Janina Riebes, Justin Utzig, Selina Gebhardt und Julia Kümmel (v.l.n.r.) haben bereits einige Corona-Semester hinter sich. Bild: Bill Titze
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Eigentlich besteht das Studentenleben ja aus viel Austausch mit Gleichaltrigen, gemeinsamen Mensabesuchen oder WG-Partys – und natürlich auch aus dem Büffeln für Prüfungen. Gerade das stand in den letzten beiden Jahren zum Leidwesen vieler Studenten im Vordergrund. Das ging auch den Medizin-Studenten in Homburg nicht anders. Wie Studieren in Corona-Zeiten ablief, welche Probleme die Einschränkungen mit sich brachten und welche sozialen Folgen das Ganze hatte, darüber hat sich HOMBURG1 mit vier Studenten unterhalten.

„In dem einen Monat, in dem wir Präsenz hatten, da waren wir in fünf Vorlesungen am Tag. Einfach weil wir es konnten“, sagt Selina Gebhardt. Vielleicht sind es diese Worte, die am besten zusammenfassen, wie schwierig die langen Monate von Home-Office und Lockdown waren. Studierende, die ihren Tag freiwillig im Hörsaal verbringen, wären 2019 wohl noch schräg angeschaut worden. Doch als es im Oktober des vergangenen Jahres endlich eine Rückkehr in den Präsenzunterricht gab, da war die Freude offenbar groß, wie sich aus Gebhardts Worten entnehmen lässt. „Das war ein Punkt, wo man gemerkt hat, dass man wirklich studiert und nicht nur vor sich hin lernt.“

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Zum Wesen der Corona-Pandemie gehört aber eben auch, dass solche Momente der Hoffnung meist nach kurzer Zeit wieder in sich zusammenfallen. So war es auch für die Studierenden in Homburg: Bereits wenige Wochen später folgte wieder die Rückkehr ins Home-Office. „Letztlich sitzt man da allein vor der Mattscheibe und muss schauen, dass man das alles hinbekommt“, erklärt Justin Utzig, der bisher fünf Semester in Homburg absolviert hat. Man könnte auch sagen, hinter sich gebracht hat. Denn ein Vergnügen war das offenbar nicht. „Die Zeit im Home-Office ist einfach trist, weil es einfach jeden Tag das Gleiche ist.“ Als Ausrede zählt das im harten Prüfungsalltag aber natürlich nicht. Und so musste genauso gepaukt werden, wie in „normalen“ Zeiten. Aber das eben ohne den direkten Kontakt zu den Kommilitonen.

Wer einmal studiert hat, der weiß: Gerade zu Beginn ist dieser äußerst wichtig, schließlich ist das Unileben mit der Zeit an der Schule kaum zu vergleichen. Man tritt schlicht und ergreifend in eine neue Welt ein. Das ist auch im Medizin-Studium nicht anders. „Diese Findungsphase, die man normalerweise am Anfang des Studiums hat, wird verzerrt, wenn man nur vor dem Bildschirm sitzt und sich ganz allein fühlt“, erklärt Utzig. „Da kann man schon verzweifeln.“ Eine, die diese Situation mitgemacht hat, ist Julia Kümmel. Sie hat während der Pandemie mit ihrem Studium angefangen. „Da war es schon schwierig sich zu motivieren, wenn man gar nicht weiß, wie man das alles macht.“ Ins Studium zu finden sei vor diesem Hintergrund einigen schwer gefallen. „Es war sehr schwierig, Kontakte zu knüpfen.“ Erst im dritten Semester im Anatomiekurs, der in Präsens stattfand, habe man zum ersten Mal wirklich Leute kennenlernen können, so Kümmel. „Das war der Moment, in dem ich das Gefühl hatte, ich studiere jetzt wirklich.“

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Aber nicht nur für die Neulinge war die Zeit anstrengend. Auch für die „alten Hasen“ waren die Corona-Jahre eine bleierne Zeit. Sowohl Selina Gebhardt als auch Janina Riebes studieren mittlerweile im vierten Jahr Medizin in Homburg. Beide empfanden die letzten beiden Jahre als schwierig. „Es ist einfach nicht das Gleiche auf Whatsapp zu schreiben, als wenn man sich sehen und direkt vor Ort austauschen kann“, so Riebes. Der mangelnde Kontakt zu den Freunden sorgt auch für eine geringere Motivation im Uni-Alltag, wie Gebhardt berichtet. „Wenn man zusammensitzt, dann geht man auch tatsächlich öfter mal in die Vorlesung. So sitzt man zu Hause und denkt sich: Schaue ich mir die Vorlesung jetzt überhaupt an?“.

Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass die Online-Vorlesungen technisch mitunter nicht das Gelbe vom Ei waren, wie Riebes verrät. „Es kam immer auf die Fachrichtung an, aber es gab schon oft Verzögerungen zu Beginn der Veranstaltungen. Das hat sich leider auch nicht gebessert.“ Generell sei die Phase kaum genutzt worden, um die Lehre vorwärts zu bringen, kritisiert Gebhardt. „Es wurde dann in Präsenz genauso weitergemacht wie immer.“ Ihrer Meinung nach hätte man weiterhin Vorlesungen online halten oder diese im Netz hochladen können. „Da gibt es schließlich so viele Möglichkeiten.“

Die eröffnen sich langsam auch wieder für die Studierenden. So ist beispielsweise die Bibliothek seit einigen Monaten wieder geöffnet – mit Maskenpflicht natürlich. Genutzt werde das Angebot dennoch von vielen, sagt Gebhardt. „Man muss ja nicht acht Stunden da sein, aber einfach mal woanders zu sitzen, macht schon viel her.“ Es ist zumindest ein Lichtblick nach langen Jahren der Pandemie. Wirklich „normal“ wird das Studenten-Leben aber wohl erst wieder sein, wenn man einfach wieder einen Uni-Alltag hat. Justin Utzig hat da schon seine Vorstellungen. „Ich freue mich darauf, dass man wieder spontan in die Mensa oder auf Veranstaltungen gehen kann, ohne eine mögliche Ansteckung im Kopf zu haben.“

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