Sechs Wettkämpfe – sechsmal Edelmetall: Mit dieser beeindruckenden Bilanz hat Anja Schaumburger (13) vom Schwimmclub Homburg 1926 e. V. ihre ersten Deutschen Jahrgangsmeisterschaften gekürt, die in Berlin stattfanden.
Mit drei Titeln als Jahrgangsmeisterin-, einem als Vizejahrgangsmeisterin sowie zwei weiteren Bronze-Auszeichnungen beendete sie die Wettkampf-Woche sogar als Führende im Medaillenspiegel des Jahrgangs 2011 und verhalf dem saarländischen Schwimm-Team SSG Saar Max Ritter zum 6. Platz in der allgemeinen Mannschaftswertung. Wir sprachen mit dem Hoffnungsträger des saarländischen und deutschen Leistungsschwimmens über ihre Siege, Pläne, Olympia, Wettkampfdruck, Trainingspensum und was sie als Jugendliche für Ihre große Liebe – dem Sport – alles opfert.
Homburg1: Waren die Deutschen Jahrgangsmeisterschaften dein erster Wettkampf auf so einer hohen, bundesweiten Ebene?
Anja Schaumburger: Ja, das war für mich das erste Mal bei den richtigen deutschen Meisterschaften. Ich war ja schon zwei Mal bei den Deutschen Meisterschaften Schwimmerischer Mehrkampf, aber erst dieses Jahr durfte ich zu den „richtigen“ deutschen Meisterschaften.
Homburg1: Was hattest du dir vorher als Ziel gesetzt? Hättest du erwartet, dass du mit drei Titeln nach Hause fährst?
Anja Schaumburger: Ich wollte gerne einen Titel haben und mich für jedes Finale qualifizieren. Was die drei Titel der Jahrgangsmeisterin angeht: Klar habe ich’s mir erhofft, aber so richtig daran denken habe ich erst nicht gewagt.
Homburg1: Es war jetzt nicht dein erster Schwimmwettkampf, auch nicht deine erste Meisterschaft auf Bundesebene. Wird es leichter, weil du Übung darin kriegst, oder steigt die Aufregung, weil das Niveau ebenfalls steigt?
Anja Schaumburger: Natürlich bin ich immer sehr aufgeregt, auch jetzt, wo das schon meine dritten Deutschen Meisterschaften sind. So langsam wird es aber besser: Früher war ich viel nervöser, mir wurde sogar etwas schlecht, aber das ist nicht mehr so.
Homburg1: Was geht dir während eines Wettkampfes durch den Kopf?
Anja Schaumburger: Vor einem Lauf stelle ich mir immer das Rennen einmal vor und was ich erreichen will und dann versuche ich auch, das zu schaffen. Während des Rennens denke ich eigentlich nicht viel nach. Ich will einfach schnell los und schnell wieder an die Wand.
Homburg1: Und dann auf dem Podium, bei der Siegerehrung?
Anja Schaumburger: Ich freue ich mich immer sehr, da zu stehen und eine Medaille zu bekommen. Sogar dann, wenn ich nicht erste bin, sondern zweite oder dritte. Ich freue mich einfach, dass ich’s aufs Podium geschafft habe.
Homburg1: Wie ist es denn, als Favoritin zu starten?
Anja Schaumburger: Natürlich ist es schön, als Favoritin zu gelten, es erzeugt aber auch ein bisschen mehr Druck. Eigentlich finde ich’s besser, nicht die Favoritin zu sein und auch nicht, sich mit der besten Zeit ins Finale zu qualifizieren. Dann kann ich besser an das Rennen herangehen und habe nicht den Druck, gewinnen zu müssen, weil das alle von mir erwarten.
Homburg1: Wer hilft dir, mit diesem Druck umzugehen?
Anja Schaumburger: Mein Trainer hilft mir sehr viel. Er sagt mir vor jedem Start, was ich jetzt machen soll und dass ich einfach nicht so viel darüber nachdenken soll. Er erinnert mich, dass wir dafür viel trainiert haben und dass ich das schaffen kann.
Homburg1: Du bist zweifache deutsche Mehrkampfmeisterin in Schmetterling. Bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften dieses Jahr hast du aber deine größten und meisten Erfolge in Rückenlage gefeiert. Drehst du dich im Juni vom Bauch auf den Rücken?
Anja Schaumburger: Ende der letzten Saison hat mein Trainer bemerkt, dass ich auch im Rücken sehr sehr gut bin. Daraufhin haben wir uns diese Saison ein wenig mehr auf die Rückenstrecken konzentriert – und das hat sehr gut geklappt. Schmetterling schwimme ich auch noch sehr gerne, aber lediglich auf der 50 m Sprintdistanz.
Homburg1: Du bist erst 13 Jahre alt, besuchst in der siebten Klasse das Helmholtz-Gymnasium in Zweibrücken, betreibst Schwimmen auf dem für dein Alter höchsten Niveau. Hast du als Teenager überhaupt noch Freizeit?
Anja Schaumburger: Nicht wirklich, das finde ich aber nicht schlimm. Wenn ich von der Schule nach Hause komme, muss ich eigentlich direkt essen, habe ein bisschen Zeit und muss schon umgehend weiter ins Training. Ich komme meistens erst um 20 Uhr nach Hause, esse etwas und dann ist der Tag schon rum. Wir haben eigentlich jeden Tag Training, egal ob Ostermontag, 1. Mai oder andere Feiertage.
An den Wochenenden, wenn ich mal keinen Wettkampf habe – was nicht so oft vorkommt – dann habe ich schon ein wenig Freizeit. Doch ich nehme diese Gelegenheiten eher wahr, um mich auszuruhen, anstatt irgendwas zu unternehmen. Wir legen nämlich zwischen 5 und 6 km pro Tag im Wasser zurück und wenn wir im Trainingslager sind dann bis zu 10, davon 4,5 vormittags und 5,5 km nachmittags.
Homburg1: Und wie ist es in den Sommerferien, freust du dich auf diese Wettkampf- und trainingsfreie Zeit oder vermisst du eher was?
Wenn ich an die letzten Sommerferien zurückdenke, fand ich es anfangs ganz schön, dass wir mal nicht so viel zu tun hatten. Aber schon ab der zweiten Woche wird es mir langweilig, denn ich treffe mich mit meinen Freundinnen lieber beim Schwimmen. Ja, sechs Wochen Sommerferien können einem da ganz schön lang vorkommen.
Homburg1: Bald gehen die Olympische Spiele los, guckst du das auch oder schwimmst du nur? Fieberst du für jemanden mit?
Anja Schaumburger: Ich schaue auch. Eigentlich sehr gerne. Am liebsten Schwimmen bei Weltmeisterschaften und Olympia, aber auch Stabhochsprung. Am dollsten drücke ich die Daumen Angelina Köhler auf 100 Schmetterling und Lukas Mertens auf 400 m Freistil aus dem deutschen Team. International mag ich Sarah Sjöström sehr gerne und auch Adam Peaty.
Homburg1: Und wer ist dein Vorbild?
Anja Schaumburger: Eigentlich sind alle guten Schwimm-Olympioniken meine Vorbilder, aber auch Linda Roth. Die hat jetzt bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften neunmal gewonnen und den Titelrekord eingestellt.
Homburg1: Hast du auch so etwas wie eine Erzrivalin?
Anja Schaumburger: Es gibt schon zwei oder drei Schwimmerinnen aus meinem Jahrgang, die sehr gut sind und gegen die ich gerne antrete und auch gewinnen möchte. Meistens treffen wir auch nur bei Deutschen Meisterschaften aufeinander, weil wir alle so weit auseinander wohnen. Alice Henning vom SV Halle und Mila Mauermann aus Dresden sind sehr gut und ich gönne es ihnen auch, wenn sie siegen.
Homburg1: Stichwort Olympia: Kreisen deine Gedanken schon um so etwas? Was sind denn deine Ziele als Leistungsschwimmerin?
Anja Schaumburger: Ich möchte auf jeden Fall nächstes Jahr erneut bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften erfolgreich sein. In zwei Jahren dürfte ich das erste Mal zur Jugendeuropameisterschaft und dafür möchte ich mich qualifizieren.
Olympia ist natürlich ein Traum, aber ich denke noch nicht daran. Zuerst einen Wettkampf auf internationalem Niveau erleben und schauen, wie ich mit diesem Druck umgehe. Trotz harten Trainings schaffen nur ganz wenige die Olympia-Qualifikation, weil man irgendwann seine persönliche Leistungsgrenze erreicht hat.
Homburg1: Wie ist es jetzt für dich: Du hast vor Kurzem mehrere Titel geholt bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften, Anfang Juni nimmst du an den Saarland-Meisterschaften teil. Sind sie dann für dich so ein Art Selbstläufer?
Anja Schaumburger: Ich freue mich auch auf diesen Wettkampf, weil ich mit meinen Freunden antrete. Dort schwimme ich eher Nebenstrecken wir 200 m Brust. Meistens kann ich da auch nicht 100 Prozent geben, weil mir vielleicht noch ein härterer Wettkampf in den Knochen liegt. Ich versuche es natürlich, es klappt nur leider nicht immer – Spaß macht es mir aber trotzdem.
Homburg1: Welchen Rat würdest du Kindern geben, die vielleicht erst jetzt ihre ersten Schwimmabzeichen gemacht haben und vielleicht in den Leistungssport reinschnuppern wollen?
Anja Schaumburger: Auf keinen Fall den Spaß verlieren. Wenn man zu viel unter Druck gesetzt wird und der Spaß dabei auf der Strecke bleibt, kann man auch keine Leistungen erbringen. Man soll Leistungsschwimmen betreiben, weil man das selbst will und nicht, weil man dazu gezwungen wird. Ich habe sechsmal die Woche Training und ich freue mich eigentlich jeden Tag darauf. Manchmal weiß ich, dass eine harte Stunde kommt und natürlich habe ich nicht so große Lust darauf. Hinterher fühle ich mich trotzdem gut, dass ich es durchgezogen habe.
Homburg1: Danke für deine Zeit, wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und Spaß!