„Zuwächse bei den Tariflöhnen setzen wichtige Impulse für Konsum und Konjunktur. Das gleiche gilt natürlich für tarifliche Regelungen, die Arbeitsplätze verlässlich sichern oder die für eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes sorgen. Beides hilft dabei, die gesamtwirtschaftliche Krise zu überwinden“, sagt Schulten.

Zu den großen Tarifbranchen, die erst einmal die reguläre Tarifrunde um einige Monate vertagt und sich stattdessen kurzfristig auf Maßnahmen zur Sicherung der Beschäftigung in der Krise konzentriert haben, gehört die Metall- und Elektroindustrie. Wie in vielen anderen Branchen wurden hier Regelungen beschlossen, die vor allem Beschäftigungssicherung und eine betriebliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes erleichtern.

In anderen Branchen, die eher weniger von der Corona-Pandemie betroffen sind oder während der Krise sogar florieren, wurden hingegen auch „normale“ Entgelterhöhungen verhandelt. Hierzu gehören z. B. die Energiewirtschaft, die ostdeutsche Süßwarenindustrie und andere Branchen der Ernährungswirtschaft sowie die Deutsche Telekom, bei denen für dieses Jahr Tariferhöhungen zwischen 2,5 und 3,0 Prozent vereinbart wurden. Mit dem Abschluss in der Systemgastronomie ist es darüber hinaus gelungen, eine klassische Niedriglohnbranche grundlegend aufzuwerten. Über einen Zeitraum von vier Jahren werden hier die Tarifentgelte um fast 28 Prozent angehoben.

Aktuell werden u. a. im Bauhauptgewerbe Tarifauseinandersetzungen geführt, wo die Gewerkschaften mit Verweis auf die boomende Lage der Branche ebenfalls kräftige Lohnerhöhungen einfordern, es bislang aber zu keiner Annäherung kam. Gerade gestartet sind die Verhandlungen für Bund und Gemeinden des öffentlichen Dienstes. Dort wird sich nach Ansicht von Schulten „zeigen, ob viele der unter Corona-Bedingungen als systemrelevant beklatschen Berufsgruppen nun auch eine entsprechende materielle Anerkennung erhalten.“

Originalpublikation: Thorsten Schulten und das WSI-Tarifarchiv: Tarifpolitischer Halbjahresbericht 2020 – Tarifpolitik unter den Bedingungen der Corona-Krise. Download (pdf): www.boeckler.de

 

 

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