Weltweit arbeiten Forscherinnen und Forscher an einer Impfung gegen das Coronavirus. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek rechnet damit, dass Mitte des nächsten Jahres breite Teile der Bevölkerung geimpft werden können. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu aktuellen Erkenntnissen, zu den Herausforderungen und Falschmeldungen.
Phase I: Die Verträglichkeit eines Impfstoffs und seine Fähigkeit, eine Immunabwehrreaktion hervorzurufen, wird erstmals am Menschen getestet. Jedoch nur an maximal 100 gesunden Freiwilligen.
Phase II: Die richtige Dosis, die Verträglichkeit und die Immunabwehrreaktion werden an einer größeren Anzahl von Freiwilligen (mehrere Hundert) erprobt.
Phase III: In dieser Phase erhalten mehrere tausend bis mehrere zehntausend Freiwillige den Impfstoff. Im Alltag soll erprobt werden, ob er wirklich vor einer Infektion schützt und sicher ist. Seltene Nebenwirkungen werden erkennbar.
Verlaufen diese Prüfungen erfolgreich, kann ein Zulassungsverfahren beginnen. Ist dieses erfolgreich abgeschlossen, kann der Impfstoff eingesetzt werden.
RNA/DNA-Impfstoffe: Diese Impfstoffe enthalten Teile der Erbinformation des Virus in Form von RNA bzw. DNA, die den Bauplan für ein oder mehrere Virusproteine bereitstellen. Nach der Impfung wird die RNA oder DNA von einigen wenigen menschlichen Körperzellen aufgenommen.
Die Körperzellen nutzen die RNA bzw. die DNA als Vorlage, um das oder die Virusproteine selbst zu produzieren. Da aber nur ein Bestandteil des Virus gebildet wird, ist ausgeschlossen, dass auf diesem Weg komplette vermehrungsfähige Viren entstehen können. Die neu gebildeten, ungefährlichen Virusproteine werden als Antigene bezeichnet, denn sie aktivieren das Immunsystem und erzeugen so die schützende Immunantwort.
Vektor-Impfstoffe: Ein abgeschwächtes Virus dient als Transportmittel (Vektor) für einen ungefährlichen Teil der Erbinformation von SARS-CoV-2 in wenige Körperzellen. Vektor-Impfstoffe enthalten den Bauplan für ein oder mehrere Antigene. Ein bekannter Vektor-Impfstoff ist beispielsweise der Ebola-Impfstoff Ervebo, der im November 2019 die europäische Zulassung durch die Europäische Kommission erhielt.
Totimpfstoffe mit Virusproteinen: Bei dieser Methode wird die Erbinformation mit dem Bauplan für ein Virusprotein in Bakterien, Hefe oder in Säugerzellen eingebracht, die dann das Virusprotein produzieren. Nach der Reinigung wird das Virusprotein als Antigen im Impfstoff verwendet.
Auch wenn die Impfstoffentwicklung dieses Mal deutlich schneller gelingen kann als bisher, geht damit kein Herabsenken der Standards für die Zulassung einher. Die Beschleunigung der Impfstoffentwicklung ist zum einen damit zu erklären, dass für sie viel Geld investiert wird und damit Studien ohne Zeitverzögerung im großen Stil durchgeführt werden können. Zum anderen überwachen und prüfen die Zulassungsbehörden die Impfstoffentwicklung so schnell es geht. Durch diese Priorisierung können die forschenden Firmen und Labore Zeit sparen und schneller von einer Prüfphase in die nächste gehen.
Aber auch nach einer Zulassung wird ein neu eingesetzter Impfstoff weiter beobachtet und beforscht. Manchmal lassen sich sehr seltene Nebenwirkungen erst nach der Zulassung erfassen. Sehr selten heißt zum Beispiel ein Fall auf mehr als 10.000 Geimpfte. Für Deutschland erfasst das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zentral alle Nebenwirkungen und Impfreaktionen – unabhängig vom Hersteller. Durch die Zusammenfassung von nationalen und internationalen Beobachtungen kann sichergestellt werden, dass auch Risiken von Impfstoffen erfasst werden, die so selten sind, dass sie erst bei einer sehr großen Anzahl durchgeführter Impfungen sichtbar werden.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist zuständig für die Genehmigungen der klinischen Prüfungen in Deutschland und an der europaweiten Zulassung durch europäische Arzneimittelbehörde EMA beteiligt. Im PEI werden alle Prozesse rund um einen Impfstoff gegen Covid-19 organisatorisch beschleunigt und mit erhöhtem Personaleinsatz bearbeitet. Oft wird auch schon vor der Antragstellung mehrfach kurzfristig beraten, vorhandene Unterlagen können vorab bewertet werden. Dadurch nehmen die Genehmigungsprozesse bei gleichbleibender Sorgfalt weniger Zeit in Anspruch.
Bei der Anwendung von Impfstoffen am Menschen gilt es, Risiken soweit wie möglich zu vermeiden. Wichtiger als eine schnelle Impfstoff-Entwicklung sind andere Grundsätze, von denen nicht abgewichen wird: Der Impfstoff muss sicher, wirksam und gut erprobt sein.
Ähnlich wird auf internationaler Ebene verfahren: Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) haben angekündigt, den Zulassungsprozess aufgrund der Dringlichkeit in einzelnen Punkten zu vereinfachen. Dabei bleibt die Sicherheit der Impfstoffe jedoch oberste Priorität.
Einzelne Hersteller haben ihrerseits die Verfahren beschleunigt – auf eigenes Risiko. Die Herstellung einer großen Anzahl von Impfdosen braucht Zeit, daher haben einige Unternehmen bereits mit der Produktion begonnen. Dabei tragen sie das Risiko, dass der entsprechende Impfstoff in der Erprobung scheitert und nach der unabhängigen Prüfung der Behörden nicht zugelassen wird.
Mythos: Ein Impfstoff ist unsicher wegen beschleunigter Testverfahren
Die Testverfahren werden nicht beschleunigt, indem Überprüfungen ausgelassen werden. Stattdessen werden die notwendigen Studien teilweise parallel durchgeführt und die erforderlichen Zulassungsverfahren frühzeitig vorbereitet.
Zuständig für die Planung und Verteilung nach Einführung eines geeigneten Impfstoffs sind das Bundesministerium für Gesundheit und die Bundesländer. Zur konkreten Vorbereitung erarbeitet die Ständige Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO) nun ein Konzept, in welcher Reihenfolge in Deutschland geimpft werden soll. Grundsätzlich gilt: Besonders gefährdete Gruppen – Risikogruppen und das medizinische Personal – sollen zu denen gehören, die zuerst geimpft werden.
- Die Firma BioNTech mit bis zu 375 Millionen Euro. Das Unternehmen hat sich unter anderem auf die Entwicklung und Herstellung von innovativen Medikamenten auf Basis von Messenger Ribonukleinsäuren, also Boten-RNA oder kurz RNA spezialisiert.
- Die Firma CureVac mit bis zu 252 Millionen Euro. Das Unternehmen entwickelt ebenfalls Arzneimittel und Impfstoffe auf RNA -Basis.
- Die IDT Biologika GmbH. Hier laufen die Gespräche über die konkrete Förderung noch. Die Firma ist auf die Entwicklung und Fertigung von Virusimpfstoffen, viralen Vektoren und Biologika spezialisiert.
Die Bundesregierung hat mit den Impfstoffentwicklern vereinbart, dass sie größere Mengen eines potenziellen Impfstoffs der Bevölkerung in Deutschland und Europa zur Verfügung stellen werden.
Die Initiative hat inzwischen Zusagen in Höhe von 15,9 Milliarde erhalten – den Großteil von mehr als 40 Regierungen weltweit. Deutschland beteiligt sich mit 525 Millionen Euro direkt an der Global Response-Initiative. Dabei geht es speziell um die Unterstützung der Impfallianz Gavi und die Verbesserung von Gesundheitssystemen in vielen Ländern des Südens. Auf der Folgekonferenz der EU und der NGO Global Citizen Ende Juni sagte die Bundesregierung weitere 383 Millionen Euro zu. Mit den zusätzlichen Mitteln wird Deutschland den Krisenreaktionsmechanismus des Globalen Fonds (150 Millionen Euro) und das Resilience and Relief Response Network von Global Citizen (233 Millionen Euro) unterstützen.
Deutschland ist zudem Gründungsmitglied der internationalen Impfstoffinitiative CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations). Während der Pandemie hat Deutschland seine Förderung um 140 Millionen Euro erhöht. Das Ziel von CEPI ist es, einen Impfstoff zu entwickeln und in möglichst vielen Ländern bereitzustellen. In die von CEPI initiierten Entwicklungsprojekte ist auch das deutsche Unternehmen CureVac eingebunden.