Hamburg gewinnt erneut, büßt aber stark an Vorsprung ein, München holt mit hohem Tempo auf, Dresden schafft es erstmals aufs Treppchen und insgesamt können nahezu alle Nachzügler Boden gut machen: Das sind Ergebnisse des Smart City Index, den der Digitalverband Bitkom 2022 zum vierten Mal erhoben hat.
Hamburg verteidigt den Titel mit 86,1 von 100 möglichen Punkten, unmittelbar dahinter liegt nun erstmals München mit 85,3 Punkten auf Rang 2, das Podium komplettiert Dresden mit etwas Abstand und 81,6 Punkten. Für beide Verfolger geht es zwei beziehungsweise drei Plätze nach oben. Dafür fallen das im Vorjahr zweitplatzierte Köln (4., 79,4 Punkte) und das 2021 drittplatzierte Karlsruhe (14., 73,5 Punkte) aus den Podiumsrängen. Die Top 10 sind eng zusammengerückt. Zwischen Platz 4 und 10 liegen nur 4,1 Punkte. Neu unter den besten Zehn sind Nürnberg (6., 77,6 Punkte), Aachen (7., 77,3 Punkte) und Düsseldorf (9., 76,6 Punkte). Für diese drei Städte geht es jeweils zehn Plätze nach oben. Die Top 10 komplettieren Stuttgart (5., 78,1 Punkte), Bochum (8., 77,0 Punkte) und Darmstadt (10., 75,3 Punkte).
„Der Smart City Index zeigt den Fortschritt bei der Digitalisierung der deutschen Großstädte. Keine Stadt ist bei der Digitalisierung im Vergleich zum Vorjahr zurückgefallen, überall ist das Niveau gestiegen – beim Tempo aber zeigen sich teilweise deutliche Unterschiede. Denn auch in diesem Jahr gibt es eine große Dynamik im Ranking. Hamburg konnte seinen Titel zum vierten Mal in Folge verteidigen, aber der Vorsprung ist so knapp wie nie. Dahinter rückt alles enger zusammen und auch die Nachzügler können Boden gut machen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Die Spitze ist breiter geworden. Räumte Hamburg im Vorjahr noch in vier von fünf Kategorien ab, haben wir 2022 in jeder Kategorie eine andere Gewinnerstadt. In den Städten herrscht ein enormer digitaler Tatendrang.“
Engagement, Kommunikation und Netzwerk sind Erfolgsfaktoren
Der Smart City Index zeugt von einer hohen Dynamik in der Digitalisierung der Städte. Im Feld gibt es zahlreiche Positionswechsel. Eine gute Platzierung sei kein Garant für ein gutes Abschneiden auch im kommenden Jahr, sagt Berg. Eine erfolgreiche Digitalisierung setze Engagement, Kommunikation und ein funktionierendes Netzwerk aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort voraus. „Erfolgsfaktoren für eine Smart City sind ein engagiertes Rathaus, eine Digitalstrategie, klare Strukturen, ein starkes lokales Netzwerk und das Engagement der Bevölkerung. Das gilt gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen von Pandemiefolgen und Energiepreissteigerungen, zu deren Lösung digitale Technologien einen zentralen Beitrag leisten können“, sagt Berg. „Unabhängig von der Größe und der Finanzkraft ist es entscheidend, dass Politik und Verwaltung anpacken. Es braucht den Willen und die Fähigkeit, in der gesamten Stadt Begeisterung für die Digitalisierung auszulösen.“
Themenbereiche zeigen Hidden Champions
Der Smart City Index macht auch Stärken einzelner Städte sichtbar, die im Gesamtranking keinen Spitzenplatz belegen. In der Verwaltung sind etwa Heilbronn (53. Gesamtrang) und Heidelberg (28.) vorn dabei, auch Bonn (21.) und Duisburg (41.) sind hier stark. Den Spitzenplatz als Deutschlands Großstadt mit der digitalsten Verwaltung erreicht das insgesamt sechstplatzierte Nürnberg. Nürnberg ist die einzige Großstadt, die in zwei der fünf Kategorien auf Rang 1 liegt. Auch im Bereich Mobilität konnte Nürnberg die höchste Punktzahl erreichen. Ebenfalls stark sind hier Berlin (3., insgesamt 11.), Hannover (7., insgesamt 24.) und Osnabrück (10., insgesamt 15.). Bei Energie und Umwelt schneidet Paderborn am besten ab, das insgesamt auf Rang 26 liegt. Auch Ulm (2., insgesamt 16.), Trier (3., insgesamt 12.), Münster (6., insgesamt 18.), Oldenburg (8., insgesamt 31.), Solingen (9., insgesamt 35.) und Wolfsburg (10., insgesamt 42.) schaffen es unter die Top 10 dieser Kategorie. In IT und Kommunikation ist das insgesamt auf 17 platzierte Gelsenkirchen spitze. In diesem Feld können sich etwa auch Kiel (5., insgesamt 27.), Regensburg (6., insgesamt 34.) und Lübeck (9., insgesamt 25.) eine vordere Platzierung sichern. In der Kategorie Gesellschaft schneidet das gesamtführende Hamburg am besten ab. Ebenfalls gut sind in diesem Bereich Wuppertal (4., insgesamt 23.), Potsdam (5., insgesamt 43.) und Leipzig (6., insgesamt 22.).
Städte in Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern schneiden besonders gut ab
Je nach Region unterscheiden sich die Ergebnisse des Smart City Index. Städte in Sachsen Baden-Württemberg und Bayern schneiden im Mittel deutlich besser ab als der Durchschnitt. Auch Rheinland-Pfalz und Hessen liegen über dem Schnitt, in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fallen die Ergebnisse unterdurchschnittlich aus. Allerdings unterscheidet sich auch die Anzahl der im Ranking berücksichtigten Städte zwischen den Ländern deutlich – so gibt es in Sachsen überhaupt nur drei Großstädte, in Nordrhein-Westfalen dagegen 30. Für Bundesländer mit weniger als drei Großstädten lässt sich keine Aussage treffen. Unabhängig von der Region schneiden Universitätsstädte im Durchschnitt besser ab. Berg: „Der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ist in diesen Städten ein Vorteil. Städte profitieren auch von jungen Startups und sollten diesen auch aktiv die Möglichkeit geben, Smart-City-Anwendungen vor Ort in Kooperationen zu testen.“
Oldenburg und Hannover machen am meisten Boden gut
Größter Aufsteiger im Gesamtranking ist Oldenburg (67,2 Punkte), das um 25 Positionen vom hinteren zum vorderen Mittelfeld auf Platz 31 aufschließen kann. 21 Plätze gut macht Hannover (70,3/24.). Die Absteiger des Jahres sind Rostock (45,8 Punkte/71. Rang/ 28 Plätze), Jena (50,4/59/ 25) und Bielefeld (58,1/46./ 19). Berg: „Die starken Verschiebungen erklären sich auch dadurch, dass keine Stadt untätig geblieben und das Niveau im Durchschnitt angestiegen ist. So ist es möglich, Digitalprojekte voranzutreiben und trotzdem ein paar Plätze zu verlieren, weil andere noch mehr getan haben.“ Am Ende der Gesamtwertung auf den Plätzen 79 bis 81 rangieren Salzgitter (33,6 Punkte), Bremerhaven(32,2) und Erfurt (31,9). Erstmals nicht unter den Letztplatzierten ist Bergisch-Gladbach(47,9 Punkte), das drei Mal in Folge den vorletzten Platz belegte und dieses Jahr um 14 Ränge auf Platz 66 nach oben geklettert ist.
Rund 11.000 Datenpunkte für 81 Städte
Für den Smart City Index wurden insgesamt knapp 11.000 Datenpunkte erfasst, überprüft und qualifiziert. Analysiert und bewertet wurden alle 81 Städte mit einer Bevölkerung im Bereich ab 100.000 in den fünf Themenbereichen Verwaltung, IT und Kommunikation, Energie und Umwelt, Mobilität sowie Gesellschaft. Die fünf Bereiche fächern sich in 36 Indikatoren auf, die wiederum aus insgesamt 133 Parametern bestehen – von Online-Bürger-Services über Sharing-Angebote und Umweltsensorik bis zur Breitbandverfügbarkeit. Bei der Datenerhebung wurden die Kommunen aktiv einbezogen. Die Städte konnten ihren Leistungsstand selbst angeben und mussten diesen entsprechend mit Quellen belegen, wovon 85 Prozent der Städte Gebrauch machten. Die Daten wurden anschließend von einem Team aus Expertinnen und Experten der Bitkom-Research validiert. Für alle übrigen Städte wurden fehlende Daten recherchiert, die Städte hatten anschließend ihrerseits Gelegenheit zur Überprüfung. Der Smart City Index wird unterstützt von Detecon, Visa, PwC und Uber.
Smart City Index als interaktive Online-Anwendung
Das Ranking der 81 deutschen Großstädte mit den Ergebnissen in allen Teilbereichen ist als interaktive Online-Karte unter www.smart-city-index.de verfügbar.
Übersicht: Top-10-Platzierungen in einzelnen Themenbereichen
- Aachen: Energie und Umwelt: 4. mit 79,7 Punkten
Mobilität: 9. mit 81,5 Punkten
Gesamt: 7. mit 77,3 Punkten - Berlin: Mobilität: 3. mit 92,2 Punkten
Gesellschaft: 8. mit 87,9 Punkten
Gesamt: 11. mit 75,0 Punkten - Bochum: Gesellschaft: 9. mit 86,6 Punkten
Gesamt: 8. mit 77,0 Punkten - Bonn: Verwaltung: 6. mit 85,1 Punkten
Gesellschaft: 10. mit 86,3 Punkten
Gesamt: 21. mit 70,8 Punkten - Darmstadt: Energie und Umwelt: 7. mit 77,8 Punkten
Gesamt: 10. mit 75,3 Punkten - Dresden: IT und Kommunikation: 8. mit 77,2 Punkten
Mobilität: 6. mit 87,6 Punkten
Gesellschaft: 2. mit 95,0 Punkten
Gesamt: 3. mit 81,6 Punkten - Duisburg: Verwaltung: 10. mit 82,5 Punkten
Gesamt: 41. mit 62,7 Punkten - Düsseldorf: Verwaltung: 3. mit 86,7 Punkten
Gesellschaft: 3. mit 93,9 Punkten
Gesamt: 9. mit 76,6 Punkten - Gelsenkirchen: IT und Kommunikation: 1. mit 88,1 Punkten
Gesamt: 17. mit 72,7 Punkten - Hamburg: IT und Kommunikation: 3. mit 85,5 Punkten
Mobilität: 2. mit 93,7 Punkten
Gesellschaft: 1. mit 98,1 Punkten
Gesamt: 1. mit 86,1 Punkten - Hannover: Mobilität: 7. mit 84,0 Punkten
Gesamt: 24. mit 70,3 Punkten - Heidelberg: Verwaltung: 4. mit 86,6 Punkten
Gesamt: 28. mit 68,0 Punkten - Heilbronn: Verwaltung: 2. mit 86,9 Punkten
Gesamt: 53. mit 53,5 Punkten - Karlsruhe: Verwaltung: 9. mit 83,6 Punkten
Gesamt: 14. mit 73,5 Punkten - Kiel: IT und Kommunikation: 5. mit 84,4 Punkten
Gesamt: 27. mit 68,5 Punkten - Köln: IT und Kommunikation: 4. mit 85,0 Punkten
Mobilität: 5. mit 87,9 Punkten
Gesamt: 4. mit 79,4 Punkten - Leipzig: Gesellschaft: 6. mit 90,9 Punkten
Gesamt: 22. mit 70,5 Punkten - Lübeck: IT und Kommunikation: 9. mit 75,2 Punkten
Gesamt: 25. mit 70,0 Punkten - Mannheim: Verwaltung: 8. mit 84,4 Punkten
IT und Kommunikation: 7. mit 82,0 Punkten
Gesamt: 13. mit 74,7 Punkten - München: IT und Kommunikation: 2. mit 87,5 Punkten
Mobilität: 4. mit 91,4 Punkten
Verwaltung: 5. mit 85,3 Punkten
Gesellschaft: 7. mit 90,7 Punkten
Gesamt: 2. mit 85,3 Punkten - Münster: Energie und Umwelt: 6. mit 78,3 Punkten
IT und Kommunikation: 10. mit 75,1 Punkten
Gesamt: 18. mit 72,5 Punkten - Nürnberg: Verwaltung: 1. mit 87,3 Punkten
Mobilität: 1. mit 94,2 Punkten
Gesamt: 6. mit 77,6 Punkten - Oldenburg: Energie und Umwelt: 8. mit 75,6 Punkten
Gesamt: 31. mit 67,2 Punkten - Osnabrück: Mobilität: 10. mit 81,4 Punkten
Gesamt: 15. mit 73,1 Punkten - Paderborn: Energie und Umwelt: 1. mit 87,3 Punkten
Gesamt: 26. mit 69,6 Punkten - Potsdam: Gesellschaft: 5. mit 93,7 Punkten
Gesamt: 43. mit 60,9 Punkten - Regensburg: IT und Kommunikation: 6. mit 82,1 Punkten
Gesamt: 34. mit 66,2 Punkte - Solingen: Energie und Umwelt: 9. mit 74,4 Punkten
Gesamt: 35. mit 65,2 Punkten - Stuttgart: Verwaltung: 7. mit 84,7 Punkten
Energie und Umwelt: 5. mit 78,7 Punkten
Mobilität: 8. mit 82,6 Punkten
Gesamt: 5. mit 78,1 Punkten - Trier: Energie und Umwelt: 3. mit 79,8 Punkten
Gesamt: 12. mit 74,9 Punkten - Ulm: Energie und Umwelt: 2. mit 80,1 Punkten
Gesamt: 16. mit 72,8 Punkten - Wolfsburg: Energie und Umwelt: 10. mit 72,2 Punkten
Gesamt: 42. mit 61,1 Punkten - Wuppertal: Gesellschaft: 4. mit 93,8 Punkten
Gesamt: 23. mit 70,4 Punkten
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Untersucht wurden alle deutschen Städte ab 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Kaiserslautern, das knapp unter die Bevölkerungsgrenze gerutscht ist (Stichtag 31.12.2021). Den Indexwerten liegen nachvollziehbare Angaben der Kommunen beziehungsweise öffentlich zugängliche Datenquellen zugrunde. Allen Städten wurde die Gelegenheit gegeben, die Daten selbst bereitzustellen und entsprechend mit Quellen zu belegen. Diese Möglichkeit haben 85 Prozent der Städte in Anspruch genommen. Für alle übrigen Städte wurden die Daten durch Bitkom Research erhoben. Die 36 Indikatoren berechnen sich aus 133 Parametern pro Stadt und insgesamt 10.773 Datenpunkten. Alle Indikatoren wurden normiert, d. h. auf eine Skala von 0 bis 100 übersetzt.