Foto: Bill Titze
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Mit 91% wurde Esra Limbacher aus Kirkel am Freitag zum SPD-Kandidaten für den Bundestagswahlkreis Homburg gewählt. Bei der Delegiertenversammlung in der Elversberger Ursapharm-Arena unterstrich Limbacher die Bedeutung der Industrie für die Region. Klimaschutz dürfe nicht mit dem Preis der Deindustrialisierung bezahlt werden.

Es war eine durchaus ungewöhnliche Veranstaltung am vergangenen Freitag. Da trafen sich 122 SPD-Delegierte um einen Wahlkreiskandidaten zu wählen. Und das unter freiem Himmel, mit ganz viel Abstand. Vielleicht das ungewöhnlichste war jedoch, dass nach der erfolgten Wahl die Zelte ganz schnell abgebrochen wurden. Ein paar hastige Glückwünsche, ein kurzes Interview mit dem Pressevertreter und schon musste Platz gemacht werden für die Saarbrücker Delegierten, die direkt im Anschluss ihren Kandidaten wählten. Kein feucht-fröhliches Anstoßen und viele innige Umarmungen wie häufig bei Parteiveranstaltungen. Eine Wahl im Schnelldurchgang quasi.

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So hielt sich denn auch der einzige Kandidat an diesem Abend, der 32-jährige Esra Limbacher aus Kirkel, recht kurz bei seiner Vorstellungsrede. Rund 15 Minuten sprach der Referent im höheren Dienst der saarländischen Landesverwaltung über die Zukunft des Landes, die Unterschiede im Wahlkreis, die Herausforderungen vor Ort. Und vor allem über eines: die Industrie. Deutlich erkennbar, dass der Jurist mit Schwerpunkt auf deutschem und internationalem Steuerrecht seine Wahlkampagne auf genau dieses Thema ausrichten möchte.

So blieb vor allem ein Satz hängen, mit dem man die Rede von Limbacher gut zusammenfassen könnte. „Der Klimaschutz darf nicht mit dem Preis der Deindustrialisierung bezahlt werden.“ Schließlich gehe es im Saarland um 43.000 Arbeitsplätze allein in der Automobilindustrie. Ohne Frage, Limbacher betonte natürlich auch die Wichtigkeit des Klimaschutzes; den Klimawandel zu stoppen sei schließlich „eine Menschheitsaufgabe.“ Doch allein schon von der Redezeit her stand die Industrie im Mittelpunkt. Klassenkämpferische Parolen waren dabei jedoch nicht zu hören. Stattdessen betonte er das Bekenntnis zu den industriellen Arbeitgebern vor Ort.

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Des Weiteren forderte er eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, einen Mindestlohn von 12 Euro, mehr Kita-Plätze und Ganztagsschule – typische Leib- und Magenthemen der SPD also, die dementsprechend viel Applaus einbrachten. Limbacher nutzte seine Rede darüber hinaus für einen Frontalangriff auf die Union. Deren Spendenskandale in diesem Jahr hätten gezeigt, dass diese eine Auszeit in der Opposition brauche. „Ich werde im Wahlkampf für ein progressives Bündnis ohne CDU/CSU kämpfen.“

Ob das ein Bündnis mit der Linkspartei bedeutet? Darauf ging der Kandidat nicht ein. Vielleicht wird das ja im Wahlkampf etwas klarer. In den geht Limbacher mit der Unterstützung von 109 SPD-Delegierten, die ihm am Freitag ihre Stimme gaben. Heißt bei 121 abgegebenen Stimmen 91% Zustimmung. „Das Ergebnis gibt mir absolut Rückenwind“, findet Limbacher im HOMBURG1-Interview. „Weil es zeigt, dass die eigenen Leute wirklich hinter mir stehen. Das macht mir Mut, richtig anzugreifen.“

Kandidatenkür unter freiem Himmel: 91% der Delegierten wählten Esra Limbacher zum Wahlkreiskandidaten. – Foto: Bill Titze

Das wird bei diesem Wahlkampf aber etwas anders vonstatten gehen als sonst, schließlich ist Corona-Zeit. Es werde vieles digital stattfinden, erklärt Limbacher. „Wichtig ist mir aber, trotzdem in Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommen.“ Das gehe aber eben nur mit den entsprechenden Hygienekonzepten.

Wie genau so etwas aussehen wird, ist eine der spannenden Fragen in diesem Wahlkampf. Noch interessanter ist aber natürlich die, wer für den Wahlkreis Homburg in den Bundestag einzieht und dort die Interessen der Region vertritt. Das ist natürlich das Ziel von Limbacher, der 2017 mit einem Abstand von nur rund 2% am CDU-Kandidaten Markus Uhl scheiterte. „Es geht hier um eine Personalentscheidung. Man wählt nicht nur Parteien, sondern auch Personen. Das müssen alle vor der Wahl wissen,“ unterstreicht Limbacher im Gespräch.

Das sagt er vermutlich auch mit Blick auf die bundesweiten Umfragen, die die SPD doch recht deutlich hinter der CDU sehen. Um den Wahlkreis zu gewinnen und in den Bundestag einzuziehen, müsste er wohl deutlich besser abschneiden als seine Partei in ganz Deutschland. Das hat er bereits bei der letzten Bundestagswahl geschafft: Dort holte er als Direktkandidat mit 31,4% rund 11% mehr als die Bundes-SPD. Ob er das auch in diesem Jahr schafft, ist freilich noch offen. Doch um der SPD-Fraktion im nächsten Bundestag anzugehören, wird genau das notwendig sein. Denn am Samstag wurde er bei einer weiteren Delegierten-Versammlung nur auf Platz 5 der Landesliste der SPD-Saar gewählt. Wohl zu wenig, um über dieses Ticket einen Sitz im Bundestag zu erobern.

 

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