Junge Menschen profitieren einerseits weniger von Beschäftigungswachstum und sind andererseits stärker vom Verlust von Arbeitsplätzen beeinträchtigt. Zudem benötigen sie längere Ausbildungszeiten, um sich besser zu qualifizieren. Das heißt, der Fokus auf die Jugendarbeitslosigkeit hat auch eine statistische Komponente, weswegen die Jugendarbeitslosigkeitsrelation (youth unemployment ratio) ein besserer Indikator zur Messung der Jugendarbeitslosigkeit ist als die Jugendarbeitslosenrate (youth unemployment rate). Folgt man der Jugendarbeitslosigkeitsrelation (ratio), dann ist die Quote nur noch zwei Prozentpunkte höher als die allgemeine Arbeitslosenquote.

Übersetzt man diese empirischen Belege in ein Zukunftsszenario, dann steht zu befürchten, dass sowohl die Jugendarbeitslosigkeit als auch die Gesamtarbeitslosigkeit nach der Corona-Krise wahrscheinlich noch höher sein wird als während der vorangegangenen Krise. „Die Arbeitslosenquote der Geringqualifizierten wird wahrscheinlich die 40-Prozent-Marke überschreiten,“ sagt FiBS-Direktor Dr. Dieter Dohmen. „Das sind fast 10 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Wirtschaftskrise. Demgegenüber wird die Arbeitslosigkeit der mittel- und hochqualifizierten Jugendlichen voraussichtlich unter der 20-Prozent-Marke bleiben. Aufgrund der strukturellen wirtschaftlichen Verlagerung von der Landwirtschaft, dem Baugewerbe und der verarbeitenden Industrie in den Dienstleistungssektor dürften junge Männer stärker betroffen sein als Frauen.“

Dieses Szenario hat wichtige Auswirkungen auf die allgemeine und berufliche Bildung: Das Berufsbildungssystem sollte sich stärker auf Berufe im Dienstleistungssektor ausrichten, anstatt sich so stark auf die Bau- und verarbeitende Wirtschaft zu konzentrieren. Da zudem Berufsbildungssysteme, die sich stark auf das Engagement der Unternehmen stützen, wie das deutsche duale System, sogar noch stärker betroffen sein dürften als schulische Systeme, wirft dies die grundsätzliche Frage nach der Ausrichtung der Berufsbildung auf. Dies gilt auch dann noch, wenn die praxisorientierte Berufsbildung mit einer besseren Berufsvorbereitung und höheren Einmündungschancen in eine nachfolgende Beschäftigung einhergehen sollte.

Ein sehr wichtiger Aspekt ist es, die Zahl und den Anteil der SchulabbrecherInnen und Geringqualifizierten mit einem Bildungsabschluss der unteren Sekundarstufe zu reduzieren und ihnen passgenauere Angebote für den Erwerb eines allgemein- oder berufsbildenden oberen Sekundarabschlusses zu machen. Dies kann zum Beispiel durch die Einführung praxisorientierterer Wege in der Allgemeinbildung und/ oder mithilfe neuer Lernformen, zum Beispiel durch den Einsatz von Serious Games erreicht werden. Weitere Informationen im Internet unter www.fibs.eu

Originalpublikation: Youth Unemployment in Times of Crises in the EU 27

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