Um die Wirtschaft zu stabilisieren, gewähren alle fünf Länder Unternehmen Steuerer-leichterungen, Kredite zu günstigen Bedingungen und die Möglichkeit, Sozialversiche-rungsbeiträge zu stunden. Selbständige und kleinere Unternehmen erhalten zudem Geldleistungen, mit denen Schäden, die durch die Krisenbekämpfung entstehen, ausge-glichen werden. Deren Höhe ist von Land zu Land unterschiedlich; sie knüpfen an nicht gedeckte Betriebskosten (Deutschland, Dänemark), an Gewinn oder Umsatzeinbußen (England, Frankreich) bzw. dem Verdienstausfall (Italien) an. In der Sache übernehmen die Staaten damit eine Verantwortung für die Schadensverursachung. Damit bestätigt sich der Grundsatz, dass Zeiten von Katastrophen Zeiten des sozialen Entschädigungs-rechts sind, in denen andere wirtschaftspolitische Ziel zurückstehen.

Erleichterungen und zum Teil Verbesserungen gibt es auch beim Bezug von Leistungen der Grundsicherung. Hier zeigen sich jedoch sozialpolitische Widersprüche: Einerseits sollen die von der Rezession Betroffenen nach Möglichkeit nicht auf diese Hilfe angewiesen sein, weshalb Sonderleistungen eingeführt werden. Andererseits wird der Zugang zur Grundsicherung erleichtert, womit deren Hauptmerkmal, Bedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung, vorübergehend wegfällt. Konsequent verfährt hier am ehesten das Vereinigte Königreich, das die bestehenden Lücken im sozialen Schutz durch eine wesentliche und allgemeine Aufstockung des Universal Credit ausgleicht: Dessen Regelsatz für einen Alleinstehenden beträgt seit dem 6. April knapp 460 Euro statt vormals 355 Euro.

Insgesamt zeigt sich in der Corona-Krise: Krisenzeiten decken sozialpolitische Defizite auf. Weil sie zu einfachen und schnellen Lösungen tendieren, sind sie wenig geeignet, um grundlegende Entscheidungen zur besseren Ausrichtung und Abstimmung von Sozialleistungen zu treffen. Krisen geben aber vielfältige Anstöße, um nach ihrer Bewältigung Grundfragen der Sozialstaatlichkeit neu zu diskutieren.

Originalpublikation:

Becker, Ulrich/He, Linxin/Hohnerlein, Eva Maria/Seemann, Anika/Wilman, Nikola: “Existenzsicherung in der Coronakrise: Sozialpolitische Maßnahmen zum Erhalt von Arbeit, Wirtschaft und sozialem Schutz im Rechtsvergleich”, Working Papers Law, Band 6, 2020.

Weitere Informationen:

www.mpisoc.mpg.de/existenzsicherung

www.mpisoc.mpg.de

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