In den letzten Jahren haben die europäischen Wälder stark unter den extremen Klimabedingungen und deren Folgen gelitten. Weit mehr als die Hälfte der europäischen Walder ist potenziell durch Windwurf, Waldbrand, Insektenplage oder einer Kombination daraus gefährdet. Das ist das Ergebnis einer Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams unter Beteiligung von Dr. Henrik Hartmann vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Unter Verwendung von Satellitendaten und künstlicher Intelligenz untersuchten sie die Anfälligkeit gegenüber Störungen im Zeitraum zwischen 1979 und 2018.

Vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels sind ihre Ergebnisse sehr wichtig für die Verbesserung von Anpassungsstrategien und die Forstwirtschaft, um die europäischen Wälder langfristig widerstandsfähiger zu gestalten. Ein gutes Drittel der europäischen Landmasse ist von Wäldern bedeckt, sie spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Klimas und stellen den Menschen eine Vielzahl von Ökosystemleistungen zur Verfügung. Der Klimawandel der letzten Jahrzehnte macht die Wälder jedoch verstärkt anfällig gegenüber Störungen. Die Struktur des Waldes und das vorherrschende Klima bestimmen weitgehend, wie verletzbar der Wald durch Störungen ist. Dabei ist die Anfälligkeit für Insektenbefall in den letzten Jahrzehnten infolge der Klimaerwärmung auffällig stark angestiegen; vor allem in Nordeuropa. Die borealen Nadelwälder der kalten Klimazonen und die warm-trockenen Wälder der iberischen Halbinsel zählen zu den besonders fragilen Ökosystemen.

Insektenplagen gefährden die Wälder zunehmend

Dr. Henrik Hartmann, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, beobachtet wiederkehrende Muster aus ökophysiologischer Sicht und resümiert “Die Erfahrung der letzten Jahre, vor allem seit 2018, hat uns deutlich gezeigt, dass die von Schadinsekten ausgehende Gefahr für Wälder durch die Klimaveränderungen besonders angestiegen ist. Daher befürchten wir, dass eine fortschreitende Erwärmung des Klimas diese Tendenz weiter verstärken wird”. Extreme Witterungsbedingungen wie Hitze und Dürre schwächen die Bäume und machen sie anfällig gegenüber Schadinsekten. “Diese Erkenntnis ist nicht neu und Wälder sind normalerweise gut gegen gelegentliche Klimaextreme gewappnet. Dass diese Extreme nun so häufig und wiederholt auftreten, macht die Ausnahme zur Norm und damit kommt der Wald nicht klar.” erklärt der Experte.

Alte Bäume trifft es härter

Die Daten zeigen zudem, dass gerade große und alte Bäume besonders stark durch klimatische Extreme gefährdet sind. Beobachten konnte man dies in den letzten Dürrejahren auch bei den mitteleu-ropäischen Buchenwäldern, wo verstärkt alte Bäume plötzlich abstarben. “Das liegt daran, dass ihr Leitsystem für den Wassertransport unter größerer Last arbeiten muss, um Wasser über die Wurzeln aus dem Boden bis hinauf in die Krone zu transportieren. Dadurch leiden große Bäume stärker unter Trockenheit und sind dann anfälliger gegenüber Krankheiten“. Große und ältere Bäume sind zudem bevorzugte Wirte für Schadinsekten. Beispielsweise der Buchdrucker, der hauptsächlich adulte Fichten attackiert, fliegt bevorzugt größere Individuen an. Hinzu kommt auch, dass große Bäume bei Sturmereignissen dem Wind eine größere Angriffsfläche bieten. „Die Ergebnisse der Studie sind also sowohl aus ökologischer und auch aus ökophysiologischer Sicht schlüssig”, fasst Henrik Hartmann zusammen.

Die bestehenden europäischen Wälder werden natürlich nicht zwangsläufig verschwinden, aber bei einem Großteil könnten durch gehäuft auftretende Störungen starke Schäden auftreten und durch den Verlust besonders von großen und alten Bäumen wichtige Ökosystemleistungen beeinträchtigt werden.

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Originalpublikation: Emergent vulnerability to climate-driven disturbances in European forests, Giovanni Forzieri, Marco Girardello, Guido Ceccherini, Jonathan Spinoni, Luc Feyen, Henrik Hartmann, Pieter S.A. Beck, Gustau Camps-Valls, Gherado Chirici, Achille Mauri, Alessandro Cescatti Nature Communications 12, 1081 (2021) DOI 10.1038/s41467-021-21399-7

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