Die Homburgerinnen Ulrike Stutz (l.) und Manuela Brengel helfen im Ahrtal mit - Foto: Ulrike Stutz
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Im Sommer schockierte die schwere Unwetterkatastrophe im Ahrtal ganz Deutschland. Einige Monate ist das jetzt her, für viele ist das Ganze längst in Vergessenheit geraten. Nicht so jedoch für zwei Homburgerinnen: Ulrike Stutz und Manuela Brengel fahren regelmäßig in die Eifel, um dort beim Wiederaufbau zu helfen. Was sie zu erzählen haben, ist erschütternd.

Es sind einfache Schuhkartons. Und doch sind es so viel mehr als Behälter für die neuen Treter. Als Solidaritätsbekundung könnte man die rechteckigen Pakete bezeichnen. Oder gar als Hoffnungsschimmer? Das können wohl nur diejenigen beantworten, die diese am letzten Wochenenden in den Händen hielten. Kinder nämlich, die Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal geworden sind.

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Foto: Ulrike Stutz

Für sie sind die Schuhkartons, in denen Freiwillige im Rahmen einer besonderen Aktion Geschenke für die Kleinen verstaut hatten. Übergeben wurde diese in einem wunderschön-weihnachtlich beleuchteten Haus, das zwei Tage lang extra für betroffene Familien hergerichtet worden war. Eine, die ebenfalls Geschenke mitbrachte, stammt aus Homburg und hilft bereits seit Monaten, um das Leid der Menschen in der Eifel etwas zu lindern: Manuela Brengel. In ihrem Bekleidungsgeschäft, Manuelas Modelounge in der Saarbrücker Straße, machte sie fleißig Werbung für die Aktion und brachte viele ihrer Kunden dazu, ebenfalls einen Karton beizusteuern.

Bilder der Spendenaktion für das Ahrtal – Fotos Manuela Brengel/ Facebook

Gemeinsam mit Freundin Ulrike Stutz hat sie sich dem Engagement für das Ahrtal verschrieben. Stutz selbst ist in der Eifel aufgewachsen, alte Schulkameraden zählen zu den Opfern der Tragödie. Deutlich spürbar ist: Das Schicksal lässt beide nicht mehr los. „Wir waren ja schon auf einiges vorbereitet, aber was wir da gesehen und erlebt haben, das ist unfassbar, das siehst du am Fernsehen nicht, das muss man einfach gesehen haben“, berichtet Brengel. „Ich dachte nicht, dass wir in Deutschland sind. Man ist einfach fassungslos.“

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Die Eindrücke, die die beiden schildern, sind tatsächlich kaum zu fassen. Da geht es um klaffende Löcher im Erdboden, wo einmal Häuser standen. Häuser, die von einem Moment auf den anderen einfach weggeschwemmt wurden. Und mit ihnen die Bewohner, für immer verloren in den Fluten. Kaputte Straßen, in der Luft hängende Schienen, fehlende Kanalisation, der Gestank nach Fäkalien – die Liste ließe sich weiterführen. Ein Horror, der sich eher nach einem Kriegsgebiet anhört als nach einer im Normalfall sehr friedlichen Region. „Man hätte einfach weinen können“, fasst Stutz die Gemütslage zusammen, als sie zum ersten Mal nach der Flut in die Eifel reiste.

Foto: Ulrike Stutz

Zuvor hatte sie das Geschehen auf Facebook verfolgt, hatte dabei auch mitbekommen, dass die Hilfe für die Menschen mehr und mehr professionalisiert wurde. So wurden auf private Initiative hin bald Shuttles eingesetzt, um freiwillige Helfer ins Ahrtal zu bringen. „Da haben wir gedacht, dass wir auch dorthin fahren könnten, um zu helfen.“ Harte körperliche Arbeit stand auf dem Programm. Denn zunächst hieß es, die Häuser, die noch halbwegs standen, auszuräumen. „Wir haben zum Beispiel in einem Fachwerkhaus die Wände weggerissen, die Decken abgerissen, Lehm mittels einer Eimerkette aus dem Garten geräumt“, schildert Stutz, die merklich immer noch erschüttert über das Erlebte ist. „Es war alles verschimmelt und vermodert.“

Foto: Ulrike Stutz

In mehreren Gruppen in den sozialen Medien sind Stutz und Brengel aktiv, um sich über die gerade anstehenden Aktion auf dem Laufenden zu halten – und sich auch mit den Besitzern der jeweiligen Grundstücke abzustimmen. Schließlich könne man nicht einfach irgendwo und loslegen, betont Stutz. „Das ist ja privates Gut.“ Privates Gut, das jedoch oft nicht mehr viel Wert ist. Es ist eines der großen Probleme, das zwangsläufig mit einer solchen Katastrophe einhergeht: der finanzielle Schaden für die Menschen ist immens.

Staatliche Hilfe sei nur ganz wenig angekommen sagen die beiden. Stattdessen müssten Kredite aufgenommen werden. Eine zusätzliche Belastung, vor allem wenn man bedenkt, dass viele Familien tatsächlich ganz von vorne anfangen mussten. Das fängt mit den Kleidern an, die die Flut an sich gerissen hat und neu gekauft werden müssen. Oder dem Auto, das mitgerissen wurde und gerade in einer ländlichen Region wie der Eifel überlebensnotwendig ist.

So ist es Brengel und Stutz auch wichtig, mit Geld und Sachspenden zu helfen. Während Stutz kurzerhand ihr altes Auto, einen Volvo V50 , gespendet hat, beteiligt sich ihre Freundin an einer Aktion, bei der man im Monat 5 Euro spendet für einen Haushalt beisteuert, um eine Renovierung des Heims bewerkstelligen zu können. „Diese 5 Euro tun niemanden weh, können in der Summe aber enorm weiterhelfen“.

Foto: Ulrike Stutz

Das wollen die beiden auch weiterhin – beim Streichen und Einrichten der Häuser, die wieder aufgebaut wurden zum Beispiel. Oder indem sie einfach nur zuhören. „Man ist schon auch Seelsorger, wenn man dorthin fährt“, sagt Stutz. Für die Gemütslage der Kinder haben die Geschenk-Schuhkartons am vergangenen Wochenende mit Sicherheit etwas aufgehellt. Vielleicht waren sie gar ein kleiner Hoffnungsschimmer in dieser großen Katastrophe.

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