Symbolbild - Foto: martaposemuckel
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Der Bundestag hat die Einführung des Bürgergelds beschlossen. Menschen im Leistungsbezug sollen sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsuche konzentrieren können. Ziel ist eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt. Außerdem soll die Berechnung der Regelbedarfe neu gestaltet werden. Am 14. November entscheidet der Bundesrat in einer Sondersitzung über den Gesetzentwurf.

Kommunikation auf Augenhöhe

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Damit die Leistungsberechtigten sich auf die Arbeitsuche konzentrieren können, soll in den ersten zwei Jahre des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten: Die Kosten für Unterkunft werden in tatsächlicher Höhe, die Heizkosten in angemessener Höhe anerkannt und übernommen. Vermögen wird nicht berücksichtigt, sofern es nicht erheblich ist. Ist die Karenzzeit abgelaufen, wird eine entbürokratisierte Vermögensprüfung vorgenommen. Für Bürgergeldbezieher gelten zudem höhere Freibeträge. Minister Heil fasste den Kerngedanken so zusammen: „Wir wollen nicht nur Schutz geben in Zeiten der Not, wir wollen Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben schaffen.“ Denn die Qualität des Sozialstaats bemesse sich vor allen Dingen daran, wie „sehr er in der Lage ist, Menschen zu einem Selbstbestimmten Leben in Arbeit zu bringen“, so Heil im Bundestag.

Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird durch einen Kooperationsplan abgelöst, der von den Leistungsberechtigen und Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet wird. Dieser Plan dient dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess und ist damit ein Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes. Mit Abschluss des Kooperationsplans gilt eine Vertrauenszeit. In diesem Zeitraum wird ganz besonders auf Vertrauen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt. Lediglich wiederholte Meldeversäumnisse werden in der Vertrauenszeit sanktioniert – mit maximal zehn Prozent Leistungsminderung.

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Der sogenannte Vermittlungsvorrang in Arbeit wird abgeschafft. Stattdessen werden Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer beruflichen Weiterbildung unterstützt, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung (Coaching) soll Leistungsberechtigten helfen, die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen. Auch jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen, soll ein Coaching ermöglicht werden.

Das neue Bürgergeld: mehr Sicherheit, mehr Respekt und mehr Freiheit für ein selbstbestimmtes Leben. Das Bundesarbeitsministerium beantwortet häufige Fragen.

Leistungsminderungen bleiben möglich

Wer Termine nicht wahrnimmt, muss auch weiterhin mit Sanktionen rechnen. Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse betragen dann nach Ende der Vertrauenszeit höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert. Es gibt keine Leistungsminderung, sollte sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen. Die verschärften Sonderregelungen für die unter 25-jährigen Hilfeempfänger entfallen.

Außerdem regelt das Gesetzespaket: Schüler sowie Studierende und Auszubildende können künftig mehr ihres selbstverdienten Geldes behalten. Die Freibeträge für Hinzuverdienste sollen auf 520 Euro erhöht werden. Dies soll ihre Erfahrung verstärken, dass es sich lohnt, einen Schüler- oder Studentenjob aufzunehmen. Das gilt auch in der Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildung beziehungsweise Studium – bis längstens drei Monate nach Ende der Schulausbildung.

Darüber hinaus werden die Regelungen zum „Sozialen Arbeitsmarkt“ entfristet. Ziel der Förderung ist es, besonders arbeitsmarktfernen Menschen soziale Teilhabe durch längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen und Übergänge in  nicht geförderte Beschäftigung zu erreichen. Bislang ist die Regelung bis 31. Dezember 2024 befristet.

Diese Regelbedarfe sollen ab 2023 gelten

Die Bedarfe sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden. Dazu werden zusätzlich die aktuellsten verfügbaren Daten über die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung berücksichtigt. Die Regelbedarfe für das kommenden Jahr wurden bereits entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 soll etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro erhalten – 53 Euro mehr als bisher.

Alleinstehende / Alleinerziehende 502 Euro (+ 53 Euro) Regelbedarfsstufe 1
Paare je Partner / Bedarfsgemeinschaften 451 Euro (+ 50 Euro) Regelbedarfsstufe 2
Volljährige in Einrichtungen (nach SGB XII) 402 Euro (+ 45 Euro) Regelbedarfsstufe 3
nicht-erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern 402 Euro (+ 45 Euro) Regelbedarfsstufe 3
Jugendliche von 14 bis 17 Jahren 420 Euro (+ 47 Euro) Regelbedarfsstufe 4
Kinder von 6 bis 13 Jahren 348 Euro (+ 39 Euro) Regelbedarfsstufe 5
Kinder von 0 bis 5 Jahren 318 Euro (+ 35 Euro) Regelbedarfsstufe 6

Veränderung gegenüber 2022 in Klammern. Zusätzlich werden die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen, soweit sie angemessen sind. Die Leistungen orientieren sich am Niveau der Mieten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt. (Ausnahmen gelten für die ersten 24 Monate)

Das Bürgergeld – die Schritte im Gesetzgebungsverfahren

Am 14. September 2022 hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Bürgergeld beschlossen. Anschließend beriet der Deutsche Bundestag darüber. Nach der Verabschiedung im Bundestag wird der Gesetzentwurf am 14. November in einer Sondersitzung des Bundesrats beraten. Stimmt dieser nicht zu, wird die Bundesregierung voraussichtlich den Vermittlungsausschuss anrufen.

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