Wie funktioniert die Altersvorsorge? Was ist ein Fonds? Worauf kommt es bei Ratenverträgen an? Bundesfinanzminister Lindner und Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger wollen das Finanzwissen in Deutschland stärken – mit der Initiative Finanzielle Bildung.
Es gibt sie natürlich auch unter jungen Menschen: die Finanzprofis. Ihnen muss man nichts über Investmentfonds oder das Kleingedruckte in Kreditverträgen erklären. Für viele junge Leute ist es aber eine große Herausforderung, das erste Bankkonto zu eröffnen oder den ersten Mietvertrag zu verstehen. Und wie berechnet man nochmal den Zinseszins?
Das Wissen zu Finanzfragen und wirtschaftlichen Zusammenhängen ist in Deutschland ausbaufähig – bei jungen, aber auch bei älteren Menschen. Nach einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) versteht nur gut die Hälfte der Erwachsenen das Konzept des Zinseszins.
„Wichtiger Teil der Allgemeinbildung“
Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger wollen Jung und Alt jetzt in Finanzfragen fit machen. Dazu haben sie in Berlin die Initiative Finanzielle Bildung gestartet. Finanzwissen sei „ein wesentlicher Teil der Allgemeinbildung und auch eine Frage der Chancengerechtigkeit“, so Stark-Watzinger. Menschen müsse es ermöglicht werden, Wissen über finanzielle wirtschaftliche Zusammenhänge zu erwerben und im Alltag anzuwenden. Dazu gehöre den eigenen Handyvertrag zu verstehen, genauso wie die Altersvorsorge früh in die Hand zu nehmen.
Finanzielle Chancen nutzen
Für Bundesfinanzminister Lindner ist finanzielle Bildung „eine Voraussetzung für wirtschaftliche Unabhängigkeit“. Millionen Menschen ließen in Deutschland Chancen liegen, weil sie beispielsweise bei der Altersversorgung nicht so gut aufgestellt seien. Andere träfen Anlageentscheidungen, von denen vielleicht die Anlagevermittler mehr profitierten als sie selbst. “Und das möchten wir gerne durch finanzielle Bildung einfach abbestellen und die Menschen in die Lage versetzen, bessere Entscheidungen für sich zu treffen.“
Die Initiative Finanzielle Bildung umfasst vor allem drei Säulen:
- Eine neue Nationale Finanzbildungsstrategie wird die aktuell in Deutschland bestehenden Defizite beim Finanzwissen benennen – und daraus zugleich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Die OECD unterstützt Deutschland bei dem Vorhaben. In vielen anderen Ländern gibt es bereits erfolgreiche Finanzbildungsstrategien.
- Eine Finanzbildungsplattform soll Info-Angebote bündeln und für die Bedürfnisse unterschiedlicher Altersgruppen bereitstellen. Ministerin Stark-Watzinger nannte als Beispiel, dass ein 17-jähriger Auszubildender eine andere Fragestellung habe und auch eine andere finanzielle Bildung brauche als eine alleinerziehende Mutter oder eine Karrierefrau. Ziel der Plattform ist auch, Akteure im Bereich der finanziellen Bildung miteinander zu vernetzen.
- Die Forschung zu finanzieller Bildung zu stärken, ist ein weiterer wichtiger Teil der Initiative. Damit sollen die Erkenntnisse zum Stand des Finanzwissens vergrößert werden. Die verstärkte Forschung soll dazu beitragen, verschiedene Zielgruppen besser zu erreichen und künftige Bildungsangebote zielgerichteter entwickeln zu können.
Finanzbildung in der Schule
Dass finanzielle Bildung schon mehr in der Schule vermittelt werden müsse – darüber waren sich der Bundesfinanzminister und die Bundesbildungsministerin einig. Schließlich wünschten sich 80 Prozent der Eltern, dass ihre Kinder mehr finanzielle Bildung bekämen. Stark-Watzinger hob hervor, dass sie die Schulen nur ergänzend unterstützen könne, beispielsweise mit außerschulischen Lernangeboten zu finanzieller Bildung.
Besonders wichtig sei die zielgruppengerechte Ansprache von jungen Leuten. Hier gebe es schon viele Angebote von Stiftungen, Bildungsträgern oder von Influencern auf Social Media, betonten Stark-Watzinger und Lindner.
Auch Ältere mit der Initiative erreichen
Nach Ansicht des Bundesfinanzministers ist es ebenso wichtig, auch die Älteren mit der Initiative zu erreichen. Bei ihnen gebe es bei bestimmten neueren Finanzbegriffen noch eine Unsicherheit, so Lindner.
Ihm sei es darüber hinaus wichtig, Vorurteilen zu begegnen, beispielsweise gegenüber einer zusätzlichen kapitalgedeckten Säule bei der gesetzlichen Rente. Hier höre man oft noch, jetzt werde „noch mit der Rente gezockt oder das ist nur etwas für Reiche“. Das sei aber mitnichten der Fall. Umso mehr sei auch zu diesen Aspekten mehr finanzielle Bildung notwendig, zeigte sich Lindner überzeugt.
Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger ging auf eine weitere Zielgruppe ein: Frauen. Sie kümmerten sich im Schnitt immer noch weniger um Finanzfragen als Männer. Dabei könnten Frauen sehr gut damit umgehen, das belegten auch Studien. „Hier können wir also noch viel Potenzial heben“, so Stark-Watzinger.
Finanzwissen als Demokratiebildung
Barrieren im Umgang mit Finanzfragen abbauen, finanzielles Wissen verbessern, neue Chancen für Wohlstand und Vermögensaufbau schaffen: Darum geht es bei der Initiative Finanzielle Bildung. Lindner nannte noch einen weiteren Aspekt, insbesondere mit Blick auf die Informationsflut und Falschinformationen: Finanzielle Bildung helfe auch, „demokratisch richtige Entscheidungen zu treffen“.