Symbolbild

In einer internationalen Studie untersuchten Politikwissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster die Vorstellungen von der idealen EU unter Bürgern in Deutschland, Frankreich, Polen, Ungarn, Dänemark und Spanien. Ihr Fazit: Die Menschen wollen mehr Transparenz, Partizipation und Solidarität. Reformen der Machtverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten sind jedoch eher umstritten.

Welche Vorstellung von der idealen Europäischen Union (EU) haben die Bürger in Europa? Einer internationalen Studie der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster zufolge ist die Bevölkerung in erster Linie an mehr Mitbestimmung und Gerechtigkeit interessiert. „Die öffentliche Akzeptanz einer von der EU verabschiedeten Regelung lässt sich erhöhen, wenn die Menschen mehr Informationen und Mitbestimmungsmöglichkeiten erhalten und das Ergebnis der Regelung allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen Vorteile bringt“, erläutert der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Bernd Schlipphak vom Institut für Politikwissenschaft der WWU.

Mit seinem Kollegen Prof. Dr. Oliver Treib hat er im Rahmen des von der EU finanzierten RECONNECT-Projekts 12.000 Menschen in sechs Ländern unterschiedlicher Größe und regionaler Herkunft befragt (Deutschland, Frankreich, Polen, Ungarn, Dänemark und Spanien). Dabei entdeckten die Forscher viele Gemeinsamkeiten. „Zwar gibt es Unterschiede, in welchen Themenbereichen die EU tätig werden sollte. Aber über alle Länder hinweg wünschen sich die Menschen vor allem, dass die EU bei der Bewältigung globaler Herausforderungen wie Klimakrise, Migration, Sicherheit und internationaler Handel aktiv werden sollte“, betont Oliver Treib.

Stärkere Gegensätze ergaben sich bei Fragen, die das Machtverhältnis zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten betreffen. „Länderübergreifend finden wir hier zwei gesellschaftliche Gruppen mit unterschiedlichen Vorstellungen von internationaler Politik“, erklärt Oliver Treib. „Die eine Gruppe lehnt internationale Kooperation grundlegend ab und ist daher auch gegen eine zunehmende Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die europäische Ebene“, ergänzt Bernd Schlipphak. „Die zweite Gruppe hingegen sieht das andersherum: Für sie ist internationale Kooperation – und damit auch der Machtzuwachs der EU – notwendig und wünschenswert.“ Eine Reform der derzeitigen Machtverteilung in der EU würde demzufolge dazu führen, dass sich die eine oder die andere Gruppe stärker benachteiligt fühlt. Eine weitere Verschärfung des in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin schon immer heftiger werdenden Konflikts zwischen diesen beiden Lagern wäre aus Sicht der Studienautoren die Folge.

Über das RECONNECT-Projekt
In dem auf vier Jahre angelegten interdisziplinären Forschungsprojekt „RECONNECT“ forschen Wissenschaftler von 18 Institutionen zum Vertrauensverlust und Demokratiedefizit der EU. Ziel des Projekts ist es, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu analysieren und durch geeignete Reformen zu stärken. Am Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster beschäftigen sich die Experten vor allem mit den Reformvorstellungen der Bevölkerung für die EU. Das Projekt wird über das „Horizon 2020“-Rahmenprogramm der EU finanziert.

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