Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sieht sich durch die aktuellen Umfrageergebnisse bestätigt. „Häufiger Streit in den Familien macht uns Pädiater hellhörig. Wir sind stark auf das Kindeswohl fokussiert und erleben in unseren Praxen täglich, wie sehr gerade jüngere Kinder unter innerfamiliären Streitigkeiten leiden“, sagt Präsident Dr. Thomas Fischbach. „Die Studie der DAK-Gesundheit ist in der aktuellen politischen Diskussion sehr hilfreich. Man kann nicht einfach folgenlos die Schule ins Wohnzimmer holen!“ Es sei ein wichtiges Ergebnis, dass die große Mehrheit der Eltern eine schrittweise Wiedereröffnung der Schulen befürworte.

In allen drei befragten Altersgruppen der Kinder gibt es einen Anteil von Jungen und Mädchen, denen das Homeschooling anscheinend nichts ausmacht. Bei den 16- bis 17-Jährigen ist dieser Anteil am größten: 37 Prozent der ältesten Kinder geben in der Befragung an, dass sie sich während der Schulschließungen besser fühlen als zu normalen Schulzeiten. Aber auch unter den Ältesten berichten 28 Prozent von einem schlechteren Wohlbefinden. Ein Viertel der 16- bis 17-Jährigen fühlt sich während der Schulschließungen erschöpft und müde. Über alle Altersgruppen hinweg meldet jedes dritte Kind psychosomatische Beschwerden: 22 Prozent Schlafprobleme mindestens mehrere Male pro Woche und 11 Prozent Bauch-, Rücken- oder Kopfschmerzen.

„Die Studienergebnisse überraschen uns, da die corona-bedingten Schulschließungen den Kindern und Jugendlichen einen eher entschleunigten Alltag beschert haben. Sport-, Musik- und andere Veranstaltungen mit festen Terminen fanden nicht statt“, sagt Professor Dr. Reiner Hanewinkel vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel. Das IFT-Nord untersucht mit dem DAK-Präventionsradar seit vier Jahren in jährlichem Abstand die Kinder- und Jugendgesundheit in deutschen Klassenzimmern. „Durch den Lockdown müssten Stressquellen, die die Schüler sonst haben, minimiert sein. Es ist erstaunlich, dass trotzdem relativ viele Kinder von körperlichen Beschwerden berichten.”

Beim Lernen zu Hause zeigt sich in der Studie kein eindeutiges Meinungsbild. Die eine Hälfte der befragten Jungen und Mädchen ist durchaus einverstanden damit, zu Hause selbst zu lernen, die andere eher nicht. Vier von zehn Kindern kritisieren die Lernmaterialien. Bei der Begleitung des Homeschooling bekommen die Eltern von den Schülerinnen und Schülern deutlich bessere Noten als die Lehrkräfte. Mit der Unterstützung durch Mütter und Väter sind mehr Kinder hochzufrieden als mit der durch Lehrerinnen und Lehrer. Bei den Eltern ist das Meinungsbild zum Lernen zu Hause ähnlich gespalten: Etwas über die Hälfte ist beispielsweise sehr oder eher zufrieden, wie die Lehrkräfte ihr Kind unterstützten, während 43 Prozent sich deutlich mehr Unterstützung im Homeschooling gewünscht hätten.

 

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