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Erneut hat der Würzburger Professor und Fanforscher Harald Lange gemeinsam mit der Voting-App Fan-Q Fußballfans nach ihrer Meinung befragt. Thema diesmal: Frauenfußball allgemein und Frauen im Profifußball.

90.000 Fans im ausverkauften Camp Nou – dem Fußballtempel des FC Barcelona – bei einem Heimspiel des Frauenteams, Rekordquoten im TV bei der letzten Weltmeisterschaft, steigendes Faninteresse und erhöhtes Engagement der großen Fußballclubs auch in der deutschen Frauenbundesliga. Der professionelle Frauenfußball entwickelt sich stetig weiter. Trotz dieser erfreulichen Tendenzen wird der Sport aber weiterhin kontrovers diskutiert und sorgt neben positiven Schlagzeilen auch für unschöne Berichte – zuletzt überschattete der Skandal um den mittlerweile ehemaligen spanischen Verbandspräsidenten Luis Rubiales den Gewinn des WM-Titels der spanischen Frauennationalelf.

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Auch in den neuesten Umfragen von Fan-Q – Frauensport im Wandel – Status Quo und Perspektiven im Frauenfußball und Strukturen im Wandel – Frauen im Profifußball – zeigt sich ein diverses Meinungsbild. An der ersten Studie beteiligten sich über 5.000 Personen, an der zweiten gut 4.000. Professor Harald Lange von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und Professor Axel Faix (Fachhochschule Dortmund) waren an der Konzeption der Studien beteiligt. „Solche Studien sind für die Ausdifferenzierung unseres Schwerpunkts im Bereich Fußballforschung wichtig, denn es zeigt sich auf der Ebene der Fankultur, dass die etablierten Männerrunden in den Chefetagen des deutschen Fußballs aufgebrochen werden müssen“, so Harald Lange.

In der ersten Studie verteilten sich die Beteiligten nahezu ausgeglichen auf männlich und weiblich, an der zweiten Befragung nahmen dagegen fast 75 Prozent Männer teil. Ein erstes, durchaus überraschendes, Ergebnis: Gut 56 Prozent der Befragten verfolgen lieber die Damen am Kunstleder als die Herren. Dabei überzeugen vor allem moralische Argumente wie Fairness, Authentizität, Toleranz und Ehrlichkeit. Für Lange passt das ins Bild: „Die Ergebnisse reihen sich nahtlos in die Befunde ein, die wir aus anderen Studien zum Forschungsschwerpunkt Fußball gezogen haben. Der besondere Wert des Spiels wird sowohl von den Zuschauern wie auch von den Spielern an der Basis auf einer ideellen, werteorientierten Ebene gesehen.“

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Das größte Interesse erweckt die Nationalelf. 68,5 Prozent vergaben hier die Höchstwertung von fünf Sternen. Zum Vergleich: Bei der Bundesliga der Frauen waren es 42,9 Prozent. Dieses Ergebnis bestätigt sich auch beim Blick in die Kategorie TV-Übertragungen und Streaming: Fast 90 Prozent gaben hier an, mindestens „mehrfach“ bei den DFB-Frauen einzuschalten. Der Vereinsfußball zieht gut 21 Prozent weniger Fans vor die Bildschirme. Ein Hauptgrund dafür dürfte die Verfügbarkeit sein. Fast 77 Prozent wünschen sich demnach eine erhöhte Investitionsbereitschaft der öffentlich-rechtlichen Sender beim Kauf von Übertragungsrechten.

In der zweiten Studie zeigte sich unter anderem, dass rund 70 Prozent der Befragten tendenziell glauben, dass Frauen in Führungspositionen eine Bereicherung für den Profifußball darstellen; etwa 41 Prozent zeigten sich davon sogar sehr überzeugt. Fast zwei Drittel der Teilnehmenden sind sich allerdings auch sicher, dass Frauen in eben jenen Ämtern kritischer hinterfragt werden als ihre männlichen Pendants. Ähnlich ergehe es beispielsweise auch Kommentatorinnen; hier sind knapp 57 Prozent der Meinung, die Kritik falle härter aus als bei den Männern.

Aber wie könnten Vereine und Verbände für diversere Führungsriegen sorgen? Die Fans haben eine einfache wie einleuchtende Antwort: Gleiche Bezahlung für gleiche Jobs halten rund 62 Prozent von ihnen für ein entscheidendes Kriterium. Skeptisch beäugt wird derweil das Ziel des DFB, bis 2027 einen Frauenanteil von 30 Prozent in seinen Gremien zu erreichen. Während die Höhe dieser Quote kontrovers gesehen wird – 23,4 Prozent sehen das als viel zu hoch an, etwa 20 Prozent als viel zu gering – herrscht bei der Umsetzbarkeit mehr Einigkeit: Gerade einmal 8,7 Prozent glauben, dass der deutsche Fußballbund sein Ziel erreichen wird.

Harald Lange beobachtet diese Skepsis seit vielen Jahren: „Die Basis schaut gewohnt kritisch auf die sport- und gesellschaftspolitischen Leistungen des DFB. Der Sport befindet sich, wie die Gesellschaft, inmitten einer gigantischen Transformation. Da kommt dem Diversitätsthema eine wichtige Rolle zu. Frauen brauchen keine von Männern verordneten Leadershipprogramme. Vertrauen und Verantwortungsübertragung würde genügen.“

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