HOMBURG1: Hallo Fino, du warst vor kurzem mit deinem Mitarbeiter Sascha zur Fortbildung in Italien. TIGI, eine der größten Haarpflegemarken der Welt, hatte euch zu ihrer Fashion-Show und den parallelen Workshops nach Mailand eingeladen. Worum gings dabei genau und was habt ihr an Erfahrungen mitgenommen?
Serafino Russo: Die Themen waren neue Trends, Fashion und Technik. Wir haben darüber gesprochen wie ein Designer seine Stile entdeckt und wie er sie umsetzt. Wir haben beispielsweise an der Umsetzung der Frisuren für eine neue Kollektion eines der größten internationalen Modelabels mitgearbeitet. Hier gibt es eine neue Art der Weiblichkeit in der Mode, der Irokesenschnitt kehrt zurück mit weiten Hosen, in Anlehnung an die Hip-Hop Kultur und wird ganz neue urbane Akzente setzen. Das sind Trends, die man vielleicht nicht direkt im Saarland wahrnehmen wird, aber in den Modezeitschriften und den Metropolen wird dies in den nächsten Monaten stark zum Vorschein kommen. Hier fließen moderne Zukunftsvisionen mit Altbewährtem zusammen. Was die Frisuren angeht, nennt sich das dann bei TIGI, „Modern Classics“. Basics wie bei einem Bob mit klassich gerade Linien, werden mit speziellen Techniken zu neuem Leben erweckt. Klassisch klingt ja immer etwas bieder und langweilig. Es mag zwar zeitlos sein, aber ohne Innovation. Daher werden bei den neuen Stilen ganz gezielt Haarpartien wie das Stirnmotiv, der Oberkopfbereich oder die Seitenpartien, mit modernen Stufungselementen in eine klassische Form integriert. Dadurch ensteht eine totale Neuinterpretation vom klassichen Frisuren, sowohl was den Schnitt als auch die Farbe angeht.
HOMBURG1: Wie setzt ihr neue Techniken ein und wie entwickeln sich die Techniken dann weiter?
Serafino Russo: Es ist wichtig Frisuren zu erschaffen, die sowohl zeitgemäss als auch wandelbar sind. Jahrelang hat man sich an einer bestimmten „Schneidebibel“ orientiert. Bei TIGI war das die Classics-Kollektion. Auf diesen sich darin befindenden Haarschnitte war alles aufgebaut. Man konnte sich die Grundstrukturen heraussuchen und dann nach den eigenen Wünschen weiter anpassen. Jetzt geht man ein Stück weiter, jetzt werden zusätzlich diverse moderne Komponenten angeboten, um gemeinsam mit der Kundin oder dem Kunden die Wunschfrisur zu erarbeiten. Die einzelnen Elemente sind komplett individuell anpassbar. Auf all diese Möglichkeiten gehen wir ganz gezielt bei der Beratung ein und suchen gemeinsam das Beste heraus. Daraus resultiert auch, dass wir auf Menschen die es extrem extravagant haben möchten genau so eingehen können, wie auf die zurückhaltenderen Menschen, die nur ein wenig Veränderung suchen, dabei ihre Grundhaarstruktur aber behalten möchten. Das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer.
HOMBURG1: Du sprichst vom Anwenden von Techniken, sind darin alle Friseure gleich oder worin liegen hier die Unterschiede?
Serafino Russo: Stell dir vor du gehst aus einem Friseursalon, bist super zufrieden, kommst vier Wochen später wieder und willst 100% wieder den gleichen Schnitt haben. 80 % Prozent der Friseure haben dann ein Problem, denn sie schneiden nicht nach Technik, sondern visuell und nach Gefühl. Ohne das technische Hintergrundwissen ist es also sehr schwer eine Frisur exakt wieder abzurufen. Hat man aber eine klassische Basis, lässt sich genau darauf aufbauen. Ein anderes Beispiel ist die Kunst des „Bilder lesen“. Wenn eine Kundin dir ein Bild einer Frisur zeigt, muss man als sehr guter Friseur verstehen, welche Technik beim schneiden, stufen und sogar colorieren angewandt wurde. Hier trennt sich sehr schnell die Spreu vom Weizen, denn das ist die Champions-League. Nicht nur, dass man verspricht, die Frisur von diesem Bild exakt nachmachen zu können, man muss dabei auch die eigene interne Zeitvorgabe beachten. Wie lange brauche ich dafür, da spielen insgesamt viele Komponenten eine Rolle.
HOMBURG1: Wie vermittelt man dies alles den Kunden?
Serafino Russo: Die richtige Beratung ist immer der Schlüssel zum Erfolg und diese Beratung muss ehrlich sein. Es hilft nichts, Versprechungen zu machen, die ich als Friseur nicht einhalten kann. Oft werden bei uns Termine aufgeteilt in verschiedene Sitzungen mit verschiedenen Zielen. Das hängt immer mit dem Schwierigkeitsgrad und dem Kundenwunsch zusammen. Es hilft nichts ein 100% Ziel zu erzwingen und dafür ein schlechteres Ergebnis zu riskieren. Wir wollen sauber arbeiten und das schätzen unsere Kunden sehr. Ich möchte nicht, dass das Umfeld zu einer Kundin sagt: „Schön, du warst beim Friseur“. Ich will, dass es sagt: „Wow, wo warst du beim Friseur? Das muss ich auch hin.“ Dieses Gesamtgefühl der Zufriedenheit soll durch unsere Kunden kommuniziert werden, das ist unser Anspruch. Wenn das passiert, haben wir als Salon alles richtig gemacht. Wir möchten niemandem den teuersten Haarschnitt aufdrängen, sondern wir möchten unsere Kunden zu dauerhaften, zufriedenen Kunden machen.