„Nach dem Applaudieren müssen Taten folgen! Und die beschlossenen Konjunkturpakete müssen so wirken, dass auch Arbeitnehmer*innen davon profitieren“, fordert Bettina Altesleben, Regionsgeschäftsführerin des DGB Saar, im saarländischen Landtag bei einer Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr. Zu der Anhörung „Die Situation der Beschäftigten vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie“ formulierten Bettina Altesleben und Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes, die wesentlichen Forderungen aus Arbeitnehmersicht.
Eine zentrale Forderung ist die Aufwertung der systemrelevanten Berufe. „Ein Blick auf diese Berufe zeigt uns massive Lohnrückstände gegenüber denen der Industrie. Gerade die Jobs, die uns durch die Krise geführt haben, sind die mit einem deutlich niedrigeren Entgelt – von Arbeitsbedingungen hier an dieser Stelle noch gar nicht gesprochen. Hier ist eine Aufwertung dringend notwendig und überfällig“ betont Thomas Otto. Bettina Altesleben wies außerdem darauf hin, dass die während der Corona-Pandemie verfügten Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten nicht dauerhaft sein dürften. „Die Arbeitnehmerrechte müssen dringend gesichert werden. Dazu gehört die schnelle Rücknahme der Deregulierungen etwa im Arbeitszeitgesetz, im Ladenöffnungsgesetz und der Lockerungen des Verbots der Sonntagsarbeit“, so Altesleben. Weiterhin gilt es gerade jetzt, die Mitbestimmung zu stärken.
Und es muss ein Recht auf Homeoffice geschaffen werden, in dem auch wichtige Rahmenbedingungen geregelt sind. In der Krise hat sich gezeigt, dass in den Betrieben und Dienststellen oft Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen fehlen, die Homeoffice/mobiles Arbeiten regeln. „Hier müssen die Arbeitgeber dringend nachbessern, vor allem was die Ausstattung mit Arbeitsmitteln, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Regelungen zu Arbeitszeiten und –erwartungen angeht“, sagt Bettina Altesleben. Eine weitere wichtige Forderung ist die nach einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes (KUG) auf mindestens 90 %. Und zwar von Anfang an. Bei der derzeitigen Regelung bleibt vielen Arbeitnehmer*innen als Alternative nur der Gang zum Jobcenter, um Aufstockermittel zu beantragen. Und das bei voller Leistungsbereitschaft und –fähigkeit der Menschen.
„Das kann ja nicht Ziel unserer Gesellschaft sein. Zumal wir nicht über einen steuerfinanzierten Bonus reden, sondern über Leistungen aus einer zuvor von den Arbeitnehmern erbrachten Versicherung. Eine Aufzahlung des KUG auf 90 % würde vor allem Menschen in unteren Lohngruppen massiv entlasten“, betont Otto. Deutlich wurde in den vergangenen Wochen auch, dass die Krise bestehende Ungleichheiten verschärft. Besonders betroffen: Ältere, Frauen, Langzeitarbeitslose, prekär Beschäftigte. So ist vor allem in Familien eine ungleiche Arbeitsverteilung zwischen den Geschlechtern zu beobachten und damit ein Rückfall in traditionelle Frauenrollen und Familienbilder. „So waren es mal wieder die Frauen, die mehrheitlich zugunsten von Kinderbetreuung, Home-Schooling oder Pflege von Angehörigen beruflich und persönlich zurückgesteckt oder die Doppelbelastung von Home-Office und Betreuung geschultert haben“, betont Bettina Altesleben.
Zu einem besonderen und dramatischen Problem entwickeln sich die Minijobs. Die spielen im Saarland schon seit Jahren eine große Rolle für die Beschäftigung. Die Arbeitskammer weist hier schon seit Jahren auf den überdurchschnittlich entwickelten Niedriglohnbereich hin. „Diese Beschäftigten waren auch in der Krise die ersten Leidtragenden“, so Otto. Bereits im März gab es einen Rückgang von -4,6 % oder rund 4.000 Beschäftigungsverhältnisse. „Aus unserer Beratung erleben wir, dass gerade bei Ihnen Kündigungsfristen oft nicht eingehalten wurden. Und für Minijobber gibt es keine vergleichbare Kurzarbeitsregelung, Vielen blieb da nur der Gang zum Sozialamt“, so Otto. Gemeinsam mit dem DGB fordert die Arbeitskammer deshalb die Abschaffung der Minijobs. „Sie gehören auf den Müllhaufen der Geschichte und müssen endlich in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden“, so Otto abschließend.