Gesundheitsdaten haben das Potenzial, die medizinische Forschung weit voranzubringen und die Patientenversorgung zu verbessern. Dafür müssen Forschungshindernisse, wie etwa fehlende gemeinsame Datenstandards, beseitigt und zugleich ein wirksamer Schutz der informationellen Selbstbestimmung sowie der Privatsphäre der Datengebenden sichergestellt sein.
Das betont die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (ZEKO) in ihrer aktuellen Stellungnahme „Bereitstellung und Nutzung von Behandlungsdaten zu Forschungszwecken“. Das Papier soll einen Überblick über die Chancen und Risiken der Nutzung von Gesundheitsdaten geben und wichtige Impulse für die anstehenden Gesetzesvorhaben in diesem Bereich setzen.
„Die mit der Datenverarbeitung verbundenen Chancen und Risiken müssen mit sinnvollen Schutzmaßnahmen austariert werden“, betont Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich der Veröffentlichung der ZEKO-Stellungnahme. Mit großer Spannung werde daher von der Ärzteschaft der von der Regierungskoalition angekündigte Entwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes erwartet. Der Erfolg einer auf Behandlungsdaten basierenden Forschung hänge aber auch vom Umgang der Ärzte mit ihrer neuen Rolle bei der Datenweitergabe ab. „Ihnen wird künftig die Aufgabe zukommen, ihre Patienten über die Nutzung der Daten zu Forschungszwecken aufzuklären und ihre Behandlung nach entsprechenden digitalen Formaten zu dokumentieren“, so Reinhardt.
Fehlentwicklungen bei der Nutzung von Behandlungsdaten zu Forschungszwecken können aus Sicht der ZEKO entstehen, wenn die erhöhten Dokumentationsbedürfnisse zu Lasten der Patientenversorgung gehen. „Schon heute ist absehbar, dass an die medizinische Dokumentation von Behandlungsprozessen neue Anforderungen gestellt werden, damit diese angemessen informationstechnisch erfasst und für die Forschung gewinnbringend genutzt werden können“, erläutert der Vorsitzende der Zentralen Ethikkommission Prof. Dr. Jochen Taupitz.
„Behandlungsdaten sind in der Regel nicht einfach vorhanden und müssen lediglich zusammengeführt werden. Um sie tatsächlich nutzen zu können, müssen sie standardisiert erhoben werden“, erklärt die Federführende der zuständigen ZEKO-Arbeitsgruppe Prof. Dr. Ingrid Schneider. Mit Blick auf das Arzt-Patienten-Verhältnis berge die Datennutzung zudem das Risiko, dass sich die Aufmerksamkeit auf die Daten verlagere und zulasten von Zeit und Zuwendung für die Patienten gehe.
In vielen Bereichen sei medizinische Forschung auf Gesundheitsdaten angewiesen, die direkt in den Lebenswelten der Patienten erhoben werden und nicht ausschließlich aus klinischen Laboren und Kliniken stammen. „Wir brauchen solche Daten um Therapien erfolgreich entwickeln und lebensnah verbessern zu können“, bekräftigt Prof. Dr. Dirk Lanzerath, zweiter Federführender der zuständigen ZEKO-Arbeitsgruppe. Zugleich bestehe die Gefahr, dass die Daten in falsche Hände gerieten und diskriminierende und stigmatisierende Wirkungen erzeugten.
Als Maßgabe für die Nutzung von Behandlungsdaten zu Forschungszwecken müsse aus Sicht der ZEKO deshalb gelten: Je weniger Kenntnisse und Einflussmöglichkeiten die Menschen über die Nutzung ihrer Daten hätten, desto stärker müsse der Gesetzgeber eine auf die Datenverwendung gerichtete Daten-Governance etablieren. Dafür seien „geeignete Transparenz-, Aufsichts- und Rechenschaftsstrukturen zu schaffen, die die Datensicherheit, die Einhaltung ethischer Standards und die Wahrung der Grundrechte von Patienten beim Datenhandling, der Verarbeitung und dem Datenzugang“ gewährleisten, so die ZEKO.
Stellungnahme „Bereitstellung und Nutzung von Behandlungsdaten zu Forschungszwecken“