Auch Friseur und Stylist Serafino Russo muss ab sofort Maske tragen
Anzeige

HOMBURG1: Hallo Serafino, du hast einen Friseurladen im Herzen der Stadt und gehörst zu einer Branche, die noch mehr als andere vom verordneten Shutdown betroffen war und ist. Welche Gefühle kamen in dir hoch als diese Verordnung in Kraft trat?

Anzeige

Serafino Russo: In erster Linie habe ich mir gar nicht so viele Gedanken gemacht, so wie viele von uns und habe es erst gar nicht richtig wahrgenommen. Von heute auf morgen wurde mir dann plötzlich das Arbeiten verboten und natürlich kamen dann direkt die Gedanken, wie es wohl weitergeht. Bis heute sind wir in der Schwebe mit andauernden Veränderungen aber da müssen wir jetzt alle durch. Einer meiner ersten Gedanken als Unternehmer war, was ist jetzt überhaupt noch möglich und nicht, was ist nicht möglich.

HOMBURG1: Was resultierte im letzten Monat für dich als Unternehmer aus der Situation?

Anzeige

Serafino Russo: Ich habe mir die ersten zwei Wochen wirklich schwer getan. Es ging ja wirklich von Hundert auf Null aber dann habe ich mich damit abgefunden. Ich hatte viel Zeit nachzudenken und man kann dadurch auch sehr kreativ werden. In der Zeit habe ich über neue Konzepte nachgedacht aber auch darüber was ich so in den letzten 20 Jahren als Unternehmer alles gemacht habe. Diese Situation wird mich nicht umhauen, dafür bin ich viel zu ehrgeizig und die Leidenschaft für meinen Beruf wird auch nie vergehen – auch nicht durch die Coronakrise.

HOMBURG1: Der Staat und das Land haben mit Hilfen und Kreditmöglichkeiten reagiert um Branchenübergreifend zu helfen. Wie stehst du zu diesen Möglichkeiten und wie hast du sie nutzen können.

Serafino Russo: Natürlich habe ich wie wohl die meisten Unternehmer sehr schnell die in Aussicht gestellten Dinge beantragt. Bekommen habe ich noch nichts, nur meine Hausbank hat mich abseits davon in dieser schweren Zeit unterstützt. Wer gut gewirtschaftet hat, musste ja erst einmal sein eigenes Kapital miteinbringen. Nur die, die in den letzten Monaten schlechter gewirtschafttet haben, wurden prompt unterstützt. Ich finde das alles nicht gut, ich finde diese Hilfen hätten jedem Unternehmer gleichermaßen zugestanden – egal ob er Rücklagen hat oder nicht.

HOMBURG1: Läden mit unter 800qm Fläche dürfen seit einigen Tagen nun wieder öffnen. Auch für euch Friseure gehen die Türen bald wieder auf, allerdings unter hohen Hygienevoraussetzungen. Das ist eine tolle Nachricht oder?

Serafino Russo: Ja, ab dem 04.Mai geht es bei uns Friseuren wieder los. Wir dürfen dann wieder öffnen und sind sehr froh, dass es dafür jetzt auch ein Hygienekonzept gibt, an das wir uns natürlich streng halten werden wenn der Fall eintritt. Wir arbeiten eigentlich grundsätzlich zu 90% von hinten über den Spiegel, der Abstand ist nicht da aber wir sind auch nie Gesicht zu Gesicht am Kunden. Hätte man diese Konzept schon früher gehabt, hätte unsere Branche auch früher aufmachen können.

HOMBURG1: Du bist natürlich gut vernetzt, auch deutschlandweit. Wie ist die Stimmung in der Friseurbranche?

Serafino Russo: Das ist richtig. Ich bin sowohl national als auch international sehr gut vernetzt. Wer die Branche kennt, weiß, dass wir alle sehr kreative und einfallsreiche Menschen sind. Ich habe mich in der letzten Zeit mit vielen über Social Media ausgetauscht. Der Tenor ist, dass sich die Branche nach der Krise besser denn je präsentieren wird. Unser Image ist durch die vermehrte Medienpräsenz enorm gestiegen. Ich hoffe einfach, dass die Menschen nach der Krise eine höhere Wertschätzung für unsere Dienstleitungen entwickeln. Dazu gehört an vorderster Front ein fairer Preis um faire Mitarbeiterlöhne zu zahlen. Aber auch die Bildung von Rücklagen in unserer Branche ist spätestens jetzt ein Thema, genau wie Sauberkeit und Hygiene. Immer billiger und schneller funktioniert einfach nicht.

HOMBURG1: Wie bereitest du dich auf eine möglichst baldige Öffnung deines Salons vor? Gibt es klare Regeln eines Hygienkonzepts (Link zum Pandemie-Arbeitsschutzstandard der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) ?

Serafino Russo: Ich selbst bin seit über 14 Tagen aktiv in der Vorbereitung der Ladenöffnung. Wir haben den Salon komplett reinigen lassen. Für unsere Kunden liegen jetzt Handschuhe und Desinfektionsmittel bereit. Wir benutzen ab sofort Einweg-Umhänge, unser Servicebereich mit Getränken fällt erst einmal weg. Natürlich haben wir im Friseurbereich schon immer hohe Hygienestandards aber gerade jetzt ist es wichtig hier noch intensiver zu handeln – das sind wir unseren Mitarbeitern und Kunden schuldig. Unsere Kunden werden außerdem mit Masken ausgestattet, die ich gekauft habe und auch unsere Mitarbeiter tragen immer die empfohlenen Mund-Nase-Bedeckung, das ist ab sofort selbstverständlich und gehört eben jetzt dazu. Nur wer einen Termin hat, kommt auch bei uns in den Laden, auch auf eine Maximalanzahl auf die Fläche gerechnet, wird geachtet. Trockenhaarschnitte sind nicht mehr erlaubt, jede Kundin und jedem Kunden werden vor dem Schnitt die Haare gewaschen. Außerdem behalten wir uns vor, Menschen mit deutlichen Krankheitssymptomen den Zutritt zum Salon zu verweigern. Es wird eine andere Art zu arbeiten, aber wir setzen die neuen Regeln knallhart bis ins Detail um und freuen uns einfach unheimlich endlich wieder am Cut zu sein.

Einmalkittel, Masken und Desinfektionsmittel wurden angeschafft um alle Hygienvorschriften genau zu erfüllen

HOMBURG1: Das neue Hygienekonzept sieht auch eine mögliche Nachverfolgung vor, wie funktioniert das genau?

Serafino Russo: Genau, denn das ist dann ab sofort auch Pflicht. Es geht darum, dass bei eventuellen Infektionen die Kette nachverfolgt werden kann. Wer dieses Dokument nicht unterschreiben möchte, darf auch nicht bedient werden. Das ist sehr wichtig für einen Friseurbesuch bei uns zu wissen. Keine Unterschrift, keine Dienstleistung.

Grafik: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

HOMBURG1: Als Unternehmer musst du jetzt zusätzlich unter harten Bedingungen investieren, wie macht sich das gegenüber den Kunden künftig bemerkbar?

Serafino Russo: Die allgemeine Haltung unter den Friseuren ist, dass man die alten Preise künftig so nicht mehr halten kann. Eine Frage ist nun, wie jeder Friseur mit diesem Thema umgeht. Bringt man es den Kunden langsam bei, setzt man es direkt um oder wartet noch ab? Ich selbst werde meine Preisliste direkt ab dem 04.Mai neu kalkulieren. Wir werden auf dem Kopf der Kunden künftig mehr Arbeit haben, unser Aufwand wird größer, wir mussten zu unseren Umsatzeinbußen zusätzlich in die Hygiene investieren, das wird sich im Endpreis wiederspiegeln müssen. Zeit ist auch Geld und wir müssen mehr Zeit in die Umsetzung der Maßnahmen investieren. Jeder Platz muss nach einem Schnitt komplett desinfiziert werden, alle Werkzeuge müssen desinfiziert werden, das macht sich bemerkbar. Man muss die Gründe gegenüber den Kunden einfach offen kommunizieren. Sicherheit geht nunmal vor. Bei uns sind die Kunden wie eh und je sehr gut aufgehoben.

HOMBURG1: Covid-19 und die Folgen auf die Wirtschaft – wie schätzt du diese ein?

Serafino Russo: Ich bin der Meinung, dass es insgesamt sehr große Folgen haben wird. Ich habe mit einigen Unternehmerfreunden aus ganz Deutschland gesprochen, die schon jetzt kapitulieren mussten und wir sind hier noch lange nicht am Ende. In einigen Monaten sind wir schlauer und werden sehen, wieviele sich über Wasser halten konnten und wer die Krise leider nicht unternehmerisch überlebt hat.

HOMBURG1: Du verlierst nicht deine gute Laune oder?

Serafino Russo: Ich bin froh und glücklich, dass ich leben darf und dass meine Familie, meine Frau und meine Kinder gesund sind. Ich kann viel verkraften und kann wie in den letzten Wochen mit sehr wenig leben wenn das Wichtigste an meiner Seite ist. Ich sage immer: Seid zufrieden, sei du selbst.

HOMBURG1: Vielen Dank für deine Zeit und bleib gesund.

Serafino Russo: Auch ich bedanke mich recht herzlich und bleibt gesund.

Das Interview führte Stephan Bonaventura.

Anzeige

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein