Seite 1: Vorgeschichte
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2. Ergebnisse der Frankreichstrategie 

2.1. Resonanz 

Die Frankreichstrategie des Saarlandes traf sowohl bei den französischen Nachbarn als auch bei den politischen Entscheidungsträgern in Berlin, Brüssel und darüber hinaus auf außerordentlich positive Resonanz. Das Saarland gewann zunehmend in seiner auf Frankreich orientierten Rolle und Kompetenz an Sichtbarkeit. Die Frankreichstrategie fand auf vielfältige Art und Weise überregional und international Anerkennung. Sie hat den Blick der nationalen Regierungen als auch der Länder und Regionen und der europäischen Ebene für dieses besondere Merkmal des Saarlandes gerichtet. 

Durch die Frankreichstrategie entwickelte sich das Saarland aus Sicht der EU- Kommission zu einer europäischen Referenzregion, die durch komplementäre grenznachbarschaftliche Entwicklungsstrategien, wie z.B. die Deutschlandstrategie der Départements Meurthe-et-Moselle und Moselle, erweitert wurde. Im Jahr 2017 wurde die Frankreichstrategie von der Europäische Kommission im Rahmen von deren Mitteilung „Stärkung und Wachstum und Zusammenhalt in den EU- Grenzregionen“ als „best practice“-Beispiel zur Förderung der Mehrsprachigkeit der Grenzregionen bezeichnet. 

2.2. Schwerpunkte und Ergebnisse 

Europaminister Peter Strobel erläuterte mit Blick auf die schon erreichten Ziele: „Die Frankreichstrategie ist inzwischen zu einem Markenzeichen des Saarlandes geworden. Mit der Frankreichstrategie festigen wir unsere Rolle als Brücke zwischen Deutschland und Frankreich und bauen sie weiter aus. Wir wollen das Saarland zu einer europäischen Kernregion entwickeln, die dem Motto folgt: Mehr Sprachen – mehr Chancen. Und auf diesem Weg sind wir in den letzten vier Jahren ein gutes Stück vorangekommen. Dies belegen u.a. auch Berichte der EU-Kommission.“ 

Im Bereich der wirtschaftlichen Dimension der Frankreichstrategie konnten erste Erfolge erzielt werden. So hat aufgrund der besonderen Frankreichkompetenz des Saarlandes der Möbelhersteller Nobilia im Jahr 2018 beschlossen, eine Niederlassung mit geplant ca. 1.000 Beschäftigten in Saarlouis-Lisdorf einzurichten, um den Markt Frankreich sowie Südeuropa zu bedienen. 

Darüber hinaus plant aus den gleichen Gründen das Unternehmen Fricke eine Filiale in Tholey mit bis zu 200 Beschäftigten zu eröffnen. Anhand der beiden „feuille de routes“ werden nachfolgend die Schwerpunkte und Ergebnisse dargestellt: 

Feuille de Route I (2015-2016) 

Die Umsetzung der Feuille de Route 2015-2016 spiegelte das Engagement der gesamten Landesregierung wider. So stieg beispielsweise in diesem Zeitraum die Zahl der KiTas mit bilingualem Konzept im Saarland um 10 weitere auf 200 Einrichtungen an, von denen 2016 46 – im Vergleich zum Vorjahr 19 Elysée-KiTas mehr – dem Deutsch-Französischen Netzwerk „Elysée 2020“ angehörten.

Auch im Grundschulbereich wurden Fortschritte verzeichnet. 47 (im Vorjahr 42) der insgesamt 162 Grundschulen im Saarland unterrichteten Französisch ab der Klassenstufe 1, für alle anderen war der Französischunterricht ab Klasse 3 verbindlich. Von den bundesweit 1.800 Grundschülern, die 2015 die DELF Prim A 1.1-Zertifikatsprüfung des französischen Staates ablegten, stammten 1.765 Schüler aus dem Saarland, somit 87,5%. Auch an den weiterführenden Schulen wurden DELF scolaire sowie DALF-Zertifikate auf den verschiedenen Anspruchshöhen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) für Sprachen von insgesamt 614 Schülern erworben.

Im gleichen Jahr konnten in der Klassenstufe 6 der Gemeinschaftsschulen über 70% mehr Schüler als noch im Vorjahr (2014: 1.454 und 2015: 2.504) die von der IHK und dem saarländischen Bildungsministerium gemeinsam entwickelte Kompetenzbescheinigung für Französisch in mindestens einem der getesteten Kompetenzbereich (Hörverstehen und mündliche Sprachproduktion) erhalten. 1.762 Schüler (70%) bestanden ihre Kompetenzbescheinigung in beiden Bereichen. 

Auch im Bereich der Beruflichen Bildung konnten durch die Neugründung des deutsch-französischen Berufsschulzweiges „Automobil“ im Juli 2015 ein bedeutender Fortschritt verzeichnet werden. Der Start dieses Ausbildungsgangs erfolgte mit Beginn des Schuljahrs 2015/2016. 

Des Weiteren gelang die Umsetzung des bereits im März 2015 gefassten Beschlusses zum Landeshochschulentwicklungsplan, den bisherigen Kombinationsstudiengang „Primar- und Sekundarstufe I“ zu einer reinen Primarstufenausbildung mit Schwerpunkt Französisch zum Wintersemester 2015/2016 umzugestalten. 

Innerhalb der saarländischen Landesregierung wurde Mitarbeitern durch Sprachkurse die Möglichkeit eröffnet, sich fortzubilden und ihre Sprachkompetenzen zu festigen. Für französischsprachige Existenz- und Unternehmensgründer wurde eine zentrale Anlaufstelle als „gichet unique“ auf den Weg gebracht. 

Aufgrund der Fortschritte im Zusammenhang mit der Feuille de Route 2015-2016 (kurzfristige Maßnahmen) bekräftigte die saarländische Landesregierung im September 2016 die Frankreichkompetenz als Markenzeichen der saarländischen Politik und beschloss mit der Feuille de Route 2017-2019 die Umsetzung mittelfristiger Maßnahmen. 

Feuille de route II (2017-2019) 

Die grenzüberschreitende duale Ausbildung zwischen dem Saarland und Lothringen wurde als reguläre Form der Ausbildung etabliert. 30 Ausbildungsverträge in 9 unterschiedlichen Berufen konnten in der vierjährigen Pilotphase geschlossen werden. Inzwischen sind insgesamt vier deutsch- französische Berufsschulzweige in unterschiedlichen Ausbildungsberufen (KFZ, Tourismus, Hotellerie, Gastronomie…) eingerichtet worden. 

Das INTERREG V A-Projekt „Fachstelle für grenzüberschreitende Ausbildung“ (FagA) / „Centre d’aide à la mobilité transfrontalière“ (CAMT) wurde initiiert. Durch dieses Projekt können französische Lycée-Schülerinnen und –Schüler (Niveau Bac Pro und BTS) einen Teil ihrer vorgeschriebenen Praxisphasen (PFMP) in einem deutschen Betrieb absolvieren. Umgekehrt können deutsche Auszubildende einen Teil ihrer Berufsausbildung in einem französischen Betrieb verbringen. 

Was den Bereich der weiterführenden Schulen betrifft, verfügt das Saarland inzwischen über vier AbiBac-Schulen, an denen als Abschluss sowohl das deutsche Abitur als auch das französische Baccalaureat erreicht werden kann. Das Deutsch- Französische Gymnasium in Saarbrücken und das Schengen Lyzeum kommen mit ihren spezifischen Profilen hinzu. 

Was den Grundschulbereich anbelangt, so bietet eine Grundschule seit dem Schuljahr 2016/17 einen gebundenen bilingualen Ganztagszweig Französisch ab Klassenstufe 1 an. Im Kitabereich wurde im Herbst 2018 ein neues Förderprogramm – ausgestattet mit 500.000 Euro jährlich – für die Jahre 2019 bis 2021 aufgelegt. Dieses Förderprogramm dient der Sprachförderung, wobei jährlich 350.000 – 400.000 Euro für französischsprachige Angebote reserviert sind. Inzwischen sind 220 von 480 Kitas bilingual. Viele, die nur in einigen Gruppen bilingual waren, haben ihre Bilingualität auf weitere Kindergruppen in der Einrichtung ausgedehnt. Bilinguale Kitas werden inzwischen vermehrt von Eltern nachgefragt, die ihre Kinder so früh wie möglich an diese Sprache heranführen möchten. 

Außerdem haben sich die drei an der französischen Grenze anliegenden Bundesländer zu einer Frankreich-Konferenz zusammen gefunden, um sich über die Zusammenarbeit mit Frankreich auszutauschen und abzustimmen. Diese Konferenz hat bislang zweimal getagt – eine dritte steht kurz bevor. 

Den Beschäftigten der saarländischen Landesverwaltung und der beiden französischen Departements Moselle und Meurthe-et-Moselle wurden zudem die Möglichkeit eröffnet an einem Tandem-Programm teilzunehmen, bei dem sie sich in ihrer sprachlichen Weiterbildung gegenseitig unterstützen, beispielsweise in Form von E-Mails oder Telefonaten. 

In Brüssel hat die saarländische Regierung das Angebot von Grand Est zu einer Ansiedlung der Vertretungen beider Regionen unter einem Dach angenommen und kooperiert seitdem in vielerlei Hinsicht bei Veranstaltungen und politischen Initiativen mit der Nachbarregion. Diese Bürogemeinschaft hat insgesamt zu einer größeren Sichtbarkeit beider Vertretungen beigetragen. 

Das Büro des Saarlandes in Paris wurde verstetigt. Die erfolgreiche Arbeit des Büros wird fortgesetzt und weiter ausgebaut. Der Freiwilligendienst des DFJW wurde unter wesentlicher Beteiligung des Saarlandes um ein weiteres Projekt, der sogenannte Freiwilligendienst „Opportunities“, ergänzt: Junge Menschen mit besonderem sozialen Förderbedarf im Alter von 18 bis 25 Jahren können einen Kurzzeit-Freiwilligendienst von sechs Monaten ableisten, von denen drei Monate in Frankreich stattfinden. 

Einen zusätzlichen Standortvorteil für frankophone Unternehmen im Saarland bieten seit Januar 2019 auch die neu eingerichteten französischsprachigen Zivilkammern (Kammer für Handelssachen und allgemeine Kammer, insbesondere für Vergaberechtsstreitigkeiten). 

Europabevollmächtigter und Justizstaatssekretär Roland Theis erklärte dazu vor kurzem: „Die Möglichkeit, am Landgericht Saarbrücken auf Französisch zu verhandeln, stellt damit für das Land ein weiteres Alleinstellungsmerkmal dar. Daraus ergibt sich ein weiterer Standortvorteil für frankophone Unternehmen, der für eine Ansiedlung im Saarland spricht.“ 

Ebenso hat das Land im Rahmen einer Veranstaltung im Dezember 2018 zum Europäischen Wirtschaftsrecht eine „Saarbrücker Erklärung“ initiiert, um eine deutsch-französische Kooperation in Zusammenhang mit der Entwicklung eines Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches voranzutreiben. Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung in Paris am 31. Januar 2019 sowie in Brüssel im 1. Quartal werden die Diskussionsergebnisse vorgestellt. 

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