Die aktuell gültige Entfernungspauschale ist durch ihre Abzugsfähigkeit von der Steuerlast eine indirekte Förderung längerer Wegstrecken – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Höhe der Verkehrsemissionen. Zudem profitieren Besserverdienende mehr als Steuerpflichtige mit niedrigem Einkommen. Eine Studie des Fraunhofer FIT und der Universität Stuttgart schlägt alternativ die Einführung eines Mobilitätsgelds vor und zeigt detailliert die fiskalischen, distributiven und ökologischen Auswirkungen auf.
In der Studie analysiert die Abteilung Mikrosimulation und Ökonometrische Datenanalyse des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT gemeinsam mit dem Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) an der Universität Stuttgart die Wirkungen der geltenden Entfernungspauschale sowie möglicher Reformoptionen im Rahmen der Einkommensbesteuerung.
Ein großer Mehrwert der durchgeführten Analysen besteht dabei in der Ermittlung verteilungspolitischer Wirkungen. So zeigen die Analysen, dass sich die knapp über 5 Milliarden Euro an Steuerentlastungen, die sich durch die Entfernungspauschale im Jahr 2022 ergeben haben, sehr ungleich verteilen. Während die nach Einkommenshöhe untere Hälfte der Steuerpflichtigen um deutlich weniger als 1 Milliarde Euro entlastet wird, beträgt die Entlastung bei den oberen 20 Prozent mehr als 2 Milliarden Euro. Einkommensstärkere Haushalte profitieren also überproportional von der Entfernungspauschale. Getrieben werden diese Ergebnisse durch die Progression des Einkommensteuertarifs. Da der Steuersatz mit höherem Einkommen steigt, führt dies dazu, dass die steuerliche Entlastung für einen gegebenen Abzugsbetrag der Entfernungspauschale mit dem Einkommen ebenfalls ansteigt.
Ebenso sichtbar wird durch die Analysen, dass es zwischen den Bundesländern signifikante Unterschiede in der Entlastungswirkung gibt. Während Steuerpflichtige in den Stadtstaaten unterdurchschnittlich profitieren, ist die Entlastung in einigen Flächenländern wie Brandenburg oder Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich hoch.
Ein alternativ zur bestehenden Entfernungspauschale gewährtes Mobilitätsgeld, welches zwar weiterhin zu einem gewissen Grad an die Pendeldistanz gebunden ist, aber unabhängig von der Höhe des Einkommens als Abzug von der Steuerschuld bewilligt wird, würde die bisherigen Ungleichheiten in der Verteilungswirkung abschwächen. Über solch ein Mobilitätsgeld ließe sich, trotz insgesamt identischer Kosten gegenüber der geltenden Entfernungspauschale, die Fahrleistung der Steuerpflichtigen mittel- bis langfristig insgesamt deutlich reduzieren. Damit einher gingen auch positive Wirkungen auf die Schadstoffemissionen.
Die Stärke der Umverteilungswirkungen ist dabei von der exakten Spezifikation der Maßnahme abhängig. Würde das Mobilitätsgeld etwa nur einem eingeschränkten Kreis von Berechtigten gewährt, so könnten stärkere Anreize zur Verringerung der Fahrleistung gesetzt werden und gleichzeitig mit Steuermehreinnahmen im hohen einstelligen Milliardenbereich gerechnet werden.
Grundlage der Analysen sind detaillierte Daten aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik, mit deren Hilfe Fraunhofer FIT die finanziellen Wirkungen der Maßnahmen für über 3 Millionen repräsentative Steuerpflichtige berechnet. Aufbauend auf den so ermittelten kurzfristigen Effekten wurde in einem weiteren Schritt untersucht, wie sich langfristig die Fahrleistung der Steuerpflichtigen infolge von Veränderungen in der steuerrechtlichen Behandlung voraussichtlich entwickelt. Die Änderungen der Fahrleistung dienten dem Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung dann als Input, um die Wirkungen der Maßnahmen auf die Schadstoffemissionen zu analysieren.