Menschen mit Atemwegserkrankungen reagieren stärker auf Luftverschmutzung. Auch in Städten, in denen Richtwerte nur gelegentlich überschritten werden, sind sie besonders gefährdet. So steigt in Berlin die Zahl der Krankenhauseinweisungen von Patienten mit Asthma und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), wenn die Stickstoffdioxid-Konzentrationen erhöht sind.
Forschende aus dem IASS und der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersuchten für eine Studie die Zusammenhänge zwischen erhöhter Luftverschmutzung und Krankenhauseinweisungen. Dafür nutzten sie Daten der Charité und des Luftgüte-Messnetzes der Stadt Berlin aus den Jahren 2005 bis 2015. Das Ergebnis: Für Asthma- und COPD-Patienten war das Risiko, am Tag einer erhöhten Belastung mit dem Luftschadstoff Stickstoffdioxid (NO2) in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden, deutlich erhöht. So kamen bei einem Anstieg der NO2-Belastung um zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zehn Prozent mehr Asthma–Patienten und zwölf Prozent mehr COPD-Patienten ins Krankenhaus.
Stickstoffdioxid ist besonders gefährlich
Stickstoffdioxid wird regelmäßig gemessen und gilt als gut geeigneter Indikator zur Erfassung der Belastung der Bevölkerung durch die Mischung von Luftschadstoffen aus dem Verkehr. Die Tages-NO2-Konzentration im so genannten „städtischen Hintergrund“ in Berlin, also in einiger Entfernung von Verkehrsknotenpunkten, lag im Untersuchungszeitraum im Mittel bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, die Höchstwerte lagen bei 87 Mikrogramm. Der Richtwert für Außenluft der Weltgesundheitsorganisation WHO lag im Untersuchungszeitraum bei 40 Mikrogramm.
„Die schädlichen Wirkungen, die wir in unserer Studie beobachtet haben, könnten nicht allein auf die NO2-Konzentration zurückzuführen sein, sondern auch auf andere Substanzen des Schadstoffgemischs, die mit NO2 korrelieren. Eine häufige Exposition schon gegenüber niedrigen NO2-Werten wirkt sich ungünstig auf den Stoffwechsel, die Funktion und die Struktur der Lunge und auch auf die Anfälligkeit der Patienten für Lungeninfektionen aus“, erläutert IASS-Fellow Mariam Maglakelidze, Erstautorin der Studie. Ein erhöhtes Risiko für eine Krankenhauseinweisung durch hohe Ozon- und Feinstaubkonzentrationen ergab die Studie nicht.
Die Luft wird besser
In Berlin sind die NO2-Emissionen aus dem Verkehr nach Schätzungen für 70 bis 80 Prozent der Belastung in den innerstädtischen Wohngebieten verantwortlich. „Der Berliner Senat hat in den letzten Jahren bereits darauf reagiert und verschiedene Maßnahmen zur Luftreinhaltung umgesetzt, zum Beispiel Dieselrußpartikelfilter, Ausweitung des Öffentlichen Nahverkehrs und mehr Radwege. Die Luftqualität hat sich dadurch bereits verbessert. Im Studienzeitraum 2005 bis 2015 wurden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nicht und für Feinstaub nicht jedes Jahr eingehalten. 2020 hingegen gab es keine Grenzwertüberschreitungen mehr, wobei allerdings auch die Einschränkungen durch die Pandemie eine Rolle spielten“, sagt Erika von Schneidemesser, Forschungsgruppenleiterin am IASS und Ko-Autorin der Studie. Die bisherigen Bemühungen um eine bessere Luftqualität zahlten sich bereits aus, sollten aber auch im Sinne des Schutzes von Menschen mit Atemwegserkrankungen fortgesetzt werden.
Originalpublikation: Hoffmann, C., Maglakelidze, M., von Schneidemesser, E., Witt, C., Hoffmann, P., Butler, T. (2022): Asthma and COPD exacerbation in relation to outdoor air pollution in the metropolitan area of Berlin, Germany. – Respiratory Research 23, 64.
https://doi.org/10.1186/s12931-022-01983-1