Foto: Helmut Dörr
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Gut gelaunt rollten am Mitte Mai Kinder und Erwachsene auf Fahrrädern, Laufrädern oder Rollern durch mehrere saarländische Städte. Als Teil der weltweiten Bewegung der „Kidical Mass“ machten im Saarland über 500 kleine und große Teilnehmer auf die gefährlichen Verkehrsbedingungen aus der Sicht von Kindern aufmerksam. Insgesamt fanden in Deutschland an diesem Wochenende rund 40.000 Demonstrierende in über 200 Orten den Weg auf die Straße. Im Saarland organisierten ADFC, VCD, BUND, Parents und Fridays for Future die Veranstaltungen.



In Ensdorf startend machten sich gut 80 Radfahrende auf den Weg nach Saarlouis-Lisdorf. Dieser Ort wurde nicht zufällig für eine Zwischenkundgebung gewählt: Täglich müssen viele Schulkinder ohne bauliche Hilfe über die stark befahrene Ensdorfer Straße gelangen. Engagierte Eltern der Grundschule Lisdorf legten für die Demo einen symbolischen Zebrastreifen aus. Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis forderten sie Landrat Patrick Lauer auf, für den Schutz der Kinder aktiv zu werden. Die bisherige Weigerung des Kreises Saarlouis hier eine sichere Querung für Fußgänger- und Fahrradfahrer*innen zu schaffen, sei nicht hinnehmbar, so Marcel Scherf vom ADFC-Kreisverband Saarlouis.

Nach dem Zwischenstopp ging es zum kleinen Markt in Saarlouis, wo sich insgesamt fast 300 Teilnehmende für die Demonstration durch Saarlouis einfanden. Besonders freute sich der ADFC über eine Zubringertour aus Hülzweiler.

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In Homburg fand die „Kidical Mass“ zum ersten Mal statt. Bei bestem Wetter hatten sich etwa 40 Radelnde – vom Vierjährigen mit Stützrädern bis zur Oma auf dem E-Bike – eingefunden, um die Verkehrswende einzufordern. Viele Eltern freuten sich über die Aktion, weil sie für ihre Kinder einen geschützten sicheren Verkehrsraum wünschen. „Die Kinder sollen selbstständig und eigenverantwortlich Radfahren und ihre Schule oder ihre Freunde erreichen können“, so Matthias Scharberger, Vater von Josephine und Friedemann. Die Kinder hatten großen Spaß, da sie erstmalig die komplette Straßenbreite befahren durften.

Auch in Saarbrücken genossen über 250 Radler auf Fahrrädern, Rollern, Laufrädern und sogar Einrädern das ungestörte und von Autos unbedrohte Fahren durch die Stadt. Hier war die Demonstration nicht nur eindrucksvoll sichtbar, sondern auch über weite Strecken zu hören: Die „Hot Wheels Brass Band“ ließ sich auf Lastenrädern kutschieren und sorgte für gute Stimmung. Bei einem Zwischenstopp am Gustav-Regler-Platz am Rathaus brachten Kinder ihre Forderungen nach sicheren (Schul-)Radwegen deutlich zum Ausdruck. 

Auch die Schlusskundgebung auf dem Landwehrplatz fand guten Zuspruch. Mit Aktionen wie der Gestaltung von Buttons, Jonglage mit Tellern, Diabolos und Bällen, ersten Versuchen auf dem Einrad oder dem Malen mit Straßenkreide ließen die Teilnehmenden den Nachmittag fröhlich ausklingen.

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Foto: Andreas Cremer

Neben all der guten Stimmung stehen die dringenden verkehrspolitischen Forderungen des Aktionsbündnisses: Die Straße sei den Kindern als Lebensraum zurückzugeben. Dazu sei es nach Ansicht des Bündnisses notwendig, das Straßenverkehrsrecht kinderfreundlich umzugestalten. Vor allem die Schutzbedürftigkeit von Kindern müsse in den Mittelpunkt gestellt werden. Ziel müsse die „Vision Zero“ sein, dass also keine Verkehrstoten mehr im Straßenverkehr zu beklagen sind. Außerdem müsse die selbstständige Mobilität der Kinder ermöglicht werden.

Städte und Gemeinden sollten die Freiheit erhalten, kinder- und fahrradfreundliche Maßnahmen nicht nur an einzelnen Gefahrenstellen umzusetzen, sondern auf allen ihren Straßen.

Das umfasse zum Beispiel

• die Anlage von geschützten oder baulich getrennten, breiten Radwegen an Hauptverkehrsstraßen sowie geschützte Kreuzungen nach niederländischem Vorbild,
• Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen innerorts,
• Schulstraßen und Zonen ohne Autoverkehr,
• Fahrradstraßen und Fahrrad-Zonen mit verringertem ruhendem und fließendem Autoverkehr als flächendeckendes Netz und Grundlage für ein sicheres Schulwegenetz,
• Straßen ohne Durchgangsverkehr in Wohngebieten.
Die Landesregierung müsse insbesondere den Ausbau von Schulradwegenetzen und die Einrichtung von „Schulstraßen“ vorantreiben und fördern. Auf der kommunalen Ebene sei es dringend nötig, den bereits vorhandenen Handlungsspielraum voll auszuschöpfen. Das Aktionsbündnis fordert (Ober-)Bürgermeister, Gemeinde- und Stadträte sowie Landräte auf, ihren Handlungsspielraum zu nutzen und zeitnah fahrradfreundliche Gestaltungen umzusetzen. Kleinere Maßnahmen seien dabei schnell und ohne großen Aufwand umsetzbar. Dazu zählen etwa
• die Umwidmung von Kfz-Spuren zu geschützten Radfahrstreifen an mehrspurigen Straßen,
• die Anordnung temporärer Durchfahrtverbote für Autos vor Schulen und Kitas („Schulstraßen“),
• die Einrichtung temporärer Spielstraßen sowie die Schaffung von Begegnungszonen,
• ein energisches Vorgehen gegen illegales Parken auf Geh- und Radwegen,
• die Abschaffung von legalem Parken auf diesen Wegen bzw. die Umwandlung zugunsten des Fuß- und Radverkehrs sowie zu begrünten Spiel- und Begegnungszonen.

Das Aktionsbündnis wird diese Ziele weiter verfolgen. Weitere „Kidical Mass“-Demos werden im Herbst stattfinden. „Aber auch bis dahin werden wir gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen konkrete Maßnahmen einfordern und die Umsetzung durch die politisch Verantwortlichen kritisch beobachten“, so Herbert Loskill, Koordinator der Veranstaltungen.

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