Die Arbeitskammer fordert, die „Verordnung zu Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz infolge der Covid -19-Epidemie“ vom 7. April sofort auszusetzen. „Die sehr weitgehenden Maßnahmen belasten die Beschäftigten stark und sind durch die gegenwärtige Situation nicht mehr gerechtfertigt“, sagt Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer des Saarlandes.
Die Verordnung ermöglicht, bestehende Arbeitsschutzvorschriften des Arbeitszeitgesetzes bezüglich Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten sowie Beschäftigungsverbote an Sonn- und Feiertagen – bis zum 30. Juni 2020 befristet – auszusetzen. Das gilt für bestimmte Tätigkeiten unter anderem bei Produktion und Transport von Waren des täglichen Bedarfs und Arzneien, in Gesundheitsdiensten, bei Behörden und Energieversorgern.
Demnach dürfen Arbeitgeber die täglichen Höchstarbeitszeitgrenzen von 10 auf 12 Stunden verlängern, die Ruhezeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn von 11 auf 9 Stunden verkürzen, die wöchentliche Arbeitszeit in Ausnahmen auf über 60 Stunden verlängern und die Regelungen zur Begrenzung von Sonn- und Feiertagsarbeit aussetzen.
Gerechtfertigt wurde die Verordnung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie damit, dass die öffentliche Sicherheit, das Gesundheitswesen, die Daseinsvorsorge und die Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern aufrechterhalten werden muss.
„Von so einem Krisenszenario sind wir aber weit entfernt. Warum zum Beispiel die Beschäftigten in der Lebensmittelproduktion und im Verkauf oder in der Pflege derzeit länger arbeiten sollen, obwohl keine Versorgungsengpässe bestehen, ist nicht nachvollziehbar. Damit besteht die Gefahr, dass mit dem Hinweis auf die Ausnahmeverordnung Arbeitgeber ihren Beschäftigten ungerechtfertigt Mehrarbeit abverlangen und Arbeitszeiten flexibilisieren. Dies widerspricht der notwendigen Aufwertung systemrelevanter Berufe unter Berücksichtigung geltender Arbeitsschutzvorschriften“, betont Zeiger.