Um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen, wird der Ausstieg aus der Braunkohle idealerweise bis zum Jahr 2030 erfolgen. Das hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten. Eine neue Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Agora Energiewende trägt nun alle Daten und Fakten rund um Kraftwerke und Tagebaue, gesetzliche Regelungen und Stilllegungspfade, Beschäftigungszahlen und ökonomische Strukturen insbesondere in den Braunkohleregionen sowie zu ökologischen Aspekten der Braunkohlewirtschaft zusammen. Die Analyse will damit einen Beitrag dazu leisten, die Debatte über die Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kohle faktenbasiert und transparent zu führen.
„Unsere Studie hat die dynamische Entwicklung seit den Beschlüssen der Kohlekommission im Jahre 2019 aufgearbeitet und legt jetzt umfassende Informationen und Daten zu den Grundlagen, Mechanismen und Zusammenhängen der Braunkohlegewinnung und -nutzung vor“, fasst Hauke Hermann, Energieexperte am Öko-Institut zusammen. „Damit liegt nun eine fundierte Basis für die für die weitere Gestaltung des Kohleausstiegs vor.“
Ökonomischer Druck auf Braunkohlekraftwerke steigt ab 2024
Die gestiegenen CO2-Preise von aktuell über 60 Euro pro Tonne CO2 reduzieren die Wirtschaftlichkeit der Braunkohlekraftwerke. Auch wenn aktuell die steigenden Preise für Erdgas dazu führen, dass Braunkohlekraftwerke wieder Gewinne erwirtschaften, wird sich dieser Trend nicht fortsetzen. Die Studie zeigt, dass bei weiterhin hohen bzw. steigenden CO2-Preisen und stabilisierten Erdgaspreisen die Wirtschaftlichkeit der Braunkohle abnimmt und dazu führt, dass die Betreiber die Fixkosten nicht mehr decken können.
Um die wirtschaftliche Situation der Braunkohlewirtschaft einordnen zu können, hat das Öko-Institut im Rahmen der Studie den Braunkohlenwirtschaftlichkeitsindikator LignIX (Lignite Index) aktualisiert.
Dieser beschreibt die Beiträge, die zur Deckung der vermeidbaren sowie der versunkenen Fixkosten von Braunkohlekraftwerken und Tagebauen im Strommarkt erwirtschaftet werden können. „Die Gesamtschau zeigt, dass Braunkohlekraftwerke bei CO₂-Preisen über 60 Euro pro Tonne ihre Fixkosten nicht decken können, wenn sich die Erdgas- und Steinkohlepreise wieder auf das übliche Niveau einstellen“, erläutert Hermann. „Daher ist davon auszugehen, dass die Stilllegungsanreize für Braunkohlekraftwerke ab Mitte der 2020er Jahre massiv zunehmen werden.“
Braunkohletagebaue müssen sich an Kohleausstieg anpassen
Die Planungen zu Stilllegung und Rückbau der Braunkohletagebaue orientieren sich bislang an einem Kohleausstieg im Jahr 2038. Wird dieser deutlich vorgezogen, muss sich auch die Tagebauplanung daran anpassen. Das bedeutet für die Betreiber insbesondere, dass sie Finanzmittel für die Rekultivierung früher verfügbar machen müssen. Vor dem Hintergrund der gestiegenen CO2-Preise ergeben sich hierfür finanzielle Risiken, die besser abgesichert werden sollten. “Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass die Errichtung einer Stiftung geprüft wird, die den Rückbau der Kohleverstromung und der Rekultivierung organisiert“, sagt Hermann, „auch dafür liefert unsere Studie die notwendigen Hintergrundinformationen.“
Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.
Studie „Die deutsche Braunkohlenwirtschaft 2021. Historische Entwicklungen, Ressourcen, Technik, wirtschaftliche Strukturen und Umweltauswirkungen“ des Öko-Instituts (https://www.oeko.de/publikationen/p-details/die-deutsche-braunkohlenwirtschaft-2…)
Vorgänger-Studie „Die deutsche Braunkohlenwirtschaft. Historische Entwicklungen, Ressourcen, Technik, wirtschaftliche Strukturen und Umweltauswirkungen“ des Öko-Instituts (2017) (https://www.oeko.de/publikationen/p-details/die-deutsche-braunkohlenwirtschaft-h…), die unter anderen als Grundlage für die Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (Kohlekommission) diente.