Symbolbild

Soll Cannabis zu medizinischen Zwecken legalisiert werden oder bleibt es eine illegale Droge? Dies wird seit Jahren in vielen Ländern diskutiert ‒ und ist doch schon wesentlich länger Streitpunkt als gedacht: Bereits im Mexiko des 18. Jahrhunderts warb der Priester und Wissenschaftler José Antonio Alzate y Ramírez für die heilende Wirkung der umstrittenen Pflanze – und legte sich dabei mit der spanischen Kolonialmacht und der Inquisition an.

In einem Zeitungsartikel von 1772 verteidigte Alzate Cannabis, das er unter dem Namen „Pipiltzintzintlis“ aus eigenen Anbau kannte: Er schrieb ihm einen wertvollen medizinischen Nutzen für die Behandlung von Husten, Gelbsucht, Tinnitus, Tumoren, Depressionen und vielem mehr zu. Zudem hielt er die Hanfpflanze für einen hervorragenden Rohstoff zur Herstellung von Seilen für Segelschiffe. Die Spanische Inquisition betrachtete das Halluzinogen hingegen als ein Mittel, um mit dem Teufel in Verbindung zu treten und hatte es daher verboten ‒ genauso wie viele andere psychoaktive Pflanzen oder Verhaltensweisen, die christlichen Grundsätzen angeblich widersprachen.

José Antonio Alzate y Ramírez (1737 – 1799) hatte eine Mission: er wollte der mexikanischen Öffentlichkeit wissenschaftliche und vor allem naturkundliche Erkenntnisse näher bringen. Im Laufe seines Lebens war er Herausgeber vier verschiedener Zeitungen, Mitglied des königlichen botanischen Gartens in Madrid und korrespondierendes Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften.

Alzates Belege zum Nutzen von medizinischem Cannabiskonsum reichen von eigenen Erfahrungen, über Berichte von Ureinwohnern und Matrosen bis hin zu medizinischen Enzyklopädien. „Das Spannende ist dabei vor allem die Bandbreite der Quellen des 18. Jahrhunderts, die den medizinischen Marihuanakonsum unterstützten“, sagt Laura Dierksmeier. Alzate nenne hier bekannte Wissenschaftler der damaligen Zeit, wie den Naturforscher Jacques-Christophe Valmont de Bomare, den Mediziner Michael Etmüller, den Arzt und Mitbegründer der Wissenschaftsakademie „Royal Society of London“ Thomas Willis sowie die Ärzte Guy-Crescent Fagon und Engelbert Kämpfer.

Die Historikerin untersuchte außerdem weitere Quellen aus dieser Zeit, die von dem mexikanischen Forscher nicht zitiert wurden, weil er keinen Zugang dazu hatte, oder die Sprache nicht beherrschte. So zum Beispiel den Mediziner und Botaniker Jacobus Tabernaemontanus, der in seinem „Neuw Kreuterbuch“ von 1588 Frauen zur Benutzung von Cannabis rät, um Unterleibsschmerzen zu lindern, oder auch den ersten bekannten englisch-sprachigen Fürsprecher Richard Hooke.

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