Die Journalistin Christiane Habermalz stellte ihr Buch "Anleitung zum gärtnerischen Ungehorsam" in der Beeder Fischerhütte vor. - Foto: Bill Titze
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Wenn schon das Wetter nicht wirklich sommerlich daherkam, so startete der Homburger Lesesommer 2021 zumindest mit einem zur Jahreszeit passenden Thema. Denn im Mittelpunkt standen blühende Wildblumen, von denen es laut Christiane Habermalz zu wenige gibt. Wie man das ändern kann und wieso das eigentlich wichtig ist, hat sie in einem Buch beschrieben, das sie in der Beeder Fischerhütte vorstellte.

Guerilla, Bomben und Entrechtung – nein, es ging bei der Auftaktveranstaltung des diesjährigen Homburger Lesesommers nicht um Kriegsliteratur. Einmal ganz davon abgesehen, dass Schlachtbeschreibungen und Lazarettbesuche so gar nicht zum friedvollen Ambiente an der Beeder Fischerhütte gepasst hätten. Auch das Motto des Abends, „Books for future“, wollte nicht so ganz zu diesen Vokabeln passen.

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Und doch hat das Buch „Anstiftung zum gärtnerischen Ungehorsam“ etwas mit einem Kampf zu tun. Jedoch spielen dabei weniger Camouflage und Handgranaten eine Rolle, sondern vielmehr Spitzhacken und Samenbomben. Denn Habermalz hat sich vor ein paar Jahren die Mission auferlegt, Berlin mit Wildpflanzen zu verschönern. Zumindest in den Augen von Insekten, für die jenes Unkraut eine wichtige Nahrungsquelle ist.

„Aufgerüttelt hat mich eine Studie über das massive Insektensterben“, erzählt die Journalistin, die sich im Hauptberuf beim Deutschlandfunk um Kultur und Bildung kümmert. „Da habe ich angefangen zu recherchieren und dabei herausgefunden, dass wir Menschen selbst einen Großteil der Verantwortung tragen.“ Zunächst habe sie in ihrem 6 Quadratmeter großen Garten in Berlin-Prenzlauer Berg damit begonnen, Wildblumen anzusiedeln. „Doch das reichte mir irgendwann nicht mehr.“

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So begann das, was sie selbst im ersten Kapitel ihres Buches beschreibt, das sie den rund ein Dutzend Zuhörern vorlas. Dort huscht sie als dunkel gekleidete Gestalt frühmorgens durch die Straßen und pflanzt Wildblumen. Ob nun auf einer Brache, hinter einem Zaun oder direkt am Wegesrand – Habermalz ist da nicht wählerisch, wie man aus ihrem Vortrag entnehmen kann. Anders übrigens als die meisten Bürger, die laut Habermalz in ihren Gärten kaum noch Blumen pflanzen, die für Insekten nützlich sind.

„Oft werden nutzlose Zierpflanzen wie Thuja-Hecken oder Gartenhortensien gesetzt, die weder Pollen noch Nektar produzieren“, ärgert sich Habermalz. Doch nicht nur Privatleute fallen ihr diesbezüglich auf; auch die städtischen Grünämter fielen in dieser „Disziplin“ auf. Und es kommt noch schlimmer. „Nicht selten werden Blühwiesen, die ich angelegt habe, wieder abgemäht.“

Das Buch ist eine Mischung zwischen Ratgeber, Roman und politischer Schrift. – Foto: Bill Titze

Der Kampf für Wildpflanzen ist also wahrlich kein Spaziergang. So ärgerlich das in ökologischer Hinsicht sein mag, für das Buch ist diese gärtnerische Berg- und Talfahrt Gold wert. Denn besonders unterhaltsam wird „Anstiftung zum gärtnerischen Ungehorsam“ dann, wenn Habermalz genau diese Rückschläge beschreibt. So vergleicht sie auch mal das „Sozialverhalten“ der „Gemeinen Wegwarte“ mit dem der Berliner Busfahrer.

Nicht umsonst möchte Habermalz ihr Buch nicht nur als Ratgeber verstanden wissen. „Es hat hat auch romanhafte Züge, die die Leute zum Lachen bringen sollen“, betont sie im HOMBURG1-Gespräch. So unterhaltsam die Journalistin das Thema aufzugreifen versucht, am Ende geht es doch um eine ernste Problematik. „Mein Ziel ist es, dass die Menschen durch das Buch ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie wenig Pflanzen es für Insekten gibt und welche Bedeutung dieses Unkraut für die Natur hat.“ Mit Krieg ist dem mit Sicherheit nicht beizukommen – aber wieso eigentlich nicht mit Samenbomben und Guerilla-Gärtnern?

 

 

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