„Familien leiden derzeit sehr unter den Auswirkungen der Corona-Krise und fühlen sich mehr und mehr durch die Umstände bestraft. Dabei sind es vor allem die Frauen, denen die Hauptlasten aufgebürdet werden. Denn in der Krise wird verstärkt auf alte Rollenbilder zurückgegriffen“, betont Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer. Die Arbeitskammer fordert daher ein Corona-Elterngeld, um die Situation für die Familien zu verbessern.
Bisher war es für Eltern möglich, wegen fehlender Kinderbetreuung einen finanziellen Ausgleich über das Infektionsschutzgesetz für einen Zeitraum von 6 Wochen zu erhalten. Diese Leistung läuft derzeit in den meisten Fällen aus. Gleichzeitig gibt es Lockerungen für viele Branchen, die aber den Beschäftigten wenig helfen, wenn die Kinderbetreuung nicht sichergestellt ist. Staatliche Hilfen sind daher dringend geboten.
Etwa durch ein Corona-Elterngeld. Angedacht ist ein Lohnersatz von etwa zwei Dritteln des bisherigen Gehalts für die Zeit, in denen Eltern die Kinderbetreuung selbst übernehmen und der Job bei bestehendem Kündigungsschutz ruht. Eine weitere Option ist, die Arbeitszeit zu reduzieren und dafür den anteiligen Lohnersatz zu erhalten.
Geholfen würde dabei vor allem den Frauen. Denn in Zeiten, in denen alle Betreuungsmöglichkeiten von Kindern und auch die Schulen zu weiten Teilen geschlossen sind, greifen sehr schnell die altbekannten Mechanismen: Unbezahlte Sorge-Arbeit, die auch in „guten Zeiten“ immer noch überwiegend von Frauen geleistet wird, fällt massiv auf sie zurück. Sie, die häufig in Minijobs oder Teilzeit arbeiten, sind diejenigen, von denen ein Zurücktreten in der Not am ehesten erwartet wird.
Nicht besser sieht es bei Vollzeitbeschäftigten aus, die unter der Mehrfachbelastung Vollzeit-Job und Vollzeit-Kinderbetreuung ächzen und oft am Rande der Belastungsgrenze stehen. Es mehren sich die Hinweise, dass viele erwerbstätige Frauen anfangen zu überlegen, nicht ausgeschöpfte (unbezahlte) Elternzeit in Anspruch zu nehmen, auf eigene Kosten die Arbeitszeit zu verkürzen oder gänzlich aus dem Job auszusteigen.
Erste empirische Daten der Hans Böckler Stiftung aus dem April 2020 über die Verteilung von Arbeitszeiten bestätigen diese Befürchtungen: Frauen reduzieren demnach in der Krise ihre Arbeitszeit stärker (-24%) als Männer (-16%). „Es zeigt sich hier einmal mehr eine in der Gleichstellungspolitik sehr alte Feststellung: Fehlende Kinderbetreuung verhindert eine gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben – Leidtragende sind meist die Frauen! Zu stark wirken das oft bestehende Lohngefälle zwischen den Geschlechtern und die traditionellen Vorstellungen über Care-Arbeit“, so Beatrice Zeiger.
Die AK unterstützt deshalb den gemeinsamen Aufruf „Wann, wenn nicht jetzt“ verschiedener Organisationen und Verbände, der sämtliche Themen rund um Corona und die Gleichstellungsproblematik aufgreift.
Link: www.frauenbeauftragte.org/Wann-wenn-nicht-jetzt