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Zum Weltfrauentag veröffentlicht das BAMF-Forschungszentrum neue Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Teilhabe von Frauen und Männer mit Fluchterfahrung. Ziel ist es, die Erkenntnislage zu Frauen in Migration und Integration zu verbessern. Hierzu wird ihre Situation in verschiedenen Projekten untersucht.

Das Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bündelt seine Expertise zu Frauen in Migrations- und Integrationsprozessen und analysiert ihre Situation in verschiedenen Forschungsprojekten. So werden differenziertere Erkenntnisse gewonnen, die zur zielgruppenorientierten Weiterentwicklung der Angebote in den Bereichen Migration und Integration beitragen können.

„Oftmals wird Migration als vorwiegend männliches Phänomen verstanden, was es in dieser Form aber nicht ist. Frauen und Männer nehmen zu fast gleichen Teilen am weltweiten Migrationsgeschehen teil. In Deutschland leben heute etwa gleich viele Frauen und Männer mit Migrationshintergrund. Es ist deshalb wichtig die Rolle von Frauen in Migrations- und Integrationsprozessen fortwährend zu untersuchen, um Bedarfe und Handlungsoptionen zu identifizieren“, betont Katrin Hirseland, Leiterin der Abteilung Forschungszentrum.

Neue Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Teilhabe von Frauen mit Fluchterfahrung

In drei neuen Kurzanalysen werden die Ausgangslagen und Rahmenbedingungen bei der gesellschaftlichen Teilhabe von Frauen und Männern mit Fluchterfahrung behandelt. Analysen auf Grundlage der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten aus dem Jahr 2018 wie in der Kurzanalyse „Zur Lebenssituation von jungen Erwachsenen mit Fluchterfahrung“ von Wenke Niehues verdeutlichen, dass geflüchtete Frauen vermehrt familien- und geflüchtete Männer verstärkt erwerbsorientiert sind. Haben Frauen mit Fluchterfahrung Kinder, verbringen sie einen großen Teil ihrer täglichen Zeit mit deren Betreuung. Die stärkere Familienorientierung bietet geflüchteten Frauen dabei auch Chancen: Die Kurzanalyse „Geflüchtete Frauen in Deutschland – Freizeitverhalten und soziale Kontakte“ von Cristina de Paiva Lareiro zeigt, dass Kinder in einem positiven Zusammenhang mit der Kontaktwahrscheinlichkeit der Eltern zu Deutschen stehen. Eine mögliche Erklärung ist, dass sich durch Kinder soziale Räume mit vielfältigen Kontaktmöglichkeiten öffnen, etwa in Kindertagesstätten oder auf dem Spielplatz.

Gleichzeitig bringt die Familienorientierung aber auch Herausforderungen mit sich: Die Kurzanalyse “Hürden beim Zugang zum Integrationskurs“ untersucht auf der Basis von Befragungen im Rahmen des Forschungsprojekts „Evaluation der Integrationskurse (EvIk)“, welchen Herausforderungen sich geflüchtete Frauen mit Kleinkindern beim Spracherwerb und beim Zugang zu einem Integrationskurs gegenübersehen. „Die wohl bedeutsamste strukturelle Hürde ist der Mangel an Regelangeboten der Kinderbetreuung in den Kommunen und Landkreisen“, so die Verfasserin Dr. Anna Tissot. Wie die Befragung zeigt, erhalten viele geflüchtete Familien erst ab dem dritten oder vierten Lebensjahr einen Betreuungsplatz für ihr Kind, obwohl hierauf ab dem ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch besteht.

Die Rolle von Frauen in Rückkehr- und Reintegrationsprozessen

Rückkehrforschung ist ein Teilbereich der Migrationsforschung. Die Situation von Frauen wird auch in diesem Feld im Forschungszentrum verstärkt in den Blick genommen. Derzeit wird ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur wissenschaftlichen Begleitung des Rückkehrförderprogramms „StarthilfePlus“ des Bundes durchgeführt. Die Förderung richtet sich an Personen mit geringen Erfolgsaussichten im Asylverfahren und gewährt einen finanziellen Anreiz für eine frühe, freiwillige Rückkehrentscheidung. Ziel des Forschungsprojekts ist es, Erkenntnisse zu Rückkehrprozessen zu gewinnen und Impulse für eine Weiterentwicklung der Rückkehrförderung zu geben.

Frauen spielen auch hier eine wichtige Rolle: In der ersten Projektphase waren gut ein Fünftel der 2.000 telefonisch Befragten in den Befragungsländern wie dem Libanon, Irak und Afghanistan Frauen. In der zweiten Projektphase wurden dieselben Befragten etwa zwei Jahre nach ihrer Rückkehr noch einmal kontaktiert. Insgesamt ist es gelungen, ca. 1.000 Zurückgekehrte erneut zu interviewen. Um die Lage der Frauen vertieft analysieren zu können, wurden zudem mit 20 Frauen in Armenien, Libanon und Irak persönliche Interviews geführt. Erste Erkenntnisse aus der Studie zeigen: „Zurückgekehrte Männer sind deutlich häufiger erwerbstätig als Frauen und es gelingt nur sehr wenigen Frauen, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern“, wie Tatjana Baraulina, die für die Studie verantwortliche Referatsleiterin erläutert. Ausführliche Ergebnisse werden Anfang 2022 erwartet.

Originalpublikation:

Niehues, Wenke (2021): Zu Lebenssituationen von jungen Erwachsenen mit Fluchterfahrung. Ausgabe 01|2021 der Kurzanalysen des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg.

de Paiva Lareiro, Cristina (2021): Geflüchtete Frauen in Deutschland – Freizeitverhalten und soziale Kontakte. Ausgabe 02|2021 der Kurzanalysen des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg.

Tissot, Anna (2021): Hürden beim Zugang zum Integrationskurs. Alltagserfahrungen geflüchteter Frauen mit Kleinkindern. Ausgabe 03|2021 der Kurzanalysen des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg.

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