„Der Ministerrat des Saarlandes hat vor den Herbstferien eine Bilanz der ersten Feuille de Route zur Frankreichstrategie gezogen und die nächste Etappe zur Umsetzung der Frankreichstrategie (Feuille de Route II) für die Jahre 2017 bis 2019 beschlossen“, teilte Europaminister Stephan Toscani in einer Pressekonferenz am Dienstag (18.10.2016) mit.
„Die neue Feuille de Route für die weitere Umsetzung der Frankreichstrategie greift neue Themengebiete auf und zielt darauf ab, die guten Erfahrungen und Ergebnisse bei der Umsetzung für die Jahre 2015 und 2016 zu sichern und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus geht es um Fortsetzung und Intensivierung der Angebote grenzüberschreitender Ausbildung, um die individuelle Mobilität, aber auch darum, die so wichtige interkulturelle Kompetenz bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen weiter zu entwickeln“, so Stephan Toscani weiter.
Ein konkretes Beispiel ist das Projekt Triprimar: Auf der Basis des zum Wintersemester 2015/2016 eingerichteten Studiengangs „Primarstufe“ mit Schwerpunktfach Französisch soll bis zum Wintersemester 2018/2019 ein trinationaler bilingualer Studiengang eingeführt werden. Mit diesem Studiengang sollen die Studierenden die Lehrbefähigung nicht nur für deutsche Grundschulen, sondern auch für Grundschulen in Luxemburg und Lothringen erwerben.
Neu in der Feuille de Route ist das Thema Sport: Sport ist seit jeher Bindeglied und verbindendes Element von Menschen und Gesellschaften. Viele Sportvereine im Saarland pflegen bereits grenzüberschreitende Kontakte. Fast in allen Sportarten kann der Landessportverband auf solche Begegnungen verweisen. Der Landessportverband ist ein überzeugter Partner der Frankreichstrategie. So wird der Landessportverband gemeinsam mit der Landesregierung eine Strategie entwickeln, mit dem Ziel, für Ehrenamtliche in den Vereinen ein Angebot zur Begleitung grenzüberschreitender Kontakte anzubieten.
Vor wenigen Tagen wurde die Zusammenarbeit im Bereich Justiz mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Kooperationsvereinbarung mit der Pariser Rechtsanwaltskammer besiegelt. Sie dient dem Austausch von Referendaren und Anwaltanwärtern. Angehende Anwälte sollen das Rechtssystem des Nachbarlandes besser kennenlernen, um bei Rechtsfällen die Wege und Arbeitsweisen im anderen Land zu kennen. Des Weiteren wurde ein Kooperationsabkommen der saarländischen mit der Pariser Rechtsanwaltskammer unterzeichnet. Das Abkommen ermöglicht die Fortbildung von Juristen im jeweils anderen Land.
In der Kulturpolitik des Saarlandes hat die deutsch-französische Zusammenarbeit seit jeher einen besonderen Stellenwert. Das 40jährige Jubiläum des Festivals PERSPECTIVES im Jahr 2017 ist ebenso ein Beleg wie die Vielzahl von Projekten, die auf einer intensiven Zusammenarbeit mit Frankreich basieren. Die 2015 unterzeichnete Zielvereinbarung zur Kooperation im Bereich der kulturellen Bildung erleichtert jungen Menschen im Saarland und in Lothringen den Zugang zu Kunst und Kultur und gibt sowohl den Kulturakteuren als auch den Schulen einen dauerhaften Rahmen für die vielfältigen, grenzüberschreitenden Austauschprojekte. Die bestehenden Kooperationen treiben wir weiter voran, um einen dauerhaften Rahmen für die Zusammenarbeit lothringischer und saarländischer Akteure aus den Bereichen Kultur und Bildung zu etablieren.
Auch im Bereich des Umweltschutzes soll die Zusammenarbeit mit den französischen Behörden weiter ausgebaut und gestärkt werden. Im Rahmen des Umweltmonitoringprogramms 2016/17 ist eine enge Kooperation mit den französischen Messstellen vorgesehen, um zum Beispiel grenzüberschreitende Schadstoffermittlungen zu ermöglichen.
„Die Umsetzung der Frankreichstrategie ist nicht allein eine Aufgabe der Landesregierung, sondern auch von vielen Akteuren aus Wirtschaft, Hochschulen und Zivilgesellschaft. Deshalb soll nach dem Erfolg im vergangenen Jahr ein zweiter „Runder Tisch Frankreichstrategie“ einberufen werden, in dessen Rahmen die „Partner der Frankreichstrategie“ ihre Beiträge vorstellen und in die Frankreichstrategie einbringen können“, kündigte Stephan Toscani weiter an.
Stephan Toscani würdigte die Erfolge der ersten Feuille de Route, die die Umsetzung der Frankreichstrategie für die Jahre 2015 und 2016 festlegte: „Mit dieser ersten Etappe sind wir sehr zufrieden. Beispielhaft sind hier zu nennen:
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die Eröffnung des deutsch-französischen Berufsschulzweigs Automobil am Berufsbildungszentrum St. Ingbert,
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der Start der bundesweit einmaligen Ausbildung der Grundschullehrkräfte mit verbindlichem Schwerpunktfach Französisch an der Universität des Saarlandes,
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die Eröffnung des Büros des Saarlandes in Paris,
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die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners für französische Unternehmen/Unternehmensgründungen im Saarland,
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der Start der grenzüberschreitenden Ausbildung zwischen dem Saarland und Lothringen,
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die Tätigkeit der Fachstelle zur Vermittlung grenzüberschreitender Praktika (VAUS)
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die Intensivierung der Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen mit französischen Regionen wie dem Elsass, dem Burgund und der Normandie als Ergebnis der Delegationsreisen der Landesregierung gemeinsam mit Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern in die entsprechenden Regionen
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der Auftritt des Saarlandes als europäische Referenzregion in Brüssel gemeinsam mit der Region Elsass, inzwischen Grand Est.
All dies hat zum erfolgreichen Start unserer Frankreichstrategie beigetragen.“
Stephan Toscani: „Den Nachbarn zu verstehen bedeutet, sich mit dem Nachbarn austauschen und verständigen zu können, dafür sind Sprachkenntnisse nötig. Das Saarland ist schon jetzt das Bundesland mit der höchsten Französischlernerquote in Deutschland.“
Bereits die Bilanz der Feuille de Route I für die Jahre 2015/16 zeigt hier bedeutende Fortschritte im Bereich Sprache, wie bspw.:
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Ein Plus von 10 bilingualen Kitas seit 2015. Aktuell haben rund 200 von 460 saarländischen Kitas ein zweisprachiges Konzept
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Bisher haben 46 Kindertageseinrichtungen im Saarland die Auszeichnung mit dem Label “Deutsch-französisches Netzwerk Écoles Maternelles bilingues – Elysée 2020 – Zweisprachige Kindertageseinrichtungen” erhalten. Das bedeutet ein Plus von 19 Elysée Kitas.
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Die Ausstattung weiterer Grundschulen mit bilingualen Angeboten: An 47 (zuvor 42) der insgesamt 162 Grundschulen erfolgt Französischunterricht bereits ab Klassenstufe 1. Davon bietet eine Grundschule mit gebundenem bilingualem Ganztagszweig (ab Schuljahr 2016/17) Französisch ab Klassenstufe 1 an.
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Im Schuljahr 2014/2015 legten 1765 saarländische Grundschülerinnen und -schüler (bundesweit waren dies im vergangenen Schuljahr insgesamt 2018 Schülerinnen und Schüler, d.h. das SL stellt hiervon 87,5 %) die DELF Prim A1.1-Zertifikatsprüfung des französischen Staates ab. Im gleichen Schuljahr erwarben insgesamt 2504 saarländische Schülerinnen und Schüler in Klassenstufe 6 der Gemeinschaftsschule (im Vergleich zur Pilotierungsphase im Schuljahr 2013/2014 bedeutet dies ein Plus von 1454 Schülerinnen und Schülern) die von der IHK und dem Ministerium für Bildung und Kultur gemeinsam entwickelte Kompetenzbescheinigung für Französisch in mindestens einem der getesteten Kompetenzbereiche (Hörverstehen und mündliche Sprachproduktion). 1762 davon erwarben o.g. Bescheinigung in beiden Kompetenzbereichen (Sprechen und Hören).
„Unser großes Ziel ist, das erste mehrsprachige Bundesland der Bundesrepublik zu werden. So können wir unsere Rolle als Brücke zwischen Deutschland und Frankreich festigen und weiter ausbauen. Die Frankreichstrategie ist keine Französischstrategie, sondern eine Mehrsprachigkeitsstrategie. Es geht darum, dass unsere Jugendlichen neben der Weltsprache Englisch zusätzlich Französisch lernen, getreu dem Motto ‚Mehr Sprachen, mehr Chancen‘“, so Stephan Toscani.
Auf Einladung der saarländischen Ministerpräsidentin werden sich die Bundesländer (Saarland, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg), die eine gemeinsame Grenze mit der Region Grand Est haben, im Januar erstmals zu einer „Frankreich-Konferenz“ in Saarbrücken treffen.
Die gesamte Feuille de Route 2017-2019 steht unter www.saarland.de auf Deutsch, Französisch und Englisch zum Download bereit.
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