Vor allem kleine und finanzschwächere Kommunen können sich Fördermittel häufig gar nicht leisten. Sie scheitern nicht nur an den zeit- und personalintensiven Antragsverfahren, sondern vor allem am geforderten finanziellen Eigenanteil. Dies beleuchtet eine aktuelle Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und der Wüstenrot Stiftung zu Förderprogrammen von Land, Bund und Europäischer Union.

Das Geld fließe somit eher in prosperierende Kommunen und nicht dorthin, wo es am dringendsten gebraucht würde. Regionale Unterschiede würden so eher verstärkt, als abgebaut – und diese Kluft könnte sich infolge der Corona-Pandemie sogar noch vergrößern. Wie die Autoren des Diskussionspapiers zeigen, ließen sich mit angepassten Instrumenten selbst klamme Kommunen bedarfsgerecht unterstützen – auch und gerade in der COVID-19-Krise.

Dabei ist es ein erklärtes Ziel der Bundesregierung, für „gleichwertige Lebensverhältnisse“ in allen Teilen des Landes zu sorgen. Förderprogramme von Land, Bund oder Europäischer Union sollen einen Ausgleich zwischen den prosperierenden und den weniger erfolgreichen Landesteilen und Kommunen schaffen. Wie gut die Lebensqualität vor Ort oder die Teilhabechancen der Bewohner sind, entscheidet sich maßgeblich auf kommunaler Ebene. Denn in Deutschland herrscht das tief verankerte Subsidiaritätsprinzip, das Gemeinden eine größtmögliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortung verleiht.

Dieser Verantwortung können die Kommunen aber nur gerecht werden, wenn sie dafür auch die nötigen finanziellen Mittel haben. Das macht sie abhängig von Fördermitteln. „Diese Mittel gibt es aber nicht umsonst“, sagt Manuel Slupina vom Berlin-Institut. „Sie kosten die Kommunen nicht nur einen Eigenanteil, sondern vor allem den dringend notwendigen Gestaltungsspielraum.“ So mancher der vom Berlin-Institut befragten Kommunalvertreter beschreibt die Situation daher als Förderkorsett, dass nicht nur vorgibt, wie die Fördermittel zu verwenden sind, sondern über den geforderten Eigenanteil auch beeinflusst, wofür die Kommunen ihr eigenes Geld ausgeben. „Das Fördersystem lenkt die Kommunen so doppelt von ihren eigentlichen Prioritäten ab – weil sie eher Maßnahmen umsetzen, die gefördert werden, und sie zudem dringend notwendige Investitionsvorhaben zurückstellen, um mit dem gesparten Geld den Eigenanteil aufbringen zu können“, fasst Slupina zusammen.

Eigentlich sollten Fördermittel nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen, um neue Entwicklungen anzustoßen oder Missstände zu beheben. Sie sind nicht dafür gedacht, generell die Finanzkraft der Kommunen zu stärken. „Doch Fördermittel sind längst Teil der Regelfinanzierung geworden“, sagt Frederick Sixtus, Mitautor des Papiers. „Und mit jedem weiteren Programm steigt die Abhängigkeit der Kommunen von diesen Zuweisungen.“ Im Jahr 2018 nutzten knapp neun von zehn Kommunen Fördermittel, um Projekte zu finanzieren. Der Anteil von Fördermitteln an der Finanzierung kommunaler Investitionen ist in den vergangenen Jahren zudem stetig gestiegen – von 19 Prozent im Jahr 2016 auf 27 Prozent 2018.

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