Um die winzigen Ohrbewegungen näher zu charakterisieren, wurden zusätzlich spezielle, hochauflösende Videoaufzeichnungen der Versuchspersonen während der Experimente gemacht. Anschließend wurden die subtilen Ohrbewegungen per Computer in den Videos vergrößert und damit sichtbar gemacht. Je nach Art des Reizes gelang es den Wissenschaftlern auf diese Weise, unterschiedliche Aufwärtsbewegungen des Ohres sowie unterschiedlich starke Rückwärtsbewegungen der Seitenkante der Ohrmuschel zu beobachten.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es mit dem Elektromyogramm der Ohrmuskeln eine einfache Methode zur Erfassung der auditorischen Aufmerksamkeit gibt. Sie kann nicht nur in der Grundlagenforschung eingesetzt werden, sondern es ergeben sich auch interessante Anwendungen“, erklärt Prof. Daniel Strauss. Eine dringend benötigte praktische Anwendung sei beispielsweise die Entwicklung besserer Hörgeräte: „Diese könnten die Geräusche, die der Träger zu hören versucht, verstärken, während sie die Geräusche, die er zu ignorieren versucht, unterdrücken. Damit würde die Funktion der Geräte quasi der Hörintention des Nutzers folgen.“ Ein solches Hörgerät könnte die elektrische Aktivität der Ohrmuskeln blitzschnell erfassen und deuten. Ein Miniatur-Bordcomputer könnte die Richtung abschätzen, in die sich die Ohren zu orientieren versuchen, und die Verstärkung der Richtmikrofone entsprechend anpassen.

Die Studie wurde von Forschern und Forscherinnen der „Systems Neuroscience & Neurotechnology Unit“ (SNNU) erstellt, die sowohl zur Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes als auch zur Ingenieurwissenschaftlichen Fakultät der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes gehört. Externe Kooperationspartner sind Dr. Ronny Hannemann von der Hörgerätefirma Sivantos GmbH sowie der Psychologe Prof. Dr. Steven A. Hackley von der University of Missouri-Columbia, der im Jahr 2015 die Existenz dieses rudimentären Systems zur Ohrenausrichtung beim Menschen postulierte.

Originalpublikation: Daniel J. Strauss, Farah I. Corona-Strauss, Andreas Schroeer, Philipp Flotho, Ronny Hannemann, Steven A. Hackley: “Vestigial auriculomotor activity indicates the direction of auditory attention in humans”. DOI: 10.7554/eLife.54536 elifesciences.org Die interinstitutionelle „Systems Neuroscience & Neurotechnology Unit“ (SNNU) leitet derzeit eine Vielzahl von nationalen und internationalen Forschungsprojekten im Grenzbereich von Neurowissenschaft und Technik. Die Anwendungsfelder reichen von der Medizin bis zur Optimierung der Mensch-Technik-Interaktion.

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