Binnen weniger Stunden stiegen vom 13. auf den 14. Juli die Pegelstände der Ahr auf über sechs Meter an. Was danach an Unbeschreiblichem folgte hat bereits schon jetzt seinen festen Platz im deutschen Geschichtsbuch und hat sich eingebrannt im Bewusstsein der Menschen, die ihre Existenzgrundlage komplett verloren haben.
Kein Stein blieb auf dem anderen, ganze Dörfer sind nicht mehr Unmittelbar nach den ersten Bildern von den apokalyptischen Hochwasserereignissen in der Eifel wurden länderübergreifende Hilfsmaßnahmen organisiert. Kreisbrandinspekteur Uwe Wagner meldete sich gleich am 15. Juli um 7.30 Uhr beim Bexbacher Stadtwehrführer Uwe Lapre, teilte ihm mit: „Haltet euch bereit, ihr seid Teil der Wasserversorgungskomponente. Lasst euch bei Karlsberg in die Handhabung des Anhängers einweisen.“ Damit ist ein Baustein gemeint, der innerhalb des Katastrophenschutzes im Saarpfalz-Kreis eine wichtige Rolle spielt, werden doch damit im Notfall 5000 Liter Trinkwasser verfügbar gemacht. Um 17 Uhr wurde der Hänger von einem Trupp Bexbacher Wehrleute mit dem Rüstwagen abgeholt und stand damit bereit. Der KFZ-Meister vom Baubetriebshof, zuständig für die Wartung der Bexbacher Feuerwehrfahrzeuge, checkte den Anhänger durch, gab grünes Licht.
Noch am gleichen Abend gegen 22.30 Uhr erhielt Stadtwehrführer Lapre die Anweisung mit seinen Leuten nach Grafschaft zu fahren um die Wasserversorgung der Menschen sicherzustellen. Der Bexbacher Trupp ist Teil des Saarlandzuges 1, der dem Kreisbrandinspektor Dirk Schäfer aus St. Wendel untersteht. Gemeinsam mit den Kameraden aus dem südlichen Saarpfalz-Kreis, aus St. Wendel und Losheim machte sich der Zug auf. Die Haribo Unternehmenzentrale in Grafschaft hatte ihren Parkplatz, ihre Kantine, Sanitärräume und Schlafmöglichkeiten für die Helfer verfügbar gemacht. „Man kann sich gar nicht vorstellen, was das für ein Riesenakt ist, bis die Einsatzleitung und die Technik steht“, so Uwe Lapre.
Zunächst hieß es für die Bexbacher Wehrleute aber abzuwarten. Denn dorthin, wo sie das Trinkwasserreservoir hinbringen sollten, gab es noch gar keine Zuwegung. „Wir sind dort überhaupt nicht hingekommen“, so Lapre. Und dann hatten zu allem Übel auch noch die alten Batterien des Rüstfahrzeuges schlapp gemacht. Mit Stromspende und Überbrückung klappte es dann doch, der Bexbacher Trupp kümmerte sich um das Leerpumpen von Kellern, während die Wasserversorgung erst einmal nicht benötigt wurde. „Die Leute – egal ob Betroffene oder Einsatzkräfte – waren alle sehr freundschaftlich und froh darüber, dass wir da waren, wollten wissen woher wir kommen“, so Lapre. Er und seine Leute haben solch eine Hilfsbereitschaft und solch eine Katastrophensituation noch nie erlebt.
Dass die Nerven bei alledem in Habachtstellung sind, versteht sich von selbst. „Wenn man so einen Keller leerpumpt, dann weiß man nie, was auf einen zukommt, ob man da vielleicht jemanden findet“, so der Stadtwehrführer. 160 Tote, 170 Vermisste im Ahrtal, das müssen nun die Wehrleute aus Bexbach erst einmal für sich verarbeiten. Der aus einer mit Schlamm-Massen überdeckten Ackerfläche ragende menschliche Arm, den die Polizei bereits mit einem roten Zettel markiert hatte, werden Lapre und seine Kameraden nicht so schnell vergessen. Auch nicht die umherirrenden schreienden Pferde und Rinder. Szenen, wie man sie aus manchem Film zu kennen glaubt. Doch Klaus Trampenau, der bereits zweimal im Ahrtal im Einsatz war, weiß: „Die Realität ist um ein Vielfaches grausamer. Da gibt es keine Häuser mehr, keine Brücken, die Menschen sind verzweifelt und stehen vor dem absoluten Nichts. Trampenau kennt die Gegend sehr gut. Beruflich hatte er als Reisebusfahrer öfters Gruppen nach Grafschaft gebracht. „Dort gab es ein ganz bekanntes Ausflugslokal am Hang. Von dem ist gar nichts mehr da, außer einem Pfosten.
Ganz in der Nähe hatte es einen Bauernhof gegeben mit großen Stallungen und gut tausend Rindern. Nichts davon ist geblieben. Die Kühe laufen alle durch den Schlamm in der zerstörten Landschaft“, schildert er seine Eindrücke. Inzwischen liegen üble Gerüche über dem Überschwemmungsgebiet, Mückenschwärme breiten sich. Als Ersthelfer hatten sich die Wehrleute aus Bexbach auch um Verletzte gekümmert. Ein großes Lob hat Trampenau für die Löschbezirksführung um Uwe Lapre und Christian Veith übrig: „Die kümmern sich wirklich um uns, kommunizieren, wollen berichtet haben und stehen persönlich zur Seite.“ Das ist auch vonnöten, wenn man sich in die Situation versetzt, dass da drei Bexbacher Wehrleute in einer Nacht gänzlich alleine irgendwo im Dunkel in einer zerstörten und unwirklichen Kulisse stehen und Ruinen leerpumpen.
Seit dem Ersteinsatz wechseln sich die Bexbacher täglich ab. Bürgermeister Christian Prech hatte angeordnet, dass den Wehrleuten ein Fahrzeug des Baubetriebshofes zur Verfügung steht und hat sich gleich nach dem ersten Einsatztag schriftlich bei seiner Feuerwehr bedankt. Jeden Nachmittag um 15 Uhr bringt ein Angehöriger des Löschbezirks Bexbach drei Kameraden zum Einsatzort im Ahrtal, etwa nach Rech bei Schuld, und bringt die Truppe des Vortages zurück. Stadtwehrführer Uwe Lapre und Löschbezirksführer Christian Veith können sich voll auf ihre Leute verlassen, loben die Bereitschaft zur freiwilligen Hilfe in der Not. Die Hälfte der Aktiven hatte sich nach einer ersten Abfrage dazu bereit erklärt. Beruflich werden sie größtenteils freigestellt oder nehmen sich Urlaub um helfen zu können. Zwischenzeitlich war letzten Sonntag ein Team aus Oberbexbach vor Ort und stellte ein mitgebrachtes Zelt auf. Zwischenzeitlich auch ist das Hochwasser-Einsatzzentrum zum Nürburgring verlegt worden. Von dort werden in den kommenden Tagen dann auch Wehrleute aus den anderen Bexbacher Löschbezirken zum freiwilligen Einsatz im Ahrtal aufbrechen.
Inzwischen legen auch Freiwillige aus Homburg im Einsatzgebiet Hand mit an, Teile des Katastrophenzuges des Saarpfalz-Kreises sind ebenfalls ausgerückt. Was bei aller Organisation und Planung zählt ist, Menschen zu unterstützen, denen die Naturgewalten alles genommen haben, sind sich die Bexbacher Wehrleuite einig.