Seit 35 Jahren Frauenbeauftragte des Saarpfalz-Kreises: Birgit Rudolf. - Foto: Gitte Tauch
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Seit 35 Jahren ist Birgit Rudolf Frauenbeauftragte im Saarpfalz-Kreis – eine Pionierin ihres Faches. Den Internationalen Frauentag am 8. März nimmt sie zum Anlass, die wichtige Arbeit von Frauenbüros in den Fokus zu rücken.

Auch in Deutschland sei man noch immer recht weit von einer tatsächlichen Gleichstellung entfernt, unterstreicht Birgit Rudolf. So verdienen Frauen im Schnitt etwa 20 Prozent weniger als Männer. „Diese Lohnlücke, auch ‚gender pay gap‘ genannt, muss dringend beseitigt werden“, fordert Birgit Rudolf, „hieran wirken Frauenbüros oder Gleichstellungsstellen.“

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Bis auf Bundesebene sind die kommunalen Frauenbeauftragten aktiv und gut vernetzt. Sie führen zu den unterschiedlichsten Themen und Problemstellungen Aufklärungskampagnen oder Veranstaltungen durch, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, auf Gleichstellungsdefizite aufmerksam zu machen oder die Politik von notwendigen Maßnahmen zu überzeugen.

Dabei werden auch Anträge an die Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten gerichtet oder an die Bundesministerien weitergegeben. Nur so könnten langfristig Veränderungen erzielt werden, ist Birgit Rudolf überzeugt und führt weiter aus: „Durch unsere Beratungstätigkeit erfahren wir stets aktuell, wo es infrastrukturelle, aber auch gesamtgesellschaftliche Defizite hinsichtlich der Gleichstellung und Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit von Frauen gibt. Da wir den Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit – eines der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung – legen, sind wir in der Lage, Vorschläge für positive, ausgleichende Maßnahmen zu machen und diese gegebenenfalls in Abstimmung mit der eigenen Verwaltung und den Räten umzusetzen. Im Saarpfalz-Kreis haben wir bisher viele unterschiedliche Projekte, Informationsveranstaltungen, Kurse, Seminare und Vorträge angeboten, um Frauen zu qualifizieren und zu informieren.“ Als besonders gelungenes und zielführendes Projekt nennt Birgit Rudolf die „Koordinierungsstelle Frau und Beruf“.

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In diesem Rahmen führt der Saarpfalz-Kreis seit 2004 Beratungen, Coaching und Mentoring-Programme erfolgreich durch. Nach diesem Beispiel wurden in den vergangenen Jahren auch in allen anderen saarländischen Landkreisen Beratungsstellen eingerichtet.

„Das Frauenbüro und seine Mitarbeiterinnen sind der Motor, um Themen rund um gleichwertige und geschlechtergerechte Lebensverhältnisse in der gesellschaftlichen Entwicklung zu verankern. Darauf können und wollen wir nicht verzichten. Dass wir hier auf dem richtigen Weg sind, das beweisen nicht zuletzt die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Frauen, die in Kontakt mit dem Frauenbüro standen oder stehen. Daher bin ich für die Expertise und die Unterstützung, die von unserem Frauenbüro ausgeht, sehr dankbar“, betont Landrat Dr. Theophil Gallo.

Birgit Rudolf weiß, bei welchen Themen die Belange der Frauen noch stärker berücksichtigt werden müssen. „Wir stellen leider fest, dass in Deutschland und auch im Saarland noch keine ausreichende Umsetzung der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) erfolgt ist in dem Sinne, dass noch keine flächendeckende Ausstattung mit Beratungsstellen und Notunterkünften bzw. Frauenhäusern vorhanden ist. Bundesweit fehlen etwa 8300 Plätze. Auch das Saarland verfügt derzeit nur über 31 statt der von der Istanbul-Konvention vorgegebenen 100.“

Auch beim Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ sieht Birgit Rudolf die Gesellschaft noch nicht in gerechten Lebensverhältnissen angekommen: „Aufgrund fehlender Kinderbetreuungsplätze sind noch viele Frauen gezwungen, beruflich zurückzustecken, was sich natürlich auch wieder auf die Einkommenssituation auswirkt und den ‚gender pay gap‘ verfestigt. Fortschritte in Richtung paritätischer Aufgabenteilung in der Familie sind in der jüngeren Generation langsam sichtbar. Dennoch sind es die Frauen, die weitaus stärker eingebunden sind in die Care-Arbeit, d. h. die Sorge für und um Kinder und zu pflegende Angehörige, als ihre Partner. Auch hier besteht noch großer Handlungsbedarf.“

Und wie steht es mit Frauen in Führungspositionen? „Die sind eben immer noch rar. Auch in der Politik sind wir weit von einer paritätischen Besetzung der Kommunalparlamente entfernt“, antwortet die Frauenbeauftragte. Birgit Rudolf zieht ein klares Fazit: „Es gibt noch sehr viel zu tun. Unser Ziel, uns als Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragte überflüssig zu machen, haben wir trotz aller Anstrengungen wohl noch lange nicht erreicht.“

Hinweis: Der neue Mentoring-Prozess hat wieder begonnen. Es sind nur noch wenige Plätze frei. Wer noch einsteigen möchte, setzt sich bitte mit dem Frauenbüro des Saarpfalz-Kreises, Tel. (06841) 104-7138, in Verbindung.

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