Vertrauen ist das A und O jeder Vertragsbeziehung – auch in der smarten Fabrik der Zukunft. Die Prüfung, ob ein Geschäftspartner Qualitätsstandards, Zertifikate und Bonität mitbringt, wollen Rechtsinformatiker der Universität des Saarlandes jetzt automatisieren. Sie arbeiten dabei zusammen mit Forschenden der Ruhr-Universität Bochum und den Fraunhofer-Instituten für Materialfluss und Logistik (IML) sowie für Software und Systems Engineering (ISST). Das Bundeswirtschaftsministerium fördert ihr Projekt mit einer halben Million Euro.
Industrieunternehmen haben heute einen recht überschaubaren Kreis von Geschäftspartnern – also eine bestimmte Liste an Lieferanten und Kunden. Das hat seinen Grund vor allem darin, dass Geschäftsbeziehungen Vertrauenssache sind und Vertrauen zwar bekanntermaßen gut, Kontrolle aber besser ist. Unternehmer müssen darauf vertrauen können, dass ihr Partner auch liefert und zwar richtig, qualitätsvoll und pünktlich. Und das Gegenüber muss vertrauen können, sein Geld zu bekommen. Das gilt erst recht im internationalen Geschäft. Normen und Standards wie DIN-, EN-, ISO- und IEC und eine mannigfache Vielfalt an sonstigen Zertifikaten und Bonitätsauskünften geben hierbei zwar Richtschnüre an die Hand. Aber in jedem Einzelfall müssen die Partner zunächst prüfen und bewerten, ob der andere das in ihn gesetzte Vertrauen auch verdient.
Dieses Vertrauensmanagement zu automatisieren ist Ziel eines neuen Projekts, bei dem das Institut für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes mit zwei Fraunhofer-Instituten (für Materialfluss und Logistik IML sowie für Software und Systems Engineering ISST) und dem Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit der Ruhr-Uni Bochum zusammenarbeitet. „Die Vertrauensprüfung, die heute im Einzelfall von Hand erledigt wird, ist ein sehr aufwändiger Prozess und denkbar langwierig, komplex und teuer. Das führt zu hohen Vertragsanbahnungskosten und hält auch die Zahl der Lieferanten und Kunden klein, limitiert also zugleich die Vertragspartner. Statt der tatsächlich möglichen Tausend Lieferanten, sind also nur zehn gelistet. Diesen Kreis zu erweitern, ist teuer“, sagt Professor Georg Borges, Direktor des Instituts für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes. „Wir wollen das Vertrauensmanagement automatisieren, dadurch die Kosten der Vertragsanbahnung senken und hierdurch für Unternehmen den Kreis ihrer Geschäftspartner, also Lieferanten und Kunden, erheblich erweitern“, erklärt er.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an einem „dynamischen Vertrauensagenten“, einer Software, die standardisierte vertrauensrelevante Informationen automatisch beschafft und die Vertrauenswürdigkeit potenzieller Geschäftspartner automatisiert bewertet. „Hierzu erforschen wir, wie und welche relevanten Informationen bestimmt werden sollen, welche Vertrauensanforderungen in Bezug auf die jeweilige Vertragsbeziehung gestellt werden und wie die Bewertung der Information erfolgt“, erläutert Borges. Neben der Frage, welche Informationen dabei im Kontext der Industrie 4.0 als Bewertungsfaktoren herangezogen werden sollen, bearbeiten die Forscherinnen und Forscher insbesondere auch Fragen des Datenschutzes und der IT-Sicherheit.
Die Forschung ist Teilprojekt des vom Bundeswirtschaftsministerium mit 5,5 Millionen Euro geförderten Projekts „Industrie 4.0 Legal Testbed“, bei dem das Forschungskonsortium unter anderem an einem Softwareagenten arbeitet, der vollautomatisiert Verträge abschließt. Beteiligt sind hier ebenfalls das Institut für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes, die Fraunhofer-Institute für Materialfluss und Logistik (IML, Martin Böhmer) sowie für Software und Systems Engieering (ISST, Prof. Jan Jürjens) und das Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit der Ruhr-Uni Bochum (HGI, Prof. Jörg Schwenk).
Weitere Informationen:
legaltestbed.org/vertrauen
www.rechtsinformatik.saarland