Das Team der Homburger Stadtbibliothek. Bild: Bill Titze
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Seit fast 100 Jahren schon ist die Homburger Stadtbibliothek im Alten Rathaus am historischen Marktplatz angesiedelt. Rund 3000 Menschen jährlich nutzen den vielfältigen Service, der hier geboten wird. Hier können nicht nur Bücher ausgeliehen, sondern auch eine Menge anderer Angebote in Anspruch genommen werden. Mitunter ist das Nutzungsverhalten dabei durchaus überraschend, wie HOMBURG1 bei einem Besuch erfuhr.

Es ist eine Zahl, die kaum vorstellbar erscheint: Sage und schreibe 50.000 Medieneinheiten befinden sich im Angebot der Homburger Stadtbibliothek. Natürlich befinden sich keine 50.000 Bücher in den Räumlichkeiten am Marktplatz. Ansonsten wären wohl das komplette Rathaus voll gestellt. Nein, die Zahl bezieht sich auch auf E-Books, Zeitschriften oder Hörbücher. Schließlich hat eine Bibliothek heutzutage viel mehr zu bieten als „nur“ das klassische Buch. So findet man vor Ort beispielsweise auch Gesellschaftsspiele und DVDs.

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Viel zu entdecken also am Arbeitsplatz von Andrea Sailer, der Leiterin der Stadtbibliothek. Wobei das nicht so ganz stimmt, denn Sailers Arbeit spielt sich weniger im Ausleihbereich statt, sondern eine Etage darüber, wo die Verwaltung der Einrichtung untergebracht ist. Wenn die 42-Jährige erzählt, was in einer Bibliothek an Arbeit anfällt, kam man kaum glauben, dass lediglich fünf Mitarbeiter hier fest angestellt sind. „Wir schaffen die Medien an, arbeiten sie ein, verwalten die bereits vorhandenen und bieten Leserberatung an.“ Dazu kommen noch zahlreiche Projekte, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Dabei sind besonders die Kinder ein Herzensanliegen von Sailer.

Bibliotheksleiterin Andrea Sailer räumt ein Buch ein: “Das ist nur der geringste Teil der Arbeit.” Bild: Bill Titze

„Vor einigen Jahren haben wir uns zum Ziel gesetzt, dass jedes Kind in Homburg bei uns lesen lernt“, verrät die Bibliothekarin. Allein schon von der Struktur her hat die Stadtbibliothek beste Voraussetzungen, denn ihre fünf Zweigstellen sind jeweils an den Grundschulen der Stadt beheimatet. So werden die Kleinen schon sehr früh an das Thema Lesen herangeführt. Unter anderem durch einen sogenannten Leseführerschein, bei dem die Kinder zum Beispiel lernen, wie man ein Buch ausleiht. „Wenn man vom Kleinkindalter an daran gewöhnt ist, dass Bücher zum Bestandteil des Lebens gehören, dann nimmt man sie auch später selbst in die Hand“, erklärt Sailer den Hintergedanken, der dem Projekt zugrunde liegt.

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Vor diesem Hintergrund überrascht es auch nicht wirklich, dass in der Stadtbibliothek selbst die Kinder- und Jugendliteratur verhältnismäßig viel Raum einnimmt. Zwei Räume befassen sich nur mit diesem Genre, im Gegensatz zum Erwachsenenbereich steht hier auch eine Lesecouch zur Verfügung, auf der man nach Herzenslust schmökern kann. Ob das nun Bilderbücher sind, oder doch bereits Werke, die Sachthemen aufgreifen. Vor allem bei den Jungs ist so etwas beliebt, wie Sailer mit einem Lachen berichtet. „Das Thema LKW ist da beispielsweise sehr beliebt. Für Mädchen ist dagegen meist alles interessant, was mit Prinzessinnen oder Einhörnern zu tun hat.“

Im Kinder- und Jugendbereich lädt eine Lesecouch zum Schmökern ein. Bild: Bill Titze

Nun lehnt man sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster mit dem Gedanken, dass Fabelwesen bei den etwas Älteren eher keine Rolle spielen. Aber auch bei denen steht eher das Kreative im Vordergrund. So werden in erster Linie Romane ausgeliehen, Sachbücher haben in Zeiten des Internets doch deutlich an Beliebtheit verloren. Auf den ersten Blick überraschend ist dabei vielleicht, dass es, laut Sailer, vor allem die ältere Generation ist, die auf E-Books setzt. Die Erklärung leuchtet jedoch ein. „Da kann man die Schriftgröße ändern und das ist für viele Menschen im Alter beim Lesen angenehmer.“ Ein weiterer Vorteil: Dicke Schinken müssen nicht mehr mitgeschleppt werden. „Wir hatten früher Leute, die haben 30 Bücher mit in den Urlaub genommen. Da ist so ein E-Reader natürlich genial.“

Doch wie wird eigentlich ausgewählt, was die Menschen in Homburg zu lesen bekommen? Schließlich sind Platz und Budget der Bibliothek begrenzt. Das Schlüsselwort ist dabei Teamarbeit. Jeder mache Vorschläge, auch von den Lehrern der Grundschulen kämen Anregungen. E-Books werden ohnehin in einem größeren Verbund mit anderen Einrichtungen erworben. Trotz allem ist es aber natürlich eine der großen Aufgaben der Leiterin, sich für dieses oder jenes Medium zu entscheiden. Dabei zieht sie natürlich auch Bestsellerlisten oder Tipps von Verlagen zu Rate. Am Ende ist Sailer jedoch spürbar vor allem eines wichtig. „Es wäre schlecht, wenn ich meine persönlichen Interessen da reinbringen würde. Denn ich habe hier nicht das Recht zu sagen, was ein gutes Buch ist.“ Wie so vieles im Leben ist es also eine Abwägungssache. Pro Jahr werden so rund 3000 neue Medien angeschafft.

Auch PC-Arbeitsplätze stehen vor Ort zur Verfügung. Bild: Bill Titze

Selbst wenn davon nicht wenige E-Medien sind, bedeutet das auch, dass Bücher früher oder später weichen müssen. Was genau weg kommt, wird jedoch nicht nur anhand von inhaltlichen Maßstäben entschieden. Klar, Werke, die einen Zeitbezug haben und einige Jahre später nicht mehr unbedingt von Interesse sind, werden irgendwann aussortiert. Wichtig sind jedoch auch ästhetische Aspekte, wie die Bibliotheksleiterin erklärt. „Ein Roman hat durchschnittlich 350 Entleihungen. Die sind irgendwann einfach zerlesen und man möchte sie nicht mehr unbedingt in die Hand nehmen.“ Man vermeide es jedoch, Bücher einfach wegzuschmeißen. Stattdessen würden sie oft auch für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung gestellt.

Bei Andrea Sailer im Regal landen sie vermutlich eher nicht. Denn die kennt ihre „Pappenheimer“ schon, im wahrsten Sinne des Wortes. „Wenn man den ganzen Tag Literatursichtungen gemacht hat, dann hat man abends keine Lust mehr, das Buch zu lesen, weil man im Prinzip ja fast den Ausgang kennt. Das ist einer der Nachteile in meinem Beruf“, räumt sie mit einem Lachen ein. Vielleicht wäre da ja ein anderes Angebot der Bibliothek eine Alternative: DVDs. Laut der Bibliotheksleiterin sind die nämlich trotz Netflix und Co. sehr beliebt.

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