Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes will die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben verschärfen und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankern. Das hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. Begleitend zum Gesetzentwurf kündigt die Bundesregierung ein Sofortprogramm an, um die ambitionierten Ziele zu unterstützen.

Deutschlands Weg zur Klimaneutralität ist im Klimaschutzgesetz vorgezeichnet. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und mit Blick auf das neue europäische Klimaziel 2030 hat die Bundesregierung nun ein Klimaschutzgesetz 2021 vorgelegt. Der Beschluss des Gerichts verpflichtet den Staat, aktiv vorzubeugen, so dass es in Zukunft nicht zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der Freiheitsgrundrechte der heute jüngeren Menschen kommt. Das Bundeskabinett begegnet mit dem neuen Klimaschutzgesetz den besonderen Herausforderungen, die mit dem Klimawandel verbunden sind.

Höheres Klimaziel bis 2030

Die Gesetzesänderung sieht vor, die Zielvorgaben für weniger CO2-Emissionen anzuheben. Das Minderungsziel für 2030 steigt um 10 Prozentpunkte auf mindestens 65 Prozent. Das heißt, Deutschland soll bis zum Ende des Jahrzehnts seinen Treibhausgas-Ausstoß um 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringern. Die höheren Ambitionen wirken sich auch auf die CO2-Minderungsziele in den einzelnen Sektoren wie der Energiewirtschaft, dem Verkehr oder dem Gebäudebereich bis zum Jahr 2030 aus.

Für das Jahr 2040 gilt ein Minderungsziel von mindestens 88 Prozent. Auf dem Weg dorthin sieht das Gesetz in den 2030er Jahren konkrete jährliche Minderungsziele vor. Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland Treibhausgasneutralität erreichen: Es muss dann also ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgas-Emissionen und deren Abbau herrschen. Nach dem Jahr 2050 strebt die Bundesregierung negative Emissionen an. Dann soll Deutschland mehr Treibhausgase in natürlichen Senken einbinden, als es ausstößt.

Der Gesetzentwurf betont den Beitrag natürlicher Ökosysteme zum Klimaschutz. Wälder und Moore sind Kohlenstoffspeicher, sogenannte natürliche Senken. Sie sind wichtig, um unvermeidbare Restemissionen von Treibhausgasen zu binden. Die Bundesregierung macht deshalb konkrete Zielvorgaben, um die CO2-Bindungswirkung natürlicher Senken zu verbessern.

Sofortprogramm für mehr Klimaschutz

Begleitend zur Novelle des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung eine Erklärung zum „Klimapakt Deutschland“ verabschiedet. Um die mit dem Klimaschutzgesetz 2021 beschlossenen Ziele erreichen zu können, sind zahlreiche unterstützende Maßnahmen in den verschiedenen Sektoren notwendig. Die Bundesregierung wird hierzu ein Sofortprogramm vorlegen. Schwerpunkte der Maßnahmen liegen in den Bereichen Industrie, klimafreundliche Mobilität, Landwirtschaft und im Gebäudebereich. Ein zusätzliches Fördervolumen im Umfang von bis zu 8 Milliarden Euro ist dafür vorgesehen.

Auf europäischer Ebene stehen konkrete Vorschläge der EU-Kommission zu Maßnahmen für mehr Klimaschutz noch aus. Folgerichtig sieht das novellierte Klimaschutzgesetz daher eine Evaluierung im Jahr 2022 nach den europäischen Vorgaben vor. Ziel muss ein gut koordinierter Instrumentenmix auf europäischer und nationaler Ebene sein.

Die Bundesregierung will mit dem novellierten Klimaschutzgesetz nicht nur mehr Generationengerechtigkeit, sondern auch mehr Planungssicherheit schaffen. Der Weg zur Klimaneutralität ist nun noch detaillierter festgelegt. Die Meilensteine im Überblick:

  • Kabinettsbeschluss vom 12.05.2021: Anhebung der jährlichen Minderungsziele pro Sektor für die Jahre 2023 bis 2030 und gesetzliche Festlegung der jährlichen Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040
  • 2024: Festlegung der jährlichen Minderungsziele pro Sektor für die Jahre 2031 bis 2040
  • Spätestens 2032: Festlegung der jährlichen Minderungsziele für die Jahre 2041 bis 2045
  • 2034: Festlegung der jährlichen Minderungsziele pro Sektor für die letzte Phase bis zur Treibhausgasneutralität von 2041 bis 2045

Fridays for Future streikt deutschlandweit gegen Klima-Beschlüsse der Regierung

Mit bundesweit über 20 Spontankundgebungen kritisiert Fridays for Future die Neuauflage des Klimaschutzgesetztes, das im Kabinett bechlossen wurde. Fridays for Future streikte unter Einhaltung der Corona-Beschränkungen mit Menschenketten, roten Linien und Mahnwachen. Mehrere Aktionen fanden vor lokalen Parteizentralen statt. Unter dem Motto #In15JahrenAufNull machen die Klimaaktivist*innen darauf aufmerksam, dass die geplanten Emissions-Reduktionsziele der Bundesregierung nicht ausreichen, um einen gerechten Beitrag zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad leisten.

“Die Reaktionen der Bundesregierung sind an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen. Unzureichende Klimaziele werden durch neue unzureichende Klimaziele ersetzt, anstatt dass endlich umfangreiche, konkrete Maßnahmen  ergriffen werden”, sagt Pauline Brünger, Sprecherin von Fridays for Future Deutschland. „Einmal mehr zeigt die Bundesregierung, dass sie die Tragweite der Klimakrise nicht verstanden hat. Die vorgestellten Klimaziele reichen nicht für den notwendigen Systemwandel aus, den wir zur Bekämpfung der Klimakrise brauchen. Statt Schönrechnerei brauchen wir konkrete Maßnahmen, um jetzt Emissionen zu reduzieren und in 15 Jahren klimaneutral zu werden. Trotz vorgetäuschter Ambitionen setzt es weiterhin die Lebensgrundlage von Milliarden von Menschen aufs Spiel”, ergänzt Carla Reemtsma, Sprecherin von Fridays for Future Deutschland.

 

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