Ein Forschungsteam unter der Leitung der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) veröffentlichte vergangene Woche eine Pilotstudie über SARS-CoV-2-Spürhunde in der Fachzeitschrift Frontiers in Medicine. Die Studie zeigt, dass Hunde, die zuvor mit Proben von SARS-CoV-2-infizierter Personen trainiert wurden und diese mit hoher Genauigkeit anzeigen, auch Proben von Post-COVID-19-Patienten erkennen. Die Hunde riechen nicht die Viren selbst, sondern flüchtige organische Verbindungen, die bei einer Virusinfektion durch Stoffwechselvorgänge entstehen. Dies könnte auf eine persistierende Infektion oder andere langandauernde metabolische Veränderungen bei Post-COVID-19 Patienten hindeuten.

Bei einer wachsenden Zahl von COVID-19-Patienten treten Monate nach ihrer akuten SARS-CoV-2-Infektion Folgeschäden mit Langzeitsymptomen („Long-COVID“) auf. Frühere Forschungen haben bereits gezeigt, dass Hunde in der Lage sind, eine akute SARS-CoV-2-Infektion zu erkennen. Noch nicht bekannt war, ob Hunde auch Proben von Patienten mit Long-COVID anzeigen. In der aktuellen Studie wurden Hunde verwendet, die zuvor darauf trainiert wurden Proben von akuten COVID-19-Patienten zu erkennen. In zwei Testszenarien wurden die Hunde mit Proben von Post-COVID19-Patienten konfrontiert.

Wenn ihnen die Post-COVID-19 Proben im Vergleich zu Negativkontrollproben gesunder Personen präsentiert wurden, zeigten sie diese mit hoher Sensitivität an. Dagegen zeigten die Hunde Vergleichsproben von akuten COVID-19-Patienten eher als positiv an als Post-COVID-19 Proben. Im Testszenario I (akute SARS-CoV-2 Proben versus Post-COVID-19 Proben) erreichten Hunde für die akute SARS-CoV-2-Infektion eine mittlere Sensitivität von 86,7 Prozent (Zuverlässigkeit Erkrankte als positiv zu erkennen) und eine Spezifität (Zuverlässigkeit Gesunde als negativ zu erkennen) von 95,8 Prozent. Wurden die Hunde für Szenario IIa mit Post-COVID-19 und negativen Kontrollproben konfrontiert, erreichten die Hunde für Long-COVID Proben eine mittlere Sensitivität von 94,4 Prozent und eine Spezifität von 96,1 Prozent. Im Vergleich dazu: Hunde, mit denen akute SARS-CoV-2 Proben mit negativen Kontrollproben verglichen (Szenario IIb) wurden, zeigten eine mittlere Sensitivität von 86,9 Prozent und eine Spezifität von 88,1 Prozent.

Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds, VOC) nach der Erstinfektion langfristig bei Post-COVID-19-Patienten vorhanden sind. VOC werden von SARS-CoV-2-infizierten Körperzellen im Verlauf dieser komplexen Krankheit freigesetzt. „Basierend auf diesen Ergebnissen denken wir, dass weitere Studien mit medizinischen Spürhunden zur Pathophysiologie von Long-COVID die Zusammensetzung und den zeitlichen Verlauf spezifischer VOC-Muster miteinschließen sollten“, sagt Professor Dr. Holger Volk, Leiter der Klinik für Kleintiere der TiHo.

Friederike Twele, PhD, Tierärztin und Neurowissenschaftlerin an der TiHo, sagt: „Diese Studie ist ein weiterer Beweis für das Potenzial, dass Spürhunde bei der Untersuchung der Pathophysiologie von COVID-19 Patienten haben könnten. Es ist schwer vorstellbar, aber die Geruchserkennung von Hunden ist um drei Größenordnungen empfindlicher als die derzeit verfügbaren Geräte.” Volk sagt: „Es ist bekannt, dass infektiöse Atemwegserkrankungen spezifische flüchtige organische Verbindungen freisetzen können. Unsere Studie zeigt, dass Hunde diese einzigartigen Muster flüchtiger organischer Verbindungen nicht nur bei akuten SARS-CoV-2-Infizierten erkennen können, sondern auch bei Post-Covid-19-Patienten.“

Dr. Claudia Schulz, Tierärztin und Virologin an der TiHo fügt hinzu: „Mich fasziniert an medizinischen Spürhunden, dass sie außergewöhnliche diagnostische Fähigkeiten besitzen. Neben akuten SARS-CoV-2 Infektionen können sie auch Post-COVID-19 Erkrankungen detektieren – nachdem herkömmliche Nachweissysteme, wie PCR und Antikörpertests keine Aussagen mehr über die Ursache einer Erkrankung treffen können. Post-COVID-Patienten stellen in der Regel kein Infektionsrisiko mehr dar, jedoch ermöglicht die Diagnose eine optimierte Behandlung der Patienten und eröffnet neue Möglichkeiten diese komplexe Viruserkrankung zukünftig besser verstehen zu können.“

Der Geruchssinn des Hundes

Seit Beginn der Domestizierung nutzt der Mensch die außergewöhnlichen Geruchsfähigkeiten von Hunden, um Beute zu jagen, aber auch, um sich selbst vor Raubtieren zu schützen. Heutzutage werden Hunde zunehmend auch im Bereich der medizinischen Forschung zur Geruchserkennung eingesetzt. Sie sind in der Lage, infektiöse und nicht-infektiöse Krankheiten wie verschiedene Krebsarten, Malaria, bakterielle und virale Infektionen zu erkennen (Jendrny et al., 2021). Der Geruchssinn des Hundes ist unübertroffen und mit dem Geruchssinn des Menschen nicht zu vergleichen. Hunde haben mehr als 1.000 Gene fürs Riechen, eine größere Nasenoberfläche, einen optimierten Luftstrom zum Riechen, 40-mal mehr Riechrezeptorzellen (200 bis 300 Millionen gegenüber 5 bis 8 Millionen beim Menschen) und ein zusätzliches Geruchssystem (vomeronasales Organ) um einige Beispiele zu nennen. Ein Exempel veranschaulicht die Geruchsfähigkeit von Hunden: Ein Hund ist in der Lage den Tropfen einer Flüssigkeit in 50.000.000 Litern Wasser, das entspricht 20 Schwimmbecken olympischer Größe, zu erkennen.

Das Projekt wurde vom COVID-19-Forschungsnetzwerk des Landes Niedersachsen (COFONI) mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur unterstützt.

Originalpublikation: Twele, F., ten Hagen, N.A., Meller, S. et al. Detection of post COVID-19 patients using medical scent detection dogs – a pilot study. Frontiers in Medicine (2022) https://doi.org/10.3389/fmed.2022.877259

 

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