Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums haben gemeinsam mit Lehrer Matthias Pöhler (2. v. r.) eine App kreiert, die sich mit der jüdischen Geschichte in Homburg auseinandersetzt. Bild: Bill Titze
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Von Jahr zu Jahr werden es weniger – die Zeitzeugen, die die NS-Zeit noch bewusst erlebt haben, nimmt unaufhaltsam ab. Da stellt sich die Frage, wie sich die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte wachhalten lässt. Diese hat eine Schülergruppe des Homburger Saarpfalz-Gymnasiums nun auf eine moderne Art und Weise beantwortet.

Apps bestimmen mittlerweile den Alltag weiter Teile der Bevölkerung. Ob als Wecker am Morgen, oder zur Begleitung beim Sport: Die mehr oder weniger hilfreichen Werkzeuge auf den Smartphones haben sich immer mehr in unser Leben geschlichen und werden daraus auch so schnell nicht mehr verschwinden. Doch wieso sollte man diese Omnipräsenz nicht nutzen, um Wissen zu vermitteln?

Das dachten sich Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums und haben eine App ins Leben gerufen, die Erinnerungsorte in Homburg mittels eines Stadtrundgangs vorzustellen. Seit einige Tagen ist die App nun online und kann heruntergeladen werden. Die Nutzer erfahren dabei viel Wissenswertes über die jüdische Geschichte in Homburg. „Regionalgeschichte ist ein wichtiges Thema, mit dem sich die Schüler viel zu wenig beschäftigen“, erklärt Geschichtslehrer Matthias Pöhler, der das Projekt im Rahmen des Seminarfachs angestoßen hat. „Wir haben uns die Frage gestellt, wie sich zukünftige Generationen an die Vergangenheit erinnern, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt.“

Der Jüdische Friedhof ist die erste Station bei dem Stadtrundgang. Bild; Bill Titze

Und die Antwort lautete, wie so oft in diesen Tagen: durch digitale Inhalte. Mit Sicherheit kein verkehrter Weg, schließlich ist es nicht zuletzt die junge Generation, die diese Inhalte nutzt. Zu dieser Generation gehören natürlich auch die 20 Schüler der Klassenstufe 11, die über mehrere Monate Informationen und Bildmaterial zusammengetragen haben, um den Nutzer interessante Informationen an die Hand zu geben.

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Mit dabei war auch Fynn Jödden, der im HOMBURG1-Gespräch die Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv lobt. „Dort wurden uns alle Möglichkeiten gegeben, um zu recherchieren. Ganz besonders interessant war die Arbeit mit Originalquellen aus dem Archiv, mit denen man ja auch nicht alle Tage arbeiten kann.“ Archiv, Quellen, Recherche? Wenn man ehrlich ist, sind das im Normalfall nicht gerade die Stichworte, bei denen Schüler laut Hurra! Schreien. So auch zunächst im Seminarfach, wie Schülerin Katharina Naumann einräumt. „Zu Beginn war das Interesse noch nicht so groß. Aber das ist dann immer mehr geworden, weil es einfach spannend ist, sich mit der Geschichte der eigenen Region auseinanderzusetzen.“

Schüler Fynn Jödden stellte im Stadtarchiv Homburg einige Aspekte der App vor. Bild: Bill Titze

Ergebnis der Mühen ist ein abwechslungsreicher Rundgang durch unsere Stadt. Da kommt man an durchaus bekannten Sehenswürdigkeiten wie der Synagoge oder dem Jüdischen Friedhof vorbei. Aber es werden auch Orte vorgestellt, die auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt mit jüdischem Leben in Verbindung gebracht werden. So dürften nicht mehr allzu viele wissen, dass im heutigen Salvia-Gewerbepark in Erbach einst ein Polizeihaftlager bestand. Vermittelt wird solches Wissen in Text und Bild, aber auch mit kleinen Audiobeiträgen, die das Ganze auflockern. Dazu dient auch ein kleines Quiz zum Jüdischen Friedhof.

Das Projekt ist also nicht nur in der Form „modern“, sondern auch die Vermittlung der Inhalte selbst ist zeitgemäß. Dass das nicht ganz ohne Hilfe vonstatten gehen konnte, scheint da selbstverständlich. So wurden alle Aspekte, die mit der Programmierung der App zusammenhingen., von einer saarländischen IT-Firma übernommen. Aufgebaut werden konnte dabei auf einer ähnlichen App, die bereits für die Landeshauptstadt Saarbrücken existiert. „Das auch noch selbst zu machen, hätte den Rahmen des Seminarfachs einfach gesprengt“, erklärt Geschichtslehrer Pöhler.

Auch so haben die Schüler viel Arbeit in das Projekt investiert. Ob dadurch tatsächlich ein „aktives Gedenken in einer Zeit ohne Zeitzeugen“ ermöglicht werden kann, wie es sich Schülerin Katharina Naumann wünscht, wird sich noch zeigen müssen. Besser als die Hände in den Schoß zu legen, scheint eine solche App jedoch allemal.

Wer sich für App interessiert: Unter “Orte der Erinnerung” ist sie im App-Store zu finden.

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