Monika Friemel mit Hund und Katze in ihrer Notunterkunft. Bild: Bill Titze
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Zweieinhalb Wochen ist es jetzt her, dass es in der Straße „Am Mühlgraben“ brannte. Ein Mann kam dabei ums Leben, viele andere Menschen mussten aufgrund der Schäden ihre Wohnungen verlassen. Zu denen gehört Monika Friemel, die unterdessen in einer Notunterkunft untergekommen ist. HOMBURG1 hat sie erzählt, wie sie den Brand erlebt hat – und wie die gesamte Situation ihr zu schaffen macht.

Viel sieht man nicht mehr nicht von der Tragödie, die sich hier in einer Nacht Ende November abgespielt hat. Ein paar vernagelte Fenster, Rußspuren an den Wänden rings um die beiden besonders betroffenen Wohnungen – ansonsten sieht das Haus in der Straße „Am Mühlgraben“ so aus wie ein ganz normales Mehrparteienhaus.

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Doch hier ist nichts mehr „normal“. Vor allem nicht für die Bewohner, die seit dieser verhängnisvollen Nacht nicht mehr in ihren eigenen vier Wänden geschlafen haben. So wie Monika Friemel, die bereits schlief, als sie der Feuermelder unsanft weckte. „Das war so zwischen Zwölf und viertel vor Eins“, berichtet die 67-Jährige. Zuerst habe sie Melder wieder ausgemacht, schließlich seien die auch in ihrer alten Wohnung das ein oder andere Mal einfach angegangen. Selbst als Warnrufe ihres Nachbars kamen, wollte sie es noch nicht glauben. „Ich dachte, will der mich veräppeln?“

Doch dann kamen zwei Ereignisse zusammen, die sie endlich davon überzeugten, dass das keineswegs ein Spaß war. „Ich habe die Tür aufgemacht und im Flur war schon alles voller Qualm. Da ging nichts mehr“, erzählt Friemel. Und als dann schließlich noch der Aufzug herunterkrachte, der direkt neben ihrer Wohnung liegt, hieß es nur noch: Raus hier. Raus auf den Balkon, einfach nur raus aus diesem Haus.

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Wie durcheinander man in solchem Moment ist, zeigt vielleicht am besten ein kleines Detail dieser Flucht. Denn Friemel wusste im ersten Moment noch nicht einmal mehr, wie sie die Rollos ihrer Wohnung öffnen konnte. Eine Sache, die zum Alltag gehört, in diesem Moment der Angst aber zu einer kleinen Herausforderung wurde. „Die gehen elektrisch. Aber in der Nervosität habe ich mich erst einmal gefragt, wie das jetzt geht.“ Schließlich funktionierte es doch, sie war endlich draußen auf dem Balkon. Zu ihrem Glück wohnt sie im Erdgeschoss, sodass zur Rettung keine Drehleiter oder Ähnliches nötig waren. Von ihrem Nachbarn wurde sie dann über das Geländer gehoben.

Gerettet – damit waren Angst und Panik bei Monika Friemel aber noch lange nicht verflogen. Drin waren nämlich noch Hund und Katze, um die sich große Sorgen machte. So große Sorgen, dass sie tatsächlich auf die schnell vor Ort eintreffenden Feuerwehrleute einredete, doch in ihre Wohnung zu dürfen, um ihre Haustiere herauszuholen. „Als die Feuerwehr dann gesagt hat, dass das nicht geht, habe ich schließlich angefangen zu weinen.“

Fotos: privat

Etwas, das in den letzten Wochen nicht nur einmal passiert ist. So auch beim ersten Besuch in ihrer Wohnung einige Stunden nach dem Brand, als sie etwas Essen und Kleidung mitnehmen durfte. „Das Essen musste mir die Dame vom Ordnungsamt einpacken, die mich begleitet hat. Ich war fix und fertig“, sagt Friemel. Zwar waren Hund und Katze zu diesem Zeitpunkt bereits gerettet, doch nun prasselten die Gedanken auf sie ein, die wohl nur Menschen voll nachvollziehen können, die eine solche Situation bereits durchlebt haben. Was wird aus meiner Wohnung? Was kostet das alles?

Fragen, denen sich Friemel in ihrer neuen Unterkunft stellen musste. Drei Zimmer in einem Haus in der Bexbacher Straße. Während viele andere Bewohner in der nahegelegenen Jugendherberge unterkamen, kam das für die 67-Jährige nicht infrage. Der Grund: Ihre Tiere hätte sie dorthin nicht mitnehmen können. Eine rote Linie für Friemel, die sichtlich an ihren treuen Begleitern hängt. Dafür nahm sie auch in Kauf, in eine dreckige Wohnung zu ziehen, die sie noch in der Brandnacht mehrere Stunden putzte. „Abgelenkt hat das aber auch nicht.“

Im Gegensatz zu den Sirenen, die bekanntlich in der Bexbacher Straße nicht selten zu hören sind. „Bei dem Geräusch kommt sofort wieder die Angst hoch.“ Wie auch in den Nächten, in denen sie immer wieder aufschreckt. Und auch tagsüber kann ich Friemel an nichts anderes denken, als an den Brand und seine Konsequenzen. Die sind auch finanzieller Natur, schließlich muss Friemel, die ihre Rente mit Nebenjobs aufstockt, nun viele Dinge doppelt bezahlen. Dass sie die Miete später zurückbekommen soll, bringe ihr da nicht viel, wie sie unterstreicht.

Doch am meisten beschäftigt sie die Frage, wann sie wieder in ihrer Wohnung schlafen kann. Allzu hart hat es diese zwar nicht erwischt, dennoch muss noch Ruß von den Wänden entfernt werden. Für Friemel geht das alles zu langsam, immerhin ist sie bereits seit über zwei Wochen in ihrer Notunterkunft. „Ich möchte auf keinen Fall hier Weihnachten feiern“, sagt sie und deutet auf die nur sehr spartanisch eingerichtete Drei-Zimmer-Wohnung.

Die besteht aus einem kahlen Raum, in dem nicht viel mehr als zwei Betten stehen, einer Küche, in der er es keine Tiefkühltruhe gibt und einem Bad, dessen Dusche laut ihrer Aussage zu Beginn nicht richtig funktionierte. Wahrlich kein Ort, an dem man die besinnlichste Zeit des Jahres verbringen will. Immerhin, etwas Hoffnung gibt es: Anfang der Woche hat sie mit ihrer Hausverwaltung gesprochen, die ihr Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre Wohnung in den kommenden Tagen gemacht hat.

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1 Kommentar

  1. Mich hatte gegen 00:30 meine Katze geweckt. Die gesetzlich vorgeschriebenen Brandt-, Rauchmelder schlugen nämlich nicht an. Beim Öffnen meiner Wohnungstür verstand ich sofort “Hier wird evakuiert”. Also wusch ich mich, zog mich an und packte das wichtigste ein, was bei Verlust eine Tragödie gewesen wäre. Als ich fertig war rückte die Feuerwehr an, positionierte die Drehleiter, um sie halb ausgefahren wieder einfahren und das Fzg abzuziehen. Hätte ich aus 6 mtr Höhe runterspringen sollen? Licht aus, Heizung aus, Balkontür auf, Pflanzen gegossen und der Katze reichlich Trockenfutter & Wasser bereit gestellt. Dann klopfte ein Feuerwehrmann an meine Türe und begleitete mich durch das völlig verrußte Treppenhaus nach unten. Seine LED Lampe beleuchtete, bedingt durch den Qualm, nur wenige Zentimeter. Nach der Evakuierung durften wir alle drei Tage kurz in unsere Wohnungen, die ich dazu nutze meine Katze zu versorgen. Katzen sind ortsgebunden und es war nicht erkennbar, meine Wohnung würde abbrennen, daher beließ ich sie in der Wohnung, ihrem gewohnten Umfeld. Am 17.12. duften die Meisten wieder einziehen, ich auch. Der Aufzug war übrigens nicht heruntergeknallt, sondern befand sich in Etage U2 in Ruheposition. Außerdem besaß er eine mechanische Fangbremse, die ein Herunterfallen der Kabine mechanisch nach 3 – 4 metern Fall verhindert hätte. Heute, fast ein Jahr danach ist fast alles im Hause bestens renoviert, teils von Grund auf. Nur der komplett neue Aufzug – der wird wohl erst im März 23 in Betrieb sein, bis dato wurde diesbezüglich noch garnichts unternommen. Lieferengpass laut OTIS. Für Wohnungseigentümer war der Brand finanziell keine gute Sache, da der Hausversicherer “Alt gegen Neu” geltend machte und nur teilweise die Schäden erstattete. Zum Glück hatte ich Hausratversicherung mit Zusatzoptionen. Dieser Brand war für mich persönlich nicht schockierend, denn 2019 am 19. März war ich aktiv Betroffener des Großbrandes in der Mainzer Straße 82. Das war ein Ereignis ganz anderen Ausmaßes.

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