In der Homburger Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag wurden zur Bebauung am Enklerplatz die politische Weichen auf „grün“ gestellt: durch eine klare Mehrheit hat der Stadtrat Baurecht geschaffen und damit einen wichtigen Meilenstein zur Realisierung des Projektes in der Innenstadt gesetzt. In der Debatte tauschten die Parteien ein letztes Mal ihre Argumente aus – an der Entscheidung änderte dies aber nichts.
Bevor die Debatte allerdings eröffnet wurde, stand noch das Thema „Befangenheit“ auf dem Plan. Wie im Vorfeld berichtet, sind von den Grünen Yvette Stoppiera und Carola Piazolo, sowie Marianne Bullacher der Allianz für Vernunft im Zuge einer Bauausschusssitzung wegen Befangenheit zur Beratung und Abstimmung ausgeschlossen worden. Dies betrifft alle Punkte, die den Enklerplatz betreffen.
Die Grünen haben in dieser Sache die Kommunalaufsicht eingeschaltet, welche kurz vor Beginn der Stadtratssitzung eine Entscheidung darüber wiederum dem Stadtrat aufgetragen hat: “Bei unterschiedlichen Auffassungen über das Vorliegen eines Mitwirkungsverbotes entscheidet im Streitfall der Stadtrat.” Weiterhin teilte die Kommunalaufsicht mit “dass die Mitwirkung eines befangenen Stadtratsmitgliedes bei der Beratung oder Beschlussfassung einen Stadtratsbeschluss rechtswidrig macht“
Während Marianne Bullacher von sich aus ihre Befangenheit eingeräumt hat, ging es am Ende nur noch um Carola Piazolo – denn Yvette Stoppiera war bei der Sitzung am Donnerstag nicht anwesend. Durch Abstimmung wurde die Befangenheit bei Carola Piazolo festgestellt und sie damit von der Debatte und Abstimmung ausgeschlossen. Zusätzlich blieb noch Gerhard Wagner (SPD) der Entscheidung fern, und erklärte sich selbst für befangen, da seine Kinder im Besitz von Grundstücken im näheren Umfeld des Enklerplatz sind.
Auch wenn die Abstimmung am Donnerstag vielleicht den Eindruck erweckte: durch die Zustimmung des Rates zur Flächennutzungsplanteiländerung und zum Bebauungsplan „Enklerplatz“ ist die Realisierung eines Einkaufscenter noch keine beschlossene Sache. Der Stadtrat hat durch seine Entscheidung aber modernes Baurecht geschaffen und damit die Möglichkeit ein Center an dieser Stelle zu bauen. Momentan ist der aussichtsreichste Investor Helmut Jagdfeld, der sich schon diverse Grundstücke und Optionen gesichert hat. Es fehlt allein noch ein Abschnitt, der in städtischer Hand ist. Und dieser dient auch als Verhandlungsmasse der Stadtverwaltung.
Im Vorfeld der Stadtratssitzung hat Oberbürgermeister Schneidewind auch angedeutet, dass auch aus Sicht der Stadtverwaltung bei den Verhandlungen über das städtische Grundstück die Positionen und Wünsche der Kreisstadt, z.B. Positionierung des Haupteingangs, in die Verhandlungen einfließen sollen. Er sieht hier durchaus noch Gesprächs- und Verhandlungsbedarf mit dem potentiellen Investor.
Ihre Zustimmung zur Bebauung des Enklerplatz erteilten die Fraktionen der SPD, CDU, FWG und der parteilose Christian Hau. Auf der Seite der Gegner standen die Fraktionen der Allianz für Vernunft, Linke, Grüne und AfD.
Hintergrund Befangenheit:
Die Befangenheit bzw. das Mitwirkungsverbot von Stadträten ist im Kommunalen Selbstverwaltungsgesetz (KSVG) geregelt. Bei der Diskussion im Homburger Stadtrat sah die Verwaltung die Gefahr eines Verfahrensfehlers, welcher durch Abstimmungsberechtigte auch im Nachgang festgestellt werden kann. Dadurch würden Beschlüsse ihre Gültigkeit verlieren. Prinzipiell sind in dieser Thematik die Ratsmitglieder auch angehalten, ihre Befangenheit selbst zu erkennen und einzuräumen.
Die Befangenheit ergab sich im vorliegenden Fall durch die privat getätigten Einwände bei der Offenlegung in 2015. Die betroffenen Ratsmitglieder, bzw. im Fall von Carola Piazolo ihr Ehemann, hätten also im Bauausschuss bzw. am vergangenen Donnerstag über ihre eigenen Einwände mit abgestimmt.