Während also Niedrigrisikogeburten nach strenger Vorauswahl durch Hebammen begleitet werden können, ist bei jeglicher Abweichung die Anwesenheit ärztlicher GeburtshelferInnen nötig. Dies reicht etwa von der Anlage häufig gewünschter Periduralanästhesien (PDA) bis hin zu pathologischen Geburtsverläufen, wie starken Blutungen, Beckenendlagen, Frühgeburten, vaginal-operativen Geburten sowie Kaiserschnitten. Insgesamt liegt der Anteil an gesunden Schwangeren mit unauffälligem Schwangerschaftsverlauf und Erwartung einer unkomplizierten Geburt in Deutschland nach konservativer Schätzung bei etwa 20 %. Bei einer 50%igen Weiterleitungsrate in den arztgeführten Kreißsaal ist in 90 % der Geburten also auch ärztliche Geburtshilfe erforderlich. Wichtig ist zudem, dass eine Geburt im Hebammenkreißsaal eine Geburt in der Klinik ist. Die Ergebnisse zur Sicherheit für Mutter und Kind können nicht auf die außerklinische Geburtshilfe übertragen werden.

Versorgungsverbesserungsgesetz enthält Schwachstellen
Die Bonner Studie ist aus Sicht der DGGG immens wichtig und liefert endlich konkrete Zahlen zur Bedeutung von Frauenärzten und Hebammen für eine sichere Geburtshilfe. Sie zeigt, welche Bedeutung die ausreichende Ausstattung der Geburtskliniken mit Hebammen hat: „Eine 1:2-Betreuung, noch besser eine 1:1-Betreuung durch Hebammen ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit“, erklärt der DGGG-Präsident und fährt fort: „Da der Großteil der Geburten aber Ärzte erfordert, muss die ärztliche Geburtshilfe genauso gefördert werden!“ Andernfalls sei für die Mehrzahl der Gebärenden keine sichere Geburt möglich.

Aus aktuellem Anlass hat die DGGG – gemeinsam mit dem Deutschen Hebammenverband (DHV) – zum Entwurf für das Versorgungsverbesserungsgesetz kritisch Stellung bezogen. Darin konkretisieren beide Verbände in einem Apell die Vorschläge zur dringend nötigen Verbesserung der Rahmenbedingungen in der deutschen Geburtshilfe. Scharl verdeutlicht: „Durch eine einseitige Vernachlässigung der Ärzte würde der Bundesgesundheitsminister die Schwangeren in den deutschen Kliniken gefährden!“

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) ist eine der großen wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie hat sich der Stärkung der Fachgebiete der Frauenheilkunde und Geburtshilfe verschrieben und fördert das gesamte Fach und seine Subdisziplinen, um die Einheit des Faches Frauenheilkunde und Geburtshilfe weiter zu entwickeln. Als medizinische Fachgesellschaft engagiert sich die DGGG fortwährend für die Gesundheit von Frauen und vertritt die gesundheitlichen Bedürfnisse der Frau auch in diversen politischen Gremien.

Originalpublikation: Merz WM, Tascon-Padron L, Puth MT, Heep A, Tietjen SL, Schmid M, Gembruch U. Maternal and neonatal outcome of births planned in alongside midwifery units: a cohort study from a tertiary center in Germany. BMC Pregnancy Childbirth. 2020 May 6; 20(1):267. doi: 10.1186/s12884-020-02962-4

 

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