachtsfällen kommt ein standardisiertes Verfahren zum Tragen. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Ministerium für Bildung und Kultur von Anhaltspunkten weiß und so unter staatlicher Hoheit Verdachtsfällen nachgehen kann. Bei verbeamteten und beschäftigten Lehrkräften, bei denen das Land Arbeitsgeber und Dienstherr ist, gibt es institutionalisierte Vorkehrungen, Abläufe und damit ein strenges Regime, was die Zusammenarbeit mit anderen staatliche Stellen, z.B. den Ermittlungsbehörden wie der Staatsanwaltschaft, anbelangt.

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Ermittlungen

Schulleitungen müssen alle Verdachtsmeldungen, gleich welchen Ursprungs (etwa Schüler, Erziehungsberechtigte, Kollegen, Polizei, Staatsanwaltschaft) und gleich welcher Qualität (mit/ohne offensichtliche strafrechtliche Relevanz) oder Modalität (verbal, verbal-medial, visuell, visuell-medial, körperlich), der für sie im Ministerium zuständigen Aufsicht melden.

Transparenz

Die Schulaufsicht leitet sofort eine Sachverhaltsklärung ein. Beteiligt sind ein Jurist/eine Juristin des für das Dienstrecht zuständigen Referats sowie eine Person aus der Leitungsebene des Justiziariats, das auch für Disziplinarverfahren zuständig ist. Möglichst noch am Tag der Meldung des Verdachts erfolgt die Anhörung der durch den Vorwurf belasteten Person im Ministerium; bis zur Anhörung gelten ein Unterrichtsverbot und ein Betretungsverbot für den Bereich der Schule. Es erfolgt eine Kontaktaufnahme mit den Erziehungsberechtigten.

Wenn eine sexualstrafrechtliche Relevanz offensichtlich gegeben ist, aber auch wenn eine solche in dieser frühen Phase der Ermittlungen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, wird im Anschluss an die Anhörung ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte („Suspendierung“) und ein Hausverbot verfügt und die sofortige Vollziehung dieser Entscheidungen angeordnet (Beamte) bzw. wird die Lehrkraft von der Arbeitsleistung freigestellt und ein Hausverbot angeordnet sowie die außerordentliche Verdachtskündigung vorbereitet und – u. a. nach der erforderlichen Beteiligung der Personalvertretung – umgesetzt (Tarifbeschäftigte). Bei Beamten wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Umgang mit den Fällen

Handelt es sich bei der den Verdacht meldenden Stelle um die Polizei oder die Staatsanwaltschaft, werden diese Stellen umgehend über die getroffenen Maßnahmen unterrichtet und ihnen wird jegliche Kooperation zugesichert. Ihnen wird fallbezogen ein ständiger Ansprechpartner im Ministerium benannt. Darüber hinaus besteht zwischen dem Ministerium und der Staatsanwaltschaft ganz allgemein die Abrede, dass die Leitung des Justiziariats des Ministeriums der Staatsanwaltschaft immer und uneingeschränkt als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Bei Meldungen anderen Ursprungs erstattet das Ministerium Strafanzeige; dies auch in Fällen, bei denen dem Ministerium eine verlässliche strafrechtliche Bewertung nicht möglich ist.

Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot: „Wir haben in unserem Haus bereits ganz klare Strukturen und Prozesse, wie wir mit Fällen von sexualisierter Gewalt disziplinarisch, aber auch strafrechtlich umgehen. Schule muss ein Ort sein, der für Kinder und Jugendliche sicher ist! Vorfälle, wie diese, die nicht transparent aufgearbeitet werden, sorgen dafür, dass Vertrauen verspielt wird. Die bisherige ungenügende Aufklärungsarbeit der katholischen Kirche zeigt, wie schwer es ist, ein erst einmal verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.“

Problematisch bei der Aufarbeitung der Fälle für das Land ist, dass das Bistum das System Schule in der sogenannten MHG-Studie zwar erfasst hat, aber nicht die erforderliche Informationsübermittlung folgen lässt. So hat das MBK vom Bistum oder der Aufarbeitungskommission seit Bekanntwerden der jüngsten Fälle bisher weder verwertbare Unterstützung noch Hinweise bekommen, die es ermöglichen, diese zu prüfen und im Sinne der Opfer Konsequenzen umzusetzen.

Das Ministerium für Bildung und Kultur hat in den vergangenen zwei Wochen nach Hinweisen in den Personalakten des Mannes gesucht, die auch auf Vorfälle an saarländischen Schulen schließen lassen. Obwohl bisher dort keine Hinweise gefunden wurden, lassen sich Taten im schulischen Umfeld dennoch nicht ausschließen. Um betroffenen ehemaligen Schülern eine Anlaufstelle zu geben, hat das MBK daher eine vom Bistum Trier unabhängige eigene Ombudsstelle eingerichtet, an die sich Betroffene mit Hinweisen wenden können.

Die Ombudsstelle wird im Ministerium für Bildung und Kultur angesiedelt und aus einem Team mit den unterschiedlichsten Professionen bestehen. Neben Mitarbeitern der Schulaufsicht arbeiten hier auch Mitarbeiter des Justiziariats, der Zentralabteilungen und der Bereiche Prävention (Gesunde Schule). Die Arbeit der Ombudsstelle bezieht sich nicht nur auf die jüngst bekannten Missbrauchsfälle im Falle Dillinger, sondern schließt auch aktuelle und zukünftige Fälle mit ein. Die Präventionsarbeit wird also ein wichtiger Aspekt dieser Stelle werden.

„Wir haben als Landesregierung heute eigene Schutzkonzepte in und für die Schulen, um es Täterinnen und Tätern so schwer wie möglich zu machen, ihre Taten zu begehen. Diesen Schutz wollen wir weiter ausbauen. Wir brauchen an Schulen aber nicht nur Strukturen, sondern eine grundsätzliche Stimmung, in der das Schweigen über Taten aufgebrochen werden kann. Dies gilt gerade in den Fällen, in denen das Ministerium – so wie hier – nicht unmittelbar Dienstherr ist und umfassend disziplinarrechtlich handeln kann. Kinder und Jugendliche müssen es so einfach wie möglich haben, sich bei Übergriffen Gehör und Recht zu verschaffen“, sagt Streichert-Clivot.

Die Ombudsstelle im Ministerium für Bildung und Kultur hat ihre Arbeit ab sofort aufgenommen. Von sexualisierter Gewalt betroffene (ehemalige) Schülerinnen und Schüler erreichen die Ombudsstelle unter der E-Mailadresse ombudsstelle@bildung.saarland.de   und Tel.(0681) 501-7304.

Quelle: Ministerium für Bildung und Kultur

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