Dr. Helmut Wolf, Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener und Andreas Ternes (v.l.) begutachten die Gemüse- beete neben der Bliesgau-Festhalle. Foto: Monika Gummel, Stadt Blieskastel
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Jeder kann säen, jeder darf ernten – Blieskastel auf dem Weg zur Stadt der Nachhal- tigkeit, zur Stadt von Morgen oder Übermorgen. Am Paradeplatz und am Haus des Bürgers wurden mehrere Hochbeete mit leckeren, gesunden Pflanzen aufgestellt. Vor der Bliesgau-Festhalle findet sich ein Beet mit Obst und Gemüsepflanzen. Ob Salate, Kräuter, Erdbeeren… – Ernten ist ausdrücklich erlaubt, jeder darf sich hier bedienen.
2012 wurde Blieskastel in die Vereinigung Cittaslow aufgenommen, die liebens- und lebenswerte Städte weltweit verbindet. In einer zunehmend globalisierten Welt sollen hierbei die regionalen Be- sonderheiten und Stärken zum Wohl der Bürger und Gäste entwickelt, hervorgehoben und genutzt werden. Eine solche Auszeichnung ist mit ständiger Bewegung und Weiterentwicklung verbunden, muss kontinuierlich durch neue Ideen und Projekte mit Leben gefüllt werden.
Feine Kräuter gibt es nicht zuletzt in der Poststraße und in der Kardinal-Wendel-Straße zu entdecken. Foto: Monika Gummel, Stadt Blieskastel
Feine Kräuter gibt es nicht zuletzt in der Poststraße und in der Kardinal-Wendel-Straße zu entdecken. Foto: Monika Gummel, Stadt Blieskastel
Ein gutes Beispiel hierfür ist die „Essbare Stadt“, die Stadt für nachhaltige Lebensweise, in deren Reihen sich nun auch das Barockstädtchen Blieskastel seit kurzem wiederfinden darf. Das auf der Berücksichtigung von Nutzpflanzen auf öffentlichen Flächen basierende Projekt will unter anderem das Thema Natur stärker im Bewusstsein der Stadtbewohner verankern, die Wertschätzung für Produkte aus der Region stärken und Interesse und Zugang zu einer bewussten, gesunden Ernährung und zu gärtnerischen Aktivitäten im unmittelbaren Lebensbereich schaffen. Die Idee fand ihren Ursprung vor einigen Jahren in der britischen Stadt Todmorden. Im Zuge der dort ins Leben gerufenen Initiative „IET – Incredible Edible Todmorden“ (unglaublich essbares Todmorden) pflanzten die Einwohner Kräuter, Beeren, Obst und Gemüse neben den kommunalen Grünanlagen und organisierten sich in Patenschaften für ihre Beete. In Deutschland folgte dem Beispiel 2007 die Stadt Kassel, 2010 gesellte sich Andernach und drei Jahre später die Cittaslow-Stadt Waldkirch dazu.
Die Innenstadt soll dabei von einer optischen Aufwertung profitieren, langfristig sollen daraus aber vor allem Synergieeffekte hinsichtlich einer Inwertsetzung der Kulturlandschaft resultieren. Darüber hinaus können mit Voranschreiten des Projektes interessante Einstiegsmöglichkeiten für soziale Netzwerke und Jugendarbeit sowie Aspekte von Regionalvermarktung und Tourismus mit berücksichtigt werden. Somit lassen sich durch die Umsetzung gleich auch mehrere Ziele des Biosphärenreservates und des Bildungs- und Kommunikationssektors mit bedienen. Bürgermeisterin
Annelie Faber-Wegener, CDU, Bürgermeisterin Blieskastel Foto: www.blieskastel.de
Annelie Faber-Wegener, CDU, Bürgermeisterin Blieskastel
Foto: www.blieskastel.de
Annelie Faber-Wegener. „Das Projekt dient auch der Bewusstseinsbildung für die Wichtigkeit unserer natürlichen Lebensgrundlagen, es vermittelt Kultivierungstechniken und stärkt das soziale Miteinander durch Gemeinschaftsbildung bei gleichzeitigen Partizipationsmöglichkeiten. Das bürgerliche Engagement und die Sensibilisierung gerade auch unserer Kinder und jüngerer Menschen werden dadurch angesprochen.“
Das Konzept der “Essbaren Biosphäre im Herzen der Stadt” bringt durch die nachhaltige Gestaltung von Grünflächenanlagen und Ruhe- bzw. Rückzugspunkten nicht nur eine interessante neue Perspek- tive und Entwicklungsstufe ins Spiel, es verbindet zugleich Menschen aller Schichten und schafft so gesellschaftlich positive Akzente – durch die Pflege einer Gesellschaft, die von Zusammenwachsen und Freude am Teilen lebt. Eine stille, friedliche Revolution und interessante neue Form von Gemein-schaftsgeist, der nun auch das Blieskasteler Straßenbild beseelen soll.
Finanzierung
Zur Bezuschussung der Projektfinanzierung wurde ein sogenannter LEADER-Antrag gestellt. Bei „LEADER“ („Liaison entre actions de développement de l’économie rurale“) handelt es sich um ein EU-Förderprogramm, das speziell für ländliche Räume ins Leben gerufen wurde, mit dem Hauptanliegen, Themen, Projekte und die Menschen einer Region untereinander zu vernetzen, um gemeinsame Ziele umzusetzen und durch die Verknüpfung von Projekten einen Mehrwert für die Region zu schaffen.
Seit 2007 wurden bereits über drei Millionen Euro an LEADER-Fördermitteln für zahlreiche Projekte in der Biosphäre Bliesgau zur Verfügung gestellt. Die Zuwendung setzt sich jeweils aus Mitteln der Europäischen Union (75%) und des Saarlandes zusammen. Die Gesamtkosten für das das LEADER-Projekt „Essbare Biosphärenstadt“ belaufen sich auf 148.439,44 Euro, die Eigenarbeitsleistung bereits eingerechnet. Am 17. März überreichte Umweltstaatssekretär Roland Krämer der Bürgermeisterin im Haus des Bürgers den Zuwendungsbescheid sowie einen Scheck in Höhe von 98.025,04 Euro. Im Rahmen des Projektes werden nun nach und nach die benötigten Materialien für die vorgesehenen gärtnerischen Aktivitäten angeschafft und begleitende Konzepte in den Bereichen Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Regionalvermarktung und Tourismus erstellt und umgesetzt.
Pflanzenaufzucht und Vorbereitung am Blieskasteler Kloster
Das Projekt wird in Blieskastel zuverlässig durch die Jugendwerkstatt des Zentrums für Bildung und Beruf Saar gGmbH in Burbach (ZBB) betreut. Das Jobcenter Saarpfalz hat die Finanzierung der Maßnahme in Blieskastel für drei Jahre zugesichert. Bereits Anfang Juli des vergangenen Jahres wurde mit vorbereitenden Maßnahmen für die Pflanzsaison 2016 begonnen. Geeignete Anbauorte innerhalb des Stadtgebietes waren rasch gefunden. Das erste im Vorjahr am Paradeplatz platzierte Hochbeet mit essbarem Gemüse wurde in der vergangenen Woche um weitere neun auf insgesamt zehn Exemplare erweitert. Auch an der Bliesgau-Festhalle, am Rathaus 1 sowie am Haus des Bürgers wurden Beete angelegt. In der Kardinal-Wendel-Straße säumt gleich eine Reihe von Beeten die Straße. Auch an diversen anderen Stellen im Stadtgebiet wurden bereits geeignete Flächen für entspre- chende Bepflanzungen lokalisiert.
Die Örtlichkeiten und Rahmenbedingungen werden im Vorfeld jeweils mit dem Landesdenkmalamt abgestimmt. Am Standort der ehemaligen Stadtgärtnerei nahe des Klosters wurde ein optimaler Ort gefunden, um Nutzpflanzen heranzuziehen, um sie später an geeigneten Grünflächen zu pflanzen. Derzeit laufen im Klostergarten vorbereitende Arbeiten, das Team vom ZBB leistet hier mit Unterstützung der Kollegen vom städtischen Bauhof ganze Arbeit, füllt Boden auf und pflanzt Beeren etc. an. Hier soll bald auch eine Pflückstraße entstehen, wie die Projektleiter Dr. Helmut Wolf und Andreas Ternes von der Stadtverwaltung mitteilen. Für Juli ist weiterhin auch die Anbringung eines Wildschutzzaunes angedacht, ehe im Anschluss dann Obst- und Esskastanienbäume auf dem Anbauplan stehen werden. Der so nach und nach realisierte „Biosphärengarten“ soll zukünftig auch als pädagogischer Laborgarten und „Offenes Klassenzimmer“ zu Unterrichts- und Informationszwecken für Bildungseinrichtungen dienen. Schulen und Kitas sind aufgerufen sich bei Interesse an aktiven Patenschaften im Bereich der ehemaligen Gärtnerei bei der Stadtverwaltung zu melden. 21 einzelne Parzellen sind derzeit bereits vorhanden.

Uwe Brengel

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