Symbolbild

Leitungskräfte aus deutschen Pflegeeinrichtungen sind vom Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung der Universität zu Köln zu ihren Herausforderungen, Belastungen und Bewältigungsmaßnahmen im Zuge der der Corona-Pandemie befragt worden. Von insgesamt 4.333 per E-Mail angeschriebenen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen nahmen 525 Leitungspersonen teil.

„Wir haben uns dafür interessiert, wie die Leitungskräfte von Pflegeeinrichtungen die Herausforderungen für die Versorgung der Risikogruppe pflegebedürftiger Menschen unter Corona einschätzen“, so Professor Dr. Holger Pfaff, Studienleiter. „Handelt es sich bei der Corona-Situation nur um die Fortsetzung des ‚normalen Pflege-Wahnsinns‘, der bereits vor Corona gegeben war, oder steuert das System durch die Zusatzbelastung einem drohenden Kollaps entgegen?“

Folgende Ergebnisse hebt Pfaff hervor:

• Die Beschaffung von Infektionsschutz ist ein zentrales Problem und wird kreativ, aber nicht systematisch gelöst: Die Beschaffung und der Verbrauch von Schutzausrüstung, die Einhaltung von Hygienevorschriften, die Widersprüchlichkeit und Intransparenz arbeitswichtiger Informationen und Einnahmeausfälle zählen zu den starken Herausforderungen und Belastungen und resultieren in einer Arbeitsverdichtung. Diese werden oft kreativ und improvisiert gelöst, aber wenig systematisch.

• Die Sorge um das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt zu den größten Herausforderungen und Belastungen: Die negativen Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden der Pflegebedürftigen und vor allem demenziell erkrankter Menschen sind nach den Angaben der Leitungskräfte bereits sichtbar. Für die Risikogruppe der Pflegebedürftigen, die eine oftmals sehr limitierte Lebenszeit aufweisen, gäbe es kaum eine Perspektive. Die Sorge vor der Infektion eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin hängt besonders mit den drohenden Konsequenzen für die Einrichtung wie ihrer Schließung zusammen.

• Schlechterer Gesundheitszustand der Leitungskräfte, aber hohe Arbeitsmotivation: Das Wohlbefinden der befragten Leitungskräfte hat sich im Zuge der Pandemie deutlich verschlechtert. Die Leitungskräfte kommen dennoch 20% häufiger als vor Ausbruch der Pandemie krank zur Arbeit. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die pandemiebedingte Mehrbelastung oft von den Leitungskräften aufgefangen werden muss.

• Gratifikationskrise – bessere Vergütung statt Applaus: Deutlich wird, dass sowohl Arbeitsverdichtungen als auch Überlastungszustände bereits vor der Pandemie bestanden und generell in einem Missverhältnis zu der mangelnden gesellschaftlichen sowie finanziellen Anerkennung stehen (Gratifkationskrise). Anstelle von einer als kurzzeitig wahrgenommen Anerkennung in Form von Applaus, wird eine langfristig wirkende leistungsgerechte Vergütung und eine reelle Refinanzierung von Aufwendungen gefordert – generell, aber besonders im Zuge der Mehraufwände durch die Corona-Pandemie.

• Ständige Kommunikation als Führungsinstrument: Um die psychischen und physischen Auswirkungen für Mitarbeitende, Pflegebedürftige und Angehörige gering zu halten, wenden Leitungskräfte Strategien wie ständige Kommunikationsbereitschaft, vollständige Informierung und transparente Aufklärung als zusätzliche Bewältigungsstrategien an.

• Sozialer Zusammenhalt als Schlüsselfaktor für die Krisenbewältigung: Die Befragungsergebnisse verdeutlichen, dass der soziale Zusammenhalt in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen eine der stärksten Ressourcen zur Bewältigung der Corona-Pandemie ist. In Anbetracht knapper finanzieller und personeller Ressourcen, gewinnen gegenseitiges Miteinander, Unterstützung und Vertrauen an Bedeutung.

Zum vollständigen Bericht: www.imvr.de

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