Bund und Länder haben vergangene Woche eine Einigung zu den Eckpunkten des Startchancen-Programms erzielt. Über das Programm werden in den kommenden zehn Jahren jährlich rund 12 Millionen Euro Bundesmittel ins Saarland fließen, die Schüler:innen an allgemeinbildenden Schulen und Beruflichen Schulen in sozial besonders herausfordernden Lagen zu Gute kommen.
Bildungsministerin und KMK-Vizepräsidentin Christine Streichert-Clivot erklärt hierzu: „Nachdem lange unklar war, ob das Startchancen-Programm überhaupt kommen wird, konnten wir die Verhandlungen mit dem Bund über die Eckpunkte des Programms nun erfolgreich zu Ende führen. Das Programm setzt nun klare Standards auch für zukünftige gemeinsame Aufgaben: So ist das Gießkannenprinzip einer zielgenauen Förderung gewichen. Das Geld kommt nun unmittelbar bei den sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern an Schulen in herausfordernden Lagen an. Hier ist der Förderbedarf, den wir auch auf die Einschränkungen der Corona-Krise zurückführen und den uns zahlreiche Studien bescheinigen, am größten, vor allem an den Grundschulen. Der Fokus des Programms zielt zudem vor allem auf Multiprofessionalität und Pädagogik. Hierhin fließt auch der größte Teil der Mittel.“
Das Startchancen-Programm ist Teil des 2020 beschlossenen Koalitionsvertrages des Bundes. Es ergänzt die einzelnen Landesprogramme zur Unterstützung von Schulen in schwieriger Lage, die es bereits gibt. Ziel ist es, die seit Jahren insgesamt zurückgehenden schulischen Leistungen der Schüler:innen wieder zu verbessern und den starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzubrechen.
Untersuchungen zum Lernstand, wie der nationale „IQB-Bildungstrend“ sowie die internationale „IGLU-Studie“ haben nachgewiesen, dass in Deutschland – wie in den meisten anderen westeuropäischen Ländern auch – die Leistungen der Grundschülerinnen und Grundschüler in den Basiskompetenzen, wie zum Beispiel im Lesen, deutlich zurückgehen.
In den letzten Monaten hat eine Verhandlungsgruppe mit den Staatssekretär:innen der Bundesländer Hamburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die entscheidenden Eckpunkte für das Startchancen-Programm erarbeitet. In den nächsten Wochen sollen die letzten Details geklärt werden und dann im Rahmen einer Vereinbarung vom Bundesbildungsministerium sowie den 16 Ländern verabschiedet werden.
Das Programm startet zum 1. August 2024 und läuft über zehn Jahre. Der Bund stellt pro Jahr 1 Milliarde Euro zur Verfügung, die Länder beteiligen sich insgesamt in gleicher Höhe. Die Höhe der Fördermittel, die ein Land vom Bund erhält, berücksichtigt die sozialen Rahmenbedingungen. Konkret wird hier der Anteil der Kinder und Jugendlichen aus armutsgefährdeten Familien und mit Migrationshintergrund angelegt. Darüber hinaus wird, in geringerem Umfang, das Brutto-Inlandsprodukt der Länder berücksichtigt.
Die Länder werden die Fördermittel innerhalb des jeweiligen Bundeslandes dann auf Schulen in sozial schwieriger Lage verteilen. Das sind etwa zehn Prozent der rund 40.000 allgemeinbildenden und beruflichen Schulen bzw. zehn Prozent der rund elf Millionen Schüler:innen bundesweit. Das Programm zielt auf die Verbesserung der basalen Kompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen, auf die Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen und das Erreichen von Ausbildungsreife und Berufsfähigkeit. Es umfasst drei Säulen:
- Investitionen in eine zeitgemäße und ansprechende Lernumgebung, (40 Prozent)
- Chancenbudgets für bedarfsgerechte Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie (30 Prozent)
- Mittel zur Stärkung multiprofessioneller Schul-Teams. (30 Prozent)
Weil insbesondere in den ersten Schuljahren die entscheidenden Weichen für den Bildungserfolg gestellt werden, sollen 60 Prozent aller Mittel den Grund- und Förderschulen und 40 Prozent den weiterführenden und beruflichen Schulen zur Verfügung gestellt werden.
Was bedeutet das für das Saarland?
Von den deutschlandweit rund 4.000 Schulen profitieren im Saarland rund 50 Schulen von dem Startchancenprogramm. Davon werden wahrscheinlich rund 30 Grundschulen und 20 weiterführende Schulen sein. Die Auswahl der Schulen soll anhand der Benachteiligungsdimensionen Armut und Migration erfolgen, da die Wissenschaft hier eine hohe Korrelation mit Bildungsteilhabe und Bildungserfolg festmacht. Eine genaue Zahl der Schulen kann erst nach der genauen Festlegung der Parameter erfolgen.
Die Mittel vom Bund belaufen sich pro Jahr auf rund 12 Millionen Euro. Dem gegenüber stehen Landesmittel in der gleichen Höhe. Länder, die in den Bereichen bereits eigene Programme aufgelegt und entsprechend finanziell ausgestattet haben, können sich diesen Anteil auf die zu erbringenden Landesmittel anrechnen lassen.
„Bei allen den Aufgaben, die jetzt noch vor uns liegen, ist der Verhandlungsstand und die Einigung auf die Eckpunkte für das Startchancenprogramm ein wichtiger Schritt. Dieser Verhandlungserfolg darf aber nicht dazu führen, dass andere Bundesprogramme im Schulbereich, wie zum Beispiel der Digitalpakt nicht verlängert werden. Länder und Kommunen finanzieren heute mehr als 95 Prozent des Schulsystems. Das ist ein riesen Kraftakt, wir brauchen die Sicherheit, dass der Bund seine Zusagen für seinen geringen Anteil einhält.“
In den Ländern ist ein gewisser Vorlauf nötig. Bis zum ambitionierten Start des Programms im Schuljahr 2024/2025 müssen dann Schulen ausgewählt, Förderrichtlinien erstellt und eine Bund-Länder-Vereinbarung getroffen werden. Parallel ist eine enge Rückkopplung mit der kommunalen Seite als Schulträger vorgesehen.