Über die letzten Jahre hat der Saarpfalz-Kreis viel in seinen öffentlichen Nahverkehr investiert. Unter dem Motto „Mit uns in jede Ecke im Kreis“ wirbt die Kreisverwaltung seit dem vergangenen Jahr für das gute Busangebot, welches sich unter der Woche durch eine in der Regel mindestens stündliche Taktung und regelmäßige Fahrten auch am Wochenende auszeichnet. Besonders das nicht ganz so einfache Tarifsystem und die hohen Ticketpreise für Fahrten aus dem Saarpfalz-Kreis ins benachbarte Rheinland-Pfalz sind allerdings Hürden, die viele Bürger noch von der Nutzung des Nahverkehrs abhalten.
„Als Landrat eines Kreises, der in intensiven Beziehungen zu unseren Nachbarn in Rheinland-Pfalz steht, begrüße ich die Einführung des bundesweit gültigen Deutschlandtickets sehr, da es den Bus- und Bahnverkehr einfacher und günstiger macht,“ so Landrat Dr. Theophil Gallo. Letztlich ist dieses Ticket der Stein des Anstoßes, welcher für die Weiterentwicklung des Nahverkehrs in den vergangenen Jahren gefehlt hat.
„Wenn ein Ticket beschlossen wird, obwohl einige wichtige Fragen noch nicht geklärt sind, zäumt man damit zwar das Pferd von hinten auf, aber manchmal sind es gerade auch diese unkonventionellen Vorgehensweisen, die zum Ziel führen können. In der Vergangenheit wurde viel darüber debattiert, wie der Nahverkehr gestärkt und ausgebaut werden kann. Aber angesichts der Komplexität des Gesamtkonstrukts und den finanziellen Hürden bleiben diese Fragen bis jetzt vielerorts unbeantwortet“, so Landrat Dr. Theophil Gallo.
Natürlich blicke auch er mit Besorgnis auf die Frage der langfristigen Finanzierung des Tickets und der dadurch auch in anderen Bereichen entstehenden Mindereinnahmen, aber der Spielball liege eindeutig bei der Bundesregierung, die hier gemeinsam mit Ländern und Kommunen nicht nur eine nachhaltige Finanzierung des Tickets, sondern des Gesamtsystems ÖPNV erarbeiten muss, ergänzt der saarpfälzische Landrat.
Der noch ausstehende Klärungsbedarf bezüglich des Tickets und die langwierigen Prozesse in der Abstimmung zeigen in deutlichem Maße, wie komplex der Nahverkehr in Deutschland aktuell organisiert ist. Er ist ein Konstrukt aus kommunalen Aufgabenträgern im straßengebundenen Verkehr, landesweiten Planungen für regionale Bus- und Schienenverkehre und darüber teils länderübergreifenden Tarifverbünden, die aus kommunalen, aber auch privaten Verkehrsunternehmen bestehen.
Selbst in einem kleinräumigen Umfeld, wie dem von intensiven Grenzbeziehungen mit Rheinland-Pfalz geprägten Saarpfalz-Kreis, sorgen diese Strukturen für allgemeines Kopfzerbrechen. Und zwar nicht nur beim Fahrgast, der nach geeigneten Verbindungen oder einem passenden Ticket sucht.
Auch die Verkehrsverbünde und kommunalen Aufgabenträger der Verkehre kommen jetzt schon angesichts des „Tarif- und Zuständigkeitsdschungels“ regelmäßig an ihre Grenzen, wenn es um Planung und Abrechnung „grenzüberschreitender“ Verkehre geht.
Der Beschluss zur Einführung des Deutschland-Tickets, das all jene Hürden überwinden und einheitlich im gesamtdeutschen Nahverkehr gültig sein soll, ist daher wie eine Botschaft aus einer Zukunftsvision.
Ohne ausreichende finanzielle Möglichkeiten bleibt aber nicht nur das Deutschland-Ticket von voraussichtlich kurzer Dauer, sondern es kann auch angesichts der prekären Finanzlage der Kommunen und der Länder zu keiner Angebotsverbesserung im ländlichen Raum kommen. Der Saarpfalz-Kreis hat in den vergangenen Jahren ein gutes Grundangebot im öffentlichen Nahverkehr aufgebaut. Aber gerade in diesen von intensiven Stadt-Land-Beziehungen geprägten Gebieten wird die Nachfrage nach noch besseren Verbindungen im ländlichen Raum und über die Landesgrenzen hinweg durch das neue Ticket steigen.
„Ohne zusätzliche Gelder von Land und Bund wird dieser Ausbau allerdings nicht möglich sein, da die Haushalte des Kreises und seiner Städte und Gemeinden unter den aktuellen Umständen keinen Spielraum für zusätzliche größere Investitionen zulassen, auch wenn unsere Politik voll und ganz hinter der Thematik steht“, so Dr. Gallo abschließend.
Angesichts der großen Bedeutung, die der Nahverkehr zur Erreichung der Klimaziele, aber auch zur Mobilitätssicherung im ländlichen Raum hat, gilt es, die Kommunen am Ende des Tages nicht alleine zu lassen, sondern durch den Bund und die Länder verlässliche Entscheidungen zur nachhaltigen Finanzierung eines tragfähigen öffentlichen Personennahverkehrs zu treffen.