“Die Koalitionspartner vermitteln bei der Arbeit an der Frankreichstrategie eher ein Bild von Konkurrenz als von Kooperation. Das SPD-Projekt der Einführung von herkunftssprachlichem Ergänzungsunterricht unter staatlicher Aufsicht war ein wichtiger und richtiger Schritt. Eine gerechte, vorurteilsfreie Mehrsprachigkeitspolitik bei gleichzeitiger Förderung des Französischen sollte ein sozialdemokratisches Anliegen sein. Hierbei ist Unterstützung aus den CDU-geführten Häusern nötig: Dass für die Bereitstellung der nötigen Ressourcen das Finanz- und das Europaministerium in einer Hand liegen, ist ein ungenutzter Vorteil. Europaminister Strobel bleibt seit Amtsantritt im Bereich der Frankreichstrategie praktisch unsichtbar.

Die Studie der Freien Universität Berlin im Jahr 2017 hatte gezeigt, dass die Menschen im Saarland sich mehr Beteiligung an der Gestaltung der Frankreichstrategie wünschen. Die Landesregierung hatte daraufhin angekündigt, stärker den Dialog zu suchen.

Das Gegenteil ist eingetreten. Einzelne Veranstaltungen, zumeist auf Initiative von Verbänden, Wirtschaft oder Wissenschaft, weckten vor allem Interesse beim fachnahen Publikum. Eine breite gesellschaftliche Debatte über einzelne, konkrete Vorhaben im Rahmen der Frankreichstrategie bleibt weiterhin aus. Soweit neue Ideen entstehen, werden diese kaum in der Breite kommuniziert oder diskutiert.

Um den Kontakt zu erleichtern, muss die Landesregierung als ersten Schritt rasch ein Internetportal aufbauen, auf dem Informationen zur Frankreichstrategie abgerufen werden können. Es gibt noch immer keine gefestigte Plattform, auf der Verbesserungsvorschläge oder Kritik eingebracht werden können und auf der man aktuelle Entwicklungen der Strategie verfolgen kann.”

Hintergrundinformationen

Dr. Philipp Krämer ist Sprachwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und Mitglied im Vorstand des Interdisziplinären Zentrums Europäische Sprachen. Er stammt aus Homburg/Saar und studierte an der FU Berlin und am Institut d’Études Politiques in Straßburg französische Sprach- und Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft und Europarecht.

Er promovierte in französischer Sprachwissenschaft und beschäftigt sich in seiner Forschung u.a. mit Sprachpolitik und Mehrsprachigkeit, Spracheinstellungen und der sozialen Bedeutung von Sprachen etwa im Rahmen von Migration oder Kolonialismus. Er lehrt zudem niederländische Sprachwissenschaft und untersucht Kontaktsituationen in Grenzgebieten germanischer und romanischer Sprachen. Regionale Schwerpunkte sind der Raum Saar-Lor-Lux und die Benelux-Region, aber auch französische Überseegebiete.

Mehr Informationen: frankreichstrategie.weebly.com

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