Bundeswirtschaftsminister Habeck und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff haben den Spatenstich für den Konverter „SuedOstLink“ gesetzt. Ab 2027 sollen über die erste Stromautobahn große Mengen Windstrom von Sachsen-Anhalt bis nach Bayern fließen. Wie kommt der Stromnetzausbau voran?

„Das ist ein wichtiger und großer Schritt nach vorn“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Habeck zum Baustart des ersten Konverters für die Gleichstromleitung SuedOstLink am Umspannwerk Wolmirstedt bei Magdeburg. Denn klar ist: Um Klimaneutralität im Stromsektor zu erreichen, müssen in den nächsten zwei Jahrzehnten viele Kilometer zusätzlicher Stromnetze gebaut werden.

Mit dem Konverter in Wolmirstedt geht die Gleichstromleitung SuedOstLink nun in die Realisierungsphase. Die etwa 540 Kilometer lange „Stromautobahn“ soll ab 2027 große Mengen Strom aus den Windparks an Land in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie den Windparks in Nord- und Ostsee zuverlässig in den Süden Deutschlands transportieren.

Habeck betonte, dass die zusätzlichen Stromnetze nicht nur gebaut, sondern zuvor auch geplant und genehmigt werden müssten. „Der Konverter in Wolmirstedt wurde in sieben Monaten genehmigt und soll bereits in 2025 fertiggestellt sein. Die Anlage wäre damit ein Vorbild auch für weitere Netzausbauvorhaben“, so der Minister.

Warum werden Stromautobahnen wie der SuedOstLink gebaut?

Der wachsende Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromproduktion schafft neue Herausforderungen für das Netz: Strom muss teilweise über weite Strecken von den Stromerzeugern zu den Verbrauchern gelangen. So wird etwa der erneuerbare Strom aus Windenergie vorrangig im Norden und Osten sowie auf See erzeugt, wo der Wind besonders stark weht. Die größten Stromverbraucher – allen voran große Industriebetriebe – befinden sich aber im Süden und Westen Deutschlands. Der im Norden erzeugte „Windstrom“ muss dorthin transportiert werden. Der SuedOst-Link wird also dazu beitragen, die Versorgung von mehreren Millionen Privathaushalten und Unternehmen in Süddeutschland zu sichern.

Auch der Ausbau der Verbindungen zu unseren europäischen Nachbarn wird immer wichtiger, denn die Energiewende ist zunehmend europäisch eingebettet. So können wir etwa Wasserkraft in Skandinavien und den Alpenländern mit Windkraft und Photovoltaik in Deutschland verbinden. Die Höchstspannungsleitung ist wichtig, um die Systemstabilität im deutschen und europäischen Übertragungsnetz zu gewährleisten. Die EU hat SuedOst-Link deshalb auch als „Projekt von gemeinsamem Interesse“ eingestuft. Dies untertreicht die Relevanz neuer „Stromautobahnen“ wie SuedLink oder SuedOstLink für die Energiewende. Das Bundesbedarfsplangesetz enthält eine Liste der Höchstspannungsleitungen, die ausgebaut oder neu errichtet werden müssen. Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zum Ausbau des Übertragungsnetzes stehen damit gesetzlich fest.

Wann soll der erste Windstrom über den SuedOstLink nach Bayern fließen?

Der Konverter für den SuedOst-Link in Wolmirstedt ist sehr zügig innerhalb von sieben Monaten vom örtlichen Landratsamt genehmigt worden. Er ist der Startpunkt, damit der Windstrom durch die künftige Höchstspannungs-Gleichstromleitung fließen kann. Der Konverter soll 2025 fertiggestellt sein. Die Anlage wäre damit ein Vorbild auch für weitere Netzausbauvorhaben. „Deutschland kann, wenn es will“, so Bundeswirtschaftsminister Habeck.

In dem Konverter können bis zu 2 Gigawatt des aus Windenergie erzeugten Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt werden. Gleichstrom lässt sich besser über lange Strecken transportieren. Die Kapazität entspricht etwa der von 600 bis 700 Windrädern, die unter Volllast Strom produzieren, so der Betreiber 50 Hertz. Der erste Windstrom soll dann ab 2027 von Sachsen-Anhalt nach Bayern fließen, sagte Habeck.

Was tut die Bundesregierung, um den Stromnetzausbau zu beschleunigen?

Mit dem schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien muss der Ausbau der Stromnetze Hand in Hand gehen. Die Bundesregierung hat mit ihrem „Osterpaket“ im vergangenen Jahr wesentliche Rahmenbedingungen im Energiewirtschaftsrecht auf den Weg gebracht, damit dies gelingt. Die Netzbetreiber müssen ihre Netzplanung an das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 anpassen.

Die Planungs- und Genehmigungsverfahren werden verkürzt: So genügt es etwa nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz, die Verfahrensunterlagen elektronisch auszulegen. Bei neuen Stromautobahnen – so genannten Höchstspannungs-Gleichstromleitungen – kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die Bundesfachplanung verzichtet werden. Weitere Regelungen erleichtern bei bestimmten Projekten den vorzeitigen Baubeginn parallel zum Zulassungsverfahren.

Mit den jüngsten Änderungen im Raumordnungsgesetz und im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werden weitere Hürden beseitigt: Bei Genehmigungsverfahren kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtliche Prüfungen verzichtet werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium und die Übertragungsnetzbetreiber erarbeiten daran die Transportkapazitäten in den Stromnetzen kurz- und mittelfristig zu optimieren, um die Versorgungssicherheit insbesondere in Süddeutschland zu erhöhen und das Stromnetz robust zu halten.

Wie viel Strom wird in Zukunft aus erneuerbaren Energien erzeugt?

Ein immer größerer Anteil unseres Energiebedarfs wird bereits durch erneuerbare Energien, gedeckt: 2022 stieg ihr Anteil auf 46,2 Prozent des Bruttostromverbrauchs. Bis 2030 sollen es mindestens 80 Prozent werden. Allein in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wird bis 2035 mehr als doppelt so viel Erneuerbarer Strom erzeugt werden wie bisher, prognostiziert die Bundesnetzagentur.

Wo steht der Netzausbau heute? Gibt es bereits eine neue Netzplanung für ein klimaneutrales Deutschland bis 2045?

Nach derzeitigem Stand beträgt der Netzausbaubedarf knapp 14.000 Kilometer. Davon sind knapp 2.000 Kilometer neue Stromleitungen bereits fertiggestellt und in Betrieb. Rund 1.500 Kilometer sind genehmigt oder im Bau. Weitere 6.100 Kilometer Stromleitungen befinden sich im Genehmigungsverfahren. Die Stromautobahnen SuedLink, SuedOstLink, A-Nord und Ultranet befinden sich letzten Stadium des Planungs- und Genehmigungsverfahrens – im Planfeststellungsverfahren. Dabei werden die genauen Details der künftigen Hochspannungsleitung festgelegt: Der genaue Trassenverlauf und die Übertragungstechnik.

Den Ausbaubedarf und konkrete Ausbaumaßnahmen für die kommenden Jahre ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber mit dem Netzentwicklungsplan Strom (NEP Strom). Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der NEP erstmals das Klimaneutralitätsnetz 2045 in den Blick nimmt. Die Bundesnetzagentur hat dafür den Szenariorahmen 2023-2037/2045 genehmigt und damit die Grundlage zur Ermittlung des Ausbaubedarfs im Stromübertragungsnetz bis 2037 und 2045 geschaffen.

Werden Höchstspannungsleitungen künftig über oder unter der Erde verlegt?

Große Stromautobahnen sind vorrangig als Erdkabel zu planen. Das wurde bereits im Jahr 2015 mit dem Gesetz zum Energieleitungsbau festgelegt. Erdkabel sind zwar teurer, erhöhen aber die Akzeptanz, da der Eingriff in die Landschaft deutlich geringer ist. Für den SuedOstLink – die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitung – steht der komplette Erdkabel-Trassenkorridor fest, so 50 Hertz.

Wer sind die Übertragungsnetzbetreiber? Was ist deren Aufgabe?

Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland – TenneT, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW – sorgen für den sicheren Betrieb der Infrastruktur der Übertragungsnetze und deren Instandhaltung. Sie bauen Stromleitungen aus und gewähren Stromhändlern und-lieferanten diskriminierungsfrei Zugang zu diesen Netzen. Kontrolliert werden sie von der Bundesnetzagentur, die zum Beispiel den Netzausbau und die Entgelte für die Nutzung der Netze genehmigt.

Anzeige

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein