Symbolbild

Seien es Diskussionen um die Corona-Impfpflicht, Waffenlieferungen oder Nord Stream 2 – über umstrittene Themen wird heftig diskutiert, gerade in den Sozialen Medien. Doch nicht selten werden diese Diskussionen künstlich zugunsten der einen oder anderen Seite angeheizt, um so die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Ein aktuell von Fraunhofer FKIE veröffentlichtes Beispiel zeigt, wie derartige Kampagnen erkannt und analysiert werden können.

Die Unzuverlässigkeit der Informationen, viele Teilnehmer sowie unüberschaubare Follower-Netzwerke und Interaktionsmechanismen – diese Eigenschaften der Social-Media-Kommunikation ermöglichen die Lenkung der öffentlichen Meinung. Gleichzeitig verschleiern sie jedoch auch die Absicht, die hinter derartigen Dynamiken stecken kann. Und genau hier liegt das Problem: Meinungsmache und Propaganda sind keine neuen Phänomene. Neu hingegen ist, dass sie für den normalen Nutzer kaum als solche zu erkennen sind. Dass Beeinflussungskampagnen sehr wohl existieren und identifizierbar sind, zeigt eine Analyse des Fraunhofer FKIE. Die Autoren um FKIE-Wissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Schade beschreiben darin eine Analyse, die sie auf Basis des am Institut entwickelten Social-Media-Beobachtungstools NewsHawk durchgeführt haben.

Kampagnen erkennen

Die Datengrundlage des im Bericht vorgestellten Beispiels bilden deutschsprachige Tweets im Kontext des Ukraine-Krieges. NewsHawk sammelt die Beiträge, verarbeitet, kategorisiert und clustert sie, um sie dann mittels Visual Analytics intuitiv erfassbar darzustellen und so interaktive Analysen zu ermöglichen. Zwar kursieren zum Ukraine-Konflikt auch eine Vielzahl an Falschmeldungen, als Ausgangspunkt für die Beeinflussung der Diskussion werden jedoch in der Regel Tweets bekannter Personen verwendet, die dem Narrativ entsprechen, das verbreitet werden soll.

Reaktionen auf einen Tweet als Netzwerk (unten). Oben rechts werden Reaktionen nach ihrer Art ausgewertet, oben links sieht man die zeitliche Streuung der Reaktionen.
Grafik: Fraunhofer FKIE

Um Beeinflussungskampagnen zu erkennen, genügt es nicht, die Inhalte einzelner Tweets zu betrachten. Aufschluss geben vielmehr Anomalien in den Metadaten und Interaktionsmustern. Die hierfür notwendigen Massendaten lassen sich nur mithilfe von Tools wie NewsHawk visualisieren. Auf einen Tweet, der zu einer normalen, nicht gesteuerten Diskussion führt, wird unterschiedlich reagiert: Er wird retweeted, kommentiert, inhaltlich zitiert und als Tweet zitiert. Die Zeitpunkte der Reaktion variieren bei einer solchen Diskussion.

Anders sieht es aus, wird ein Beitrag zur Beeinflussung verwendet. Dieser weist dann eine ungewöhnlich hohe Zahl an Retweets auf und wird so über das normale Maß der Kommunikation hinaus gepusht. Schon allein dies kann die Wahrnehmung eines diskutierten Themas verzerren, indem dessen Relevanz grundsätzlich überbewertet oder eine fragwürdige Position scheinbar von der Mehrheit befürwortet wird. »Noch dazu«, so FKIE-Forschungsgruppenleiter Schade, »liegen die Reaktionen zeitlich sehr dicht beieinander.« Dies lasse die Annahme zu, dass hier Bots agieren. Durch weitere Analysen der Metadaten dieser Accounts könne das untermauert werden. Wichtig ist dem Wissenschaftler dabei Folgendes: »Unsere Analyse zeigt, dass Social Media ganz klar genutzt werden, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Dieser Tatsache sollte sich jeder bewusst sein.«

Tweet, auf den sehr viele Reaktionen erfolgt sind, die jedoch sämtlich Re-Tweets waren.
Grafik: Fraunhofer FKIE

Automatisiertes Beobachtungs- und Analyse-Tool

NewsHawk wurde von Fraunhofer FKIE entwickelt, um Nutzer und Analysten bei der Beobachtung von Social-Media-Daten und der Suche nach relevanten Beiträgen zu unterstützen. Relevante Beiträge können Informationen, aber auch Desinformationen sein, die etwa über die eigene Institution verbreitet werden. »Unser Tool lässt sich für jeden Kunden individuell anpassen. Die Bedienung ist leicht, sodass jeder Nutzer seine eigenen Beispielbibliotheken anlegen und die Klassifikation mit diesen trainieren kann«, sagt Schade.

Originalpublikation: https://www.fkie.fraunhofer.de/de/Pressemeldungen/newshawk.html

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